Neues Dokument über Friedenspreisträger: Japans Premier wollte Atomschlag

Der spätere japanische Friedensnobelpreisträger Sato bat 1965 um einen US-Atomangriff auf China im Kriegsfall. Das belegen Dokumente, die Japan nun freigab.

US-Atomwaffen sollten auch Japan schützten: Premier Sato und US-Präsident Johnson. Bild: ap

Er ist der einzige Japaner und der erste Asiat, der den Friedensnobelpreis erhielt. Eisaku Sato, der von 1964 bis 1972 Japans am längsten amtierender Ministerpräsident war, bekam 1974 den prestigeträchtigen Friedenspreis, weil er Japan auf die Atomwaffenfreiheit eingeschworen und in den Atomwaffensperrvertrag geführt hatte. Doch gestern erstmals vom Außenministerium in Tokio freigegebene Dokumente kratzen an Satos pazifistischem Image. Sie enthüllen laut Japans Nachrichtenagentur Kyodo, dass ausgerechnet Sato 1965 von der US-Regierung einen unmittelbaren Vergeltungsschlag mit Atomwaffen gegen China für den Fall eines militärischen Konfliktes zwischen Japan und der Volksrepublik verlangte.

Bei seinem ersten USA-Besuch im Januar 1965 sagte Sato demnach zu US-Verteidigungsminister Robert McNamara: "Wir erwarten, dass die USA sofort mit Atomwaffen Vergeltung üben." Dies sei für die USA möglich, wenn sie die Waffen von See aus einsetzten. Diese Aussage wird als Zustimmung Satos gewertet, dass die US-Marine Atomwaffen in Japans Hoheitsgewässer bringen dürfe. Das schlossen bilaterale Abkommen eigentlich aus.

Sato formulierte 1967 die noch heute offiziell gültige Politik, nach der Japan Atomwaffen weder besitzen noch produzieren oder ihrer Stationierung auf seinem Terriotorium zustimmen werde. Laut den freigegebenen Dokumenten versicherte sich Sato bei US-Präsident Lyndon B. Johnson, dass die US-Atomwaffen auch Japan schützten. Das sei wichtig für den eigenen Verzicht auf solche Waffen. China hatte vier Monate zuvor seinen ersten Atomtest durchgeführt.

Japan darf nach seiner von den USA nach dem Zweiten Weltkrieg oktroyierten Verfassung nur sogenannte Selbstverteidigungsstreitkräfte unterhalten und nur maximal 1 Prozent seines Bruttosozialprodukts dafür ausgeben. Diese Politik gilt offiziell noch heute, doch verfügt Japan inzwischen wieder über ein starkes Militär. Das ist auf Wunsch der USA auch zunehmend im Ausland aktiv.

Satos Äußerungen sind auch deshalb bemerkenswert, weil Japan bis heute das einzige Land ist, das je Opfer von Atombombenabwürfen wurde. Die Bomben auf Hiroshima und Nagasaki im August 1945 töteten unmittelbar rund 220.000 Menschen, weitere 600.000 litten und leiden zum Teil noch heute an den Folgen. Deshalb ist in Japan, das technisch schon 1965 - wie von Sato in Washington betont - zur Produktion solcher Waffen in der Lage gewesen wäre, der Widerstand gegen Atomwaffen besonders stark. Wären Satos Äußerungen damals bekannt geworden, hätte er womöglich zurücktreten müssen.

Seine Äußerungen zeigen auch sein großes Misstrauen gegen China. In seiner Amtszeit nahm Tokio keine Beziehungen mit Peking auf. Auch war Sato später gegen Nixons Pingpongdiplomatie. Chinas Regierung reagierte auf die Enthüllungen am Montag zunächst nicht. Japans Regierungssprecher rechtfertigte Satos Äußerungen mit Chinas damaligem Atomtest.

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