Neues Album der Pixies: Wie Collegerock ohne College
Den Pixies ist das Geld ausgegangen: Mit „Indie Cindy“ veröffentlichen sie deshalb ein neues Album, das nicht an die alten Meisterwerke heranreicht.
Nicht gerade zimperlich, wie die anderen Medien mit diesem Album umgegangen sind: „Ich wünschte, es gäbe auch etwas Gutes zu sagen“, meinte Andreas Borcholte bei Spiegel Online, während die Berliner Zeitung das Werk immerhin als „durchschnittlich“ befand. Die Welt wiederum schrieb: eine „langweilige Platte von drei alten Männern, die sich seit dreißig Jahren jeden Sonntag am Nachmittag im Proberaum ihrer Söhne treffen“.
Aber was haben sie erwartet? Wirklich ein neues Wunderwerk der Pixies, wie es „Surfer Rosa“ und „Doolittle“ einst waren? Also damals, vor mehr als 20 Jahren, was in Pop-Zeitrechnung mehreren Jahrhunderten entspricht? Entspräche, müsste man sagen, denn die Zeit hat sich verlangsamt – Popmusik wird inzwischen hauptsächlich verwaltet, seitdem Musikdatenbänke im Wesentlichen allen offenstehen und Musik quer durch die Epochen gehört werden kann.
Auf der Rückseite dieser Entwicklung stehen Bands, die auch in ihren aktiven Zeiten nie die Rolle der Superstars der ersten Stunde gespielt haben, jedenfalls nicht kommerziell. Jetzt ist ihnen das Geld ausgegangen, kein Wunder, und schon sind sie wieder da, die Pixies. Es sind nur noch wenige echte Giganten, die dem Gelddruck widerstehen: die Smiths, und äh, … tja. Die Beatles? Nirvana? Zählen nicht, dank „mythosförderndem Frühableben“.
Also, was erwartet man von einem Pixies-Album, das im Jahr 2014 erscheint? „Indie Cindy“ also, das neue Pixies-Album, ist kein Wunderwerk. Aber es ist auch nicht schlecht. Es ist weit besser als alles, was Mastermind und Band-Diktator Frank Black respektive Black Francis in der Zwischenzeit verbrochen hat: konservative, schlicht langweilige Post-Indie-Musik auf bestimmt 28 Alben, die niemand brauchte und folgerichtig auch nicht kaufte; Ohrensesselmusik für Menschen, die anfangen, sich für das Gesamtwerk von Van Morrisson zu interessieren.
Angst hinter die Großtaten zurückzufallen
Und Role-Model-Bassistin Kim Deal? Deren Songschreiberinnenqualitäten gern vom Chef unterdrückt wurden, weil sie sich zu einer echten Konkurrenz auswuchs und mit „Gigantic“ sogar für den größten Pixies-Hit gesorgt hatte? Sie ist bei „Indie Cindy“ gar nicht erst dabei. Aus freier Entscheidung. Weil sie, wie Frank Black in einem erstaunlich offenen Interview mit dem Deutschlandfunk sagte, Angst hatte, hinter die Großtaten zurückzufallen. Aber auch ihre eigenen Soloalben – das letzte mit den Breeders 2008 – wurden zuletzt immer schlechter.
Pixies „Indie Cindy“ (Pixies Music/PIAS)
Und Frank Black hat seine drei großen Fehler im Grunde schon damals gemacht: sich erstens nicht von der bandinternen Konkurrenz anstacheln zu lassen; sich zweitens auf eine Musikonkelphilosophie zurückzuziehen; und drittens nicht weiter gemeinsam in die Seltsamkeit abzudriften.
Auf „Indie Cindy“ bemüht er sich wenigstens, an den Ecken weiterzudenken und sich neue Ungewöhnlichkeiten einfallen zu lassen. „What Goes Boom“ ist ein veritables Auftaktstück, das natürlich nicht mit seiner besten Solonummer, „Los Angeles“, mithalten kann. „Bagboy“ klingt so, als ob Kim Deal doch noch dabei wäre (inzwischen werden die Bassistinnen gewechselt wie die Liebschaften nach der einen großen Liebe) – und „Magdalena 318“ reiht sich in die schöne Serie sehnsuchtsvoller Sci-Fi-Surfer-Balladen ein, die Black halt kann.
Anderes, wie „Blue Eyed Hexe“ oder „Snakes“, klingt tatsächlich nach muffigem Collegerock. Also Collegerock ohne College. Und „Jaime Bravo“ ist ein netter Rausschmeißer. Der Sound ist einerseits ruppiger geworden. Die Gitarren klingen nicht mehr so, als ob sie schräg aus weißen Wänden wachsen würden; manchmal klingen die Pixies hier nach den schwächeren Sachen von Weezer (noch eine Band, die ohne die Pixies undenkbar gewesen wäre).
Das Schlagzeug ist ordentlich, die Produktion satt, aber klar: Gefälligkeit ist Trumpf. Warum auch nicht. Wer das wirklich seltsame Zeug will, muss halt die alten Sachen hören. Oder, wie Black Francis selbst sagte: „Es sind einfach ein paar Songs.“
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