Neues Gesetz in Frankreich: Kinderwunscherfüllung für alle
In Frankreich steht künstliche Befruchtung nun auch lesbischen Paaren und Single-Frauen offen. Ein Gesetz, das auch Frauen mit wenig Geld hilft.
S ingle-Frauen oder lesbische Paare mussten in Frankreich bisher entweder viel Geld haben oder viel Glück: Einige Tausend Euro, um in Länder wie Spanien oder Dänemark zu fahren und sich dort künstlich befruchten zu lassen. Oder das doppelte Glück, jemanden Passendes zu kennen, der seinen Samen privat spendet und davon auch ohne medizinische Hilfe schwanger zu werden.
Das gehört nun der Vergangenheit an: In dieser Woche hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sein Wahlversprechen einlösen können, die künstliche Befruchtung, auf französisch PMA (procréation médicalement assistée), allen Frauen zugänglich zu machen, und zwar weitenteils auf Kosten der öffentlichen Krankenversicherung der Sécurité sociale. Die Nationalversammlung hat am Dienstag ein entsprechendes Gesetz besiegelt.
Was für eine Befreiung: Viele Frauen ohne obige Möglichkeiten hätten ja trotzdem versucht, ihren Kinderwunsch zu erfüllen – nur unter teils demütigenden Bedingungen. Frauen müssen nicht etwa mangels Geld für die Auslandsreise darauf hoffen, privat im Internet auf entsprechenden Plattformen einen Spender zu finden und im schlimmsten Fall für die Chance auf ein Baby ihre Sicherheits- und gesundheitlichen Bedenken zur Seite wischen.
Sie können sich von dem Gedanken lösen, auf die Schnelle einen Partner finden zu müssen, der ein geeigneter Vater wäre – oder sich einfach wen für eine Nacht auf Tinder zu erswipen, dem Verhütung egal ist, es gibt da ja erstaunlich viele.
Kein Mangel
Vor allem konservative und religiöse Kreise waren es, die in dem Gesetz etwas Unanständiges erkennen wollten. Von armen Kindern ohne Vätern sprachen die Gegner*innen. Doch Single-Mama oder lesbische Eltern bedeuten doch nicht gleich den Verzicht auf männliche Bezugspersonen und Vorbilder. Die Abwesenheit einer traditionellen Vaterfigur macht aus einem Kind zudem nicht automatisch eine gescheiterte Existenz.
Genauso wenig, wie die Anwesenheit eines solchen Vaters einen glücklichen Menschen garantiert – schon einmal von daddy issues gehört? Ganz sicher macht es das Aufwachsen aber für keines dieser Kinder einfacher, wenn alle Lebensentwürfe außerhalb einer Hetero-Kleinfamilie in unverbrüchlicher Eheverbindung als Mangel dargestellt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind