: Neues Kino im Untergrund
■ Der „Ufa — Palast“ öffnete klammheimlich mit sieben Filmen und 900 Plätzen
Wenn man die Treppe zu den Katakomben hinuntersteigt, mischen sich noch die Gerüche von frischer Farbe mit denen aus der Popcornmaschine, aber in dem weiträumigen Foyer hat sich der Duft der großen, weiten Kinowelt schon festgesetzt.
Die Räumlichkeiten des ehemaligen Tanzlokals „Blinkturm“ wurden in etwa vier Monaten umgebaut — zum Teil sehr abenteuerlich verwinkelt, um sieben Kinos mit zusammen 900 Plätzen in den Kellergewölben unterzubringen.
Die offizielle Eröffnung des „UFA-Palast“ soll erst in einigen Wochen stattfinden, aber seit Mittwoch läuft schon ein ganz normales Innenstadtkinoprogramm mit ausschließlich amerikanischen Produktionen. Darunter die üblichen Kriegs-und Horrorfilme wie „Navy Seals“ und „Cabal — Die Brut der Nacht“, Übernahmen aus anderen Kinos wie „Gremlins 2“ in der 7. Woche, aber auch die Erstaufführungen des neuen Films mit Robin Williams– „Cadillac Man“ und Philip Kaufmans „Henry & June“ (s. Kasten).
Die UFA-Kinokette, die in Bremen auch das „Stern“-Kino betreibt, hatte vor einiger Zeit ihre Abspielstätten in der Sögestraße zugemacht und hofft, mit dem „Palast“ die dabei verlorenen Marktanteile wieder zurückzugewinnen. Zuerst werden die Besuchermassen wegen des unscheinbaren Standortes (Auf der Brake 21, am Rande des Rembertirings gelegen) wohl noch weiterhin eher in das UT-Kinocenter am Bahnhofsplatz strömen, aber mit der Zeit wird sich wahrscheinlich herumsprechen, daß im „Palast“ jeder Film auf einer annehmbaren Leinwand zu sehen ist. Die Zeit der Schachtelkinos ist zum Glück vorbei, und auch in den kleinen Sälen, die durch einen langen, verwinkelten Gang zu erreichen sind, ist das Bild jeweils groß genug und der Ton gut. Auch bei leisen Passagen hört man hier nicht, wie im UT, den Ton vom Film nebenan.
Entgegen allen Befürchtungen kommt man sich deshalb sogar im kleinsten „Saal“ (mit nur vierzig Sitzplätzen) nicht vor wie vor einem größeren Fernsehapparat; dafür passiert hier etwas in der Bremer Kinolandschaft wirklich Neues und Aufregendes: Hier werden Filme in der Originalfassung gezeigt — sicher ein Service für eine elitäre Minderheit, aber von dieser schon lange sehnlichst erwartet — selbst wenn hier nur die crowdpleaser gezeigt werden. Diese Woche kann man etwa in „Pretty Woman“ hören, wie unwiderstehlich Julia Roberts tatsächlich lacht und wie cool Richard Gere „I'm afraid of hights“ sagen kann. Der UFA Palast ist ein solides, großzügig angelegtes Kinocenter in dem die Hollywoodschinken gut serviert werden. Hier wird man sich wohl noch oft über die schlechten Filme ärgern, aber immerhin nicht übers schlechte Kino.
Wilfried Hippen
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