Neues Crowdfunding-Gesetz in den USA: Der kleine Börsengang
In den USA wird es künftig einfacher für Firmen, Gelder im Netz einzusammeln. Das neue „Crowdfunding-Gesetz“ hat aber noch einige Tücken.
BERLIN taz | Online-Plattformen wie Kickstarter sind in den USA und zunehmend auch international ein großer Erfolg: Kreative Unternehmer und solche, die es werden wollen, stellen ihren Produktvorschlag, ihr Filmprojekt, ihre Softwareidee oder ihr Umweltvorhaben anderen Nutzern vor, die dann dafür Geld geben können. Kommen innerhalb einer festgelegten Zeit genügend virtuelle Scheine – Verpflichtungen, zu bezahlen – zusammen, kann das Projekt starten. Die Plattform bekommt einen kleinen Prozentsatz, der Rest geht komplett an den Unternehmer.
Auf diese Art sind schon zahllose spannende Zubehörartikel für Smartphones oder Tablets entstanden, Retrovideospiele wurden wiederbelebt und Alben mit Spielemusik angeschoben. Selbst nachhaltige Landwirtschaftsprojekte finden hier ihr Startkapital.
An US-Präsident Barack Obama scheint der Trend nicht vorbeigegangen zu sein: Im Rahmen des „Jumpstart Our Business Startups“-Gesetz, kurz JOBS Act, sollen einige der „Crowdfunding“-Ideen nun auf das reguläre Geschäftsleben übertragen wären. Das Paket, das bereits von Repräsentantenhaus und Senat verabschiedet wurde, erlaubt es Unternehmen, mit einem Crowdfunding-Ansatz Investoren zu finden.
Statt wie bei Kickstarter und Co. in einzelne Produkte ihr Geld zu stecken, sollen die Amerikaner künftig leichter in junge Firmen investieren können, die ihnen dann Anteile geben. Ganz neu ist die Idee nicht – etwas größer gedacht, nennt man sie Börsengang. Allerdings muss man für das Crowdfunding wesentlich weniger Hürden überspringen, so dass sich die Finanzierungsform auch für kleine und mittlere Betriebe eignet, die noch kein Interesse daran haben, an öffentlichen Märkten gehandelt zu werden.
Der JOBS Act erlaubt es unter anderem, dass eine Firma mehr Aktionäre haben kann, bevor sie eine offizielle Akkreditierung bei der US-Börsenaufsicht braucht und Berichtspflichten hat, die denen von Unternehmen an der Börse entsprechen. Außerdem wurde der maximale Marktwert erhöht – auf immerhin 50 Millionen Dollar.
Weniger Regulierung, einfache Berichtspflicht
Außerdem könnten interessierte Personen leichter in Crowdfunding-Firmen investieren – dabei sollen sie mit jährlichen Limits geschützt werden, die sich an ihrem Einkommen orientieren. Außerdem hebt der JOBS Act einige Vorgaben auf, die das sogenannte Sarbanes-Oxley-Gesetz geschaffen hatte, das nach dem Dotcom-Crash zur Jahrtausendwende eingeführt wurde: Es soll regulatorische Erleichterungen geben, gleichzeitig werden die Berichtspflichten vereinfacht.
Noch lässt sich nicht sagen, welche Auswirkungen das neue Gesetz auf Investitionsklima und Verbraucherschutz haben wird. Sarbanes-Oxley gilt als einer der Gründe, warum sich unter anderem Internet-Firmen mit Börsengängen in den letzten zehn Jahren vergleichsweise zurückgehalten haben. In der Dotcom-Zeit, an die sich nicht nur Börsenhändler noch lebhaft erinnern, gingen zahllose Firmen an NASDAQ und Co., die noch rote Zahlen schrieben.
Mit dem Platzen der ersten Internet-Blase fielen die Umsätze, erste Unternehmen gingen pleite. Resultat war eine Wertevernichtung in Höhe von fünf Billionen Dollar gemessen am Marktwert zwischen 2000 und 2002. Sarbanes-Oxley wurde eingeführt, damit sich so etwas nicht mehr so leicht wiederholen kann. Entsprechend gab es Kritik von Verbraucherschützern, dass der JOBS Act hier wieder Löcher reißen könnte.
Andere Beobachter fragen sich, ob Crowdfunding für Start-ups im Techniksektor überhaupt eine sinnvolle Lösung ist. Eine Firma mit Hunderten kleinen Aktionären könne Probleme bekommen, institutionelle Investoren anzuziehen, sagte Bob Clarkson, ein auf Investmentrecht spezialisierter Anwalt im Silicon Valley, der New York Times. Große Geldgeber sähen die Gefahr, dass die Kleinfinanciers keine Lust mehr hätten, etwas nachzuschießen, wenn eine Firma in eine Problemzone gerate. „Der Prozess, die Genehmigung der Aktionäre für eine nächste Finanzierungsrunde einzuholen, wird bei mehreren Hundert Personen komplexer und unvorhersehbarer.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!