Neuer Streit um Berliner Flugrouten: Der Osten geht baden
Rund um den Müggelsee geht die Angst vorm Fluglärm um. Die Menschen fühlen sich gegenüber dem Westen benachteiligt und fürchten um ungestörte Badefreuden.
Gut eine Woche nach der Vorstellung der überarbeiteten Flugrouten-Vorschläge regt sich erneut Protest gegen die Pläne der Deutschen Flugsicherung (DFS). Nur schlagen die Demonstranten diesmal nicht im Südwesten, sondern im Südosten der Stadt Krach. Knapp 1.500 Menschen gingen am Montagabend in Friedrichshagen gegen die DFS-Pläne auf die Straße, täglich 122 Flugzeuge über den Müggelsee zu leiten. Sie fürchten um das Naherholungs- und Wasserschutzgebiet um den größten Berliner See. Eine ganze, dicht besiedelte Region drohe verlärmt zu werden, kritisierte die Vorsitzende des Friedrichhagener Bürgervereins, Sigrid Strachwitz. Auch die Bürgermeister von Gemeinden im östlichen Berliner Umland forderten am Dienstag Alternativrouten.
Die DFS hatte am Montag vor einer Woche ihren Kompromissvorschlag zu den künftigen Routen für den neuen Flughafen BER in Schönefeld vorgelegt. Der Entwurf entlastet im Westen vor allem Potsdam, über Wannsee sollen die Maschinen höher und aufgefächert fliegen, sodass viele von wenig Lärm betroffen werden. Im Osten soll eine Route über den Müggelsee führen; die DFS kam damit der Aufforderung der Fluglärmkommission nach, An- und Abfluglärm gemeinsam zu betrachten. Fliegen nämlich Maschinen über den Müggelsee, entlastet das Erkner. Die Stadt wird bereits den Lärm landender Flugzeuge hören.
Lieber Erkner als wir, so will das in Friedrichshagen keiner sagen. Planern und Politikern wird vielmehr vorgeworfen, nur im Westen nach möglichst unschädlichen Flugrouten zu suchen. "Alternativen in unserer Gegend müssen mit der gleichen Sorgfalt geprüft werden", sagte Strachwitz der taz. Sie verweist darauf, dass sich die Flugzeuge über dem Müggelsee in einer Höhe von 1.150 Metern bewegen sollen - deutlich niedriger als über dem Wannsee. Allerdings liegt der Müggelsee deutlich näher an Schönefeld, das Problem ist eher ein geografisches denn ein politisches. Eine DFS-Sprecherin wies die Vorwürfe zurück. Alle Vorschläge der Kommission seien sorgfältig geprüft worden.
Nach Vorstellung der Umland-Bürgermeister und der jüngst gegründeten Friedrichhagener Bürgerinitiative sollen Flugzeuge gar nicht über den See fliegen. Vielmehr solle ein Vorschlag neu geprüft werden, den die Stadt Erkner bereits in die Fluglärmkommission eingebracht hatte: Maschinen flögen demnach länger geradeaus, südlich an Erkner vorbei und in großem Bogen um Berlin herum. Einst sei der Vorschlag indes aufgrund "technischer Defizite" abgelehnt worden, erklärte ein Landrat. Das brandenburgische Infrastrukturministerium schloss nicht aus, dass es noch Änderungen geben könne. Gerade im Osten habe sich die Kommission ja nicht einigen können und kein Votum abgegeben, sagte ein Sprecher.
Die Friedrichshagener wollen nun jeden Montag auf die Straße gehen. Sie prüfen zudem eine Klage wegen Verletzung von EU-Recht. Einige Gebiete am Müggelsee seien nämlich geschützt. Nach Ansicht von Sigrid Strachwitz ist dieses EU-Siegel durch den Fluglärm bedroht. Über die Flugrouten entscheidet das zuständige Bundesaufsichtsamt bis vermutlich Januar 2012.
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