Neues Jagdjahr - neues Gesetz: Bleifrei ballern
In mehreren Bundesländern ist die Jagd mit bleihaltiger Munition in den Staatsforsten ab sofort verboten. Konservative Jäger wehren sich.
BERLIN taz | Als am 1. April das neue Jagdjahr begann, endete in vielen deutschen Wäldern eine umstrittene Tradition: Nach jahrelangem Ringen haben sich einige Bundesländer, darunter Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, dazu entschieden, Blei in der Munition bei der Jagd in Staatsforsten per Erlass zu verbieten. Andere Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern wollen bald nachziehen.
Gründe dafür gibt es viele: Forschungsergebnisse des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) hatten gezeigt, dass das Fleisch der geschossenen Tiere durch einen einzigen Schuss verseucht werden kann – auch abseits der Einschussstelle. Zwar seien diese Bleimengen für den Durchschnittskonsumenten nicht bedenklich, doch Kinder und schwangere Frauen sollten auf den Verzehr verzichten. „Die Bleibelastung in Deutschland ist nach wie vor hoch“, sagt Jürgen Thier-Kundke vom BfR. „Jede zusätzliche Bleiquelle sollte vermieden werden.“
Auch für andere Lebewesen kann das Blei gefährlich werden. Denn die Organe geschossener Tiere werden häufig im Wald gelassen, etwa um Wildtieren in Winterzeiten eine zusätzliche Nahrungsquelle zu bieten. „Doch Seeadler haben Bleisplitter aufgenommen“, sagt Anna Martinsohn vom Deutschen Jagdschutzverbund. „Über 100 sind dadurch schon gestorben.“
Verbot umstritten
Zudem kann das Blei, das im Wald verbleibt, sich in Waldböden an organischer Substanz anreichern und von Wildtieren aufgenommen werden, sagt Nicole Wellbrock vom bundeseigenen Thünen-Institut. Sobald Blei ins Grundwasser dringe, sei es gefährlich.
Auch das FSC-Siegel, mit dem nachhaltig wirtschaftende Wälder ausgezeichnet werden, hat die Gefahren durch Blei in Wäldern erkannt und verbietet in den jeweiligen Forsten die Jagd mit Bleimunition. Dennoch ist das Verbot von Bleimunition umstritten.
„Die Widerstände aus der konservativen Jägerschaft waren groß“, sagt Jagdexperte Stefan Adler vom Naturschutzbund. Doch das Argument, Blei habe eine bessere Tötungswirkung, sei widerlegt. Geprüft werde noch, ob Munition aus Kupfer oder Zinn leichter abpralle und somit gefährlicher für die Jäger sei. Der Naturschützer hofft nun auf ein bundesweites Verbot. Bei der Agrarministerkonferenz Anfang April steht das Thema auf der Tagesordnung.
Leser*innenkommentare
Alan Partridge
Gast
Im Grunde spricht wenig gegen bleifreie Munition, ich benutze die auch zur Jagd und bin zufrieden damit. Interessantes konnte man zu dieser Studie dieser Tage im Deutschland-Radio lesen (darf man das hier überhaupt verlinken? ich probier's einfach):
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/mahlzeit/2063930/
Imke
Gast
Bereits im vergangenem (Jagd)Jahr hat die DBU Naturerbe GmbH auf ihren rund 46.000 ha bundesweit die bleifreie Jagd als Verpflichtung eingeführt, davor war es bereits eine Empfehlung des Flächeneigentümers an alle Jäger. Somit wurden in der letzten Saison (und auch schon davor) praktisch Erkenntnisse über die Wirkung bleifreier Munition gesammelt - und die bereits hier genannten Vorurteile haben sich nicht bestätigt! Mehr Informationen dazu unter
http://www.dbu.de/123artikel32228_1316.html
Aprilschnecke
Gast
Der Artikel ist vom 1.4. Die Art und Weise wie sich manche Kommentatoren aufregen spricht eher für Volkstrauertag.
greatwhitehunter
Gast
Es geht auch ohne Blei, keine Frage. Aber viel wichtiger ist es wohl mal wieder eine neue Sau durchs Dorf zu treiben. Wo sind denn eigentlich die Ergebnisse (national oder international) erhöhter Bleiwerte im menschlichen Körper bei intensivem Konsums selbsterlegten Wildbrets?
@ von hapüschü gurgeloro
Die Entscheidung Fleisch zu verzehren und dieses auch selbst zu erbeuten hat nichts mit Beton im Kopf zu tun. Ich brauche dazu auch keine Rechtfertigung wie natürliches Gleichgewicht oder "ich muß den Wald retten". Mit "... hach, wenn nur die Adler wieder kreisen - sind mir die Rehe doch egal." hast Du aber recht. Der Öko-Rassismus der meisten selbsternannten Naturschützer ist verlogen.
misastei
Gast
Jagd ist in Deutschland legitim und ein Dienst für die Öffentlichkeit! Da kann man sich weiterhin drüber aufregen, es ist aber so.
Klar, man fährt beifreies Benzin, da können die Jäger auch bleifreie Munition verschiessen, das mag dem Laien plausibel erscheinen. Leider ist es aber zur Zeit noch so, dass bleifreie Geschosse bei der Tötungswirkung noch beträchtliche Defizite aufweisen. Wieso Staatsforsten bei Bewegungsjagden dennoch "bleifrei" anordnen ist mir unverständlich und hat mit Tierschutz, der immer wieder gefordert wird, wenig zu tun. Es zeigt nur, dass die Verantwortlichen keine Ahnung haben von was sie reden.
und zu
Gast
@Normalo:
Zu dumm, wenn man einen Kommentar nicht in Gänze liest und versteht, sich aber trotzdem nicht nehmen lassen will, dagegen zu pöbeln...das nimmt der Sache den Reiz, hier nochmal reinzuschauen, um auf Reaktionen zu antworten.
Aber vielleicht lernen Sie ja aus dieser Antwort und halten sich das nächste Mal zurück...
LutzL
Gast
@Peter & Psil: Blei-Munition ist nicht verboten worden, nur in Staatsforsten soll es nicht mehr erlaubt sein. Kontrolieren wird das keiner.... Das ganze ist ein Sack voll Sand für die Augen der Bürger.
Normalo
Gast
@von und zu
Bei dem Argument "Tötungswirkung" geht es nicht um die Giftigkeit von Blei, sondern um seine ballistischen Eigenschaften. Blei ist dichter als alle und weicher als die meisten anderen, vertretbar zur Munitionsherstellung verwendbaren Substanzen. Daraus resultiert eine stabilere Geschossgeschwindigkeit und - bei Kugelgeschossen - eine starke, berechenbare Verformung beim Auftreffen auf den Tierkörper.
Das alles hilft dabei, das Tier möglichst schnell und wenig schmerzinteniv zu töten. Insofern ist die Tötungswirkung unter Tierschutzgesichtspunkten von erheblicher Bedeutung und das Argument nicht unangebracht. Und dass die Vorteile von Blei an der Stelle so eindeutig widerlegt sind, ist mir neu. Es wurde wohl jetzt lediglich festgestellt, dass auch bleifreie Munition die theoretisch zur Tötung notwendige Energiemenge auf den ersten 15 cm ab Auftreffen in der Regel abgibt. Das ist noch etwas dünn, für das Verdikt "keine Vorteile".
hapüschü gurgeloro
Gast
Jetzt muß man nur noch das Morden der Tiere und den Beton in den Köpfen der Jäger und Jagdbürokraten verbieten, dann bringt's auch was.
Der Artikel hätte überschrieben sein sollen:
Grüner Morden !
Den indirekt vergifteten Adlern mag das nützen, den ermordeten Rehen nicht. Es ist eine so verlogene wie typische NABU-Position: hach, wenn nur die Adler wieder kreisen - sind mir die Rehe doch egal.
Schön aber, dass jetzt auch Kinder und Schwangere sich am bleifrei ermordeten Rehkörper gefahrlos laben können. Kauft Waldaktien, beim bleifreien Blattschuss fließt kein Blut mehr !
Peter & Psil
Gast
Endlich wird Bleimunition verboten - leider hat man da aber mal wieder zu kurz gedacht. Auch Angler nutzen Blei zum Beschweren der Köder. Als passionierter Angelfreund sehe ich es leider immer noch das ohne Ende Bleischrot im und am Gewässer landet. Das landet dann unweigerlich auch auf meinem Teller.
Also liebe Gutmenschen wenn schon sinnvolle Verbote dann immer auch bis ans Ende denken!
Ach ja und und von den TONNEN an Quecksilber die unwiederrufllich durch die ach so grüne Energiesparlampe in die Umwelt gelangen will ich jetzt gar nicht anfangen...
Karl
Gast
Bleigehalte in Fleisch pauschal auf die Munition zu schieben ist doch gewagt!
Einmal weil es leider in D für Pb auch andere Resorptionspfade gibt, und dann hat mann doch sicher die Bleiisotope der Geschossekomponenten mit dem eingelagerten Blei verglichen, allein um den tatsächlichen Aufnahmepfad zu klären?
Sonst frag ich micht ernsthaft, wie sich Blei in einem nichgt mehr stoffwechselnden Organismus verteilen soll; außerhalb des Schusskanals und warum dies beim Menschen pathologisch noch nie nachgewiesen wurde?
Glück auf!
Karl
schlaub erker
Gast
@gehteuchnixan
"In jedem Krieg wird wesentlich mehr Blei verschossen
als bei einer Jagd.
Desweiteren verzichten Jäger auf uranhaltige Munition.
Mit letzterer haben auch die kriegswütigen Grünen kein Problem."
Genau, und im Krieg sterben auch mehr Leute als bei Gruppenvergewaltigungen. Daher sollte man erstmal den Krieg verbieten, bevor man sich mit solch, im Vergleich kleinen und irrelevanten Problemchen, die Zeit stiehlt. Die Gruenen sich echt nicht in der Lage Prioritaeten zu setzen. Diese verdammten Gruenen, die unsere Regierung immernoch beeinflussen. Verbieten, sag ich... aber erst de Krieg.
Hallo
Gast
"...haben sich einige Bundesländer, darunter Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen..."
Ok, danke fuer die umfassende Recherche...
Seppi
Gast
@gehteuchnixan:
Wenn du hier nur dumme Polemik und deinen krankhaften Hass auf die Grünen ablassen willst, geh wieder zu deinen prallen Biedermännern in den Wald. Hier nimmt deinen Blödsinn keiner ernst.
gehteuchnixan
Gast
In jedem Krieg wird wesentlich mehr Blei verschossen
als bei einer Jagd.
Desweiteren verzichten Jäger auf uranhaltige Munition.
Mit letzterer haben auch die kriegswütigen Grünen kein Problem.
und zu
Gast
So sehr ich ein Verbot von Bleimunition nachvollziehen kann - da wird ein Artikel lang dargelegt, dass Blei giftig ist, Adler tötet und gar für Kinder und Schwangere gefährlich ist, nur um anschließend zu argumentieren, Blei habe keine bessere Tötungswirkung?
Man möge mich nicht falsch verstehen, von mir aus sollen die Jäger so viel Blei fressen, dass sie für Wildtiere keine Gefahr mehr sind, aber der Begriff "Tötungswirkung" ist doch wohl zu allgemein, um nicht Bleivergiftungen mit abzudecken...? Bloß selber fressen können die Jäger die Kadaver halt nicht, wenn das Tier erst allmählich an einer Vergiftung verreckt...
Doch den Jägern geht es ja angeblich eh bloß ums Gleichgewicht der Natur und nicht etwa, Tiere abzuschlachten, um sie sich in den fetten Wanst zu stopfen...