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Neuer Seehafen WilhelmshavenTiefes Wasser für die ganz Großen

Bisher hießen die deutschen Seehäfen Hamburg und Bremen. Nun kommt Wilhelmshaven in Niedersachsen für neue Containerschiffe dazu.

Nein, das ist nicht Legoland, sondern der Pier von Deutschlands erstem Tiefwasserhafen. Bild: dpa

WILHELMSHAVEN taz | Bisher fegt vor allem der Wind über die riesigen freien Flächen am Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven. Vor wenigen Tagen hat das erste reguläre Schiff an der Kaje festgemacht, der 210 Meter lange Containerfrachter „Anna Schulte“ von der Reederei Maersk. Er kam aus dem russischen St. Petersburg. 553 Container sollen in Wilhelmshaven entladen werden.

Das ist aber eher eine Übungskulisse für die Politprominenz und für die Fotografen, die zur feierlichen Eröffnung des ersten deutschen Tiefwasserhafens erwartet werden, die „Anna Schulte“ hätte ohne Probleme auch in Hamburg oder Bremerhaven abladen können. Der Jade-Weser-Port ist gebaut worden für Schiffe, die es erst in ein paar Jahren geben wird.

Die neue Generation von Containerschiffen, die Triple-E-Klasse, wird fast 400 Meter lang sein und 62 Meter breit, auf Deck können 18.000 Standard-Container (TEU) stehen. Flüsse wie die Elbe können gar nicht so weit ausgebaggert werden, dass solche Ozeanriesen da fahren können. Es wird rund zehn Häfen weltweit geben, auf denen sie entladen werden können – Wilhelmshaven wird einer davon sein.

Im Jahre 2008 ist der Bau begonnen worden, nach dem Ausstieg Hamburgs hält Niedersachsen mit 50,1 Prozent die Mehrheit an der JadeWeserPort Realisierungs GmbH & Co. KG, das Land Bremen hält 49,9 Prozent. Niedersachsen investiert 650 Millionen Euro in die Infrastruktur des Hafens, die örtlichen Verkehrsanbindungen sowie für die Aufspülung der Flächen.

Containerterminal umfasst 130 Hektar

In der ersten geplanten Ausbaustufe soll die Hafenkaje 1.725 Meter lang sein, das Containerterminal umfasst 130 Hektar, dazu kommen 160 Hektar für ein Güterverkehrs- und ein Distributionszentrum. Der Betreiber des Tiefwasserhafens, Eurogate, musste rund 350 Millionen aufbringen für die Hafenanlagen.

Nach Fertigstellung sollen in der ersten Ausbaustufe bis zu 2,7 Millionen TEU umgeschlagen werden können. Zum Vergleich: In Hamburg waren es 2011 9 Millionen, in Bremen 5,9 Millionen. Zum Einsatz bei der Verladung kommen 16 große Post-Panamax-Containerbrücken. Sie sind 83 Meter hoch, die Ausleger 69 Meter lang. Allein der Ausbau der Bahnstrecke nach Oldenburg für die Containerverkehre wird noch einmal 500 Millionen Euro kosten.

Das ist alles für die Zukunft gedacht. In den kommenden Monaten werden zwei Liniendienste der Reederei Maersk einmal pro Woche Wilhelmshaven anlaufen, einmal die Fernost-Linie und einmal die Südamerika-Linie. Beide laufen auch Bremerhaven an – und Wilhelmshaven zusätzlich. Damit wird vor allem demonstriert, dass es geht.

Die Wirtschaftskrise hat die hohe Wachstumsraten gewohnte Weltschifffahrt um ein paar Jahre zurückgeworfen, „aber die Globalisierung geht weiter“, sagt Eurogate-Vorstand Emmanuel Schiffer. „Langfristig wird sich der Umschlagszuwachs zwischen fünf und zehn Prozent jährlich einpendeln.“ Eurogate betreibt neben dem Terminal ein halbes Dutzend anderer Containerhäfen zwischen Petersburg und Marokko.

Nordfrost ist der Lokalpatriot

Auf der riesigen Sandfläche vor Wilhelmshaven, die den schönen Namen „JadeWeserPort Logistics Zone“ trägt, ist bisher ein Lagergebäude gebaut worden: Die Firma Nordfrost hat sich als erste dorthin gewagt. 45 Millionen Euro hat Nordfrost investiert, sie will frisches Obst und Gemüse aus Übersee dort zwischenlagern.

Nordfrost ist Lokalpatriot: Die Wilhelmshavener Handballer tragen ihre Heimspiele in der „Nordfrost-Arena“ aus, 2.200 Sitzplätze stehen zur Verfügung. Mehr Umschlagsunternehmen sind erst einmal nicht in Sicht – der Geschäftsführer der JWP Logistics Zone, der aus Bremen stammende Jan Miller, feierte ersatzweise den Spatenstich für „Pacific One“, ein schick-modernes Bürogebäude mit „mehr als 3.000 Quadratmeter“ Nutzfläche.

Im Mai 2013 soll es fertig sein – als Mieter sind aber zunächst vor allem die halbstaatlichen Jade-Weser-Port-Verwaltungsgesellschaften gebucht. Für „hafenbezogene Dienstleister“ sei noch Platz, sagt Miller – zur Not könnte man daneben weiter bauen – Platz ist genug, und die Autobahn A 29 aus Oldenburg bis direkt ans Gelände ist fertig.

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6 Kommentare

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  • R
    Rebe

    Eine Güterstrecke würde über den Ort Leer führen (dort vierspuriger Anschluss bis in den Süden Deutschlands), nicht via Oldenburg. Wenn man denn eine Güterstrecke gewollt hätte. Deshalb ist klar, dass niemand die Container per Schiene abtransportieren will. Das ist reine Symbolik. Was wirklich einmal transportiert wird, das ist Kohle vom Rhenus-Terminal gleich nebenan, nicht Container vom JWP.

     

    Das ist auch klar, denn die Speditionen bestimmen was mit den Containern geschieht und keiner will Container mit der Bahn transportieren, das ist auch anderswo so. Deshalb brauchen sich die Oldenburger gar keine Gedanken machen. Oldenburg ist eine extrem ruhige Stadt, die Anwohner sollen sich mal nicht die Hosen machen.

     

    Viel wichtiger ist die A22, damit die Container-LKWs nicht über das Autobahndreieck Oldenburg gehen. Die A29 gab es übrigens schon immer, die wurde nur noch mal erneuert. Ausserdem muss der Anschluss an die A 31 unter Umgehung von Oldenburg gebaut werden. Alles fette Investitionen, packen wir es an.

  • MS
    Mega Sch... Projekt

    Niedersachsen wird mit dieser Investition ganz gehörig auf die Schnauze fallen. Bremen ebenso.

     

    Schaut euch Baron Münchhhausen aus Bremen an, der schon am Ende ist mit seiner Zukunft.

     

    Im CDU Niedersachsen und SPD Bremen geht es nur noch um Grandezza, Salongeklüngel, Bourgoisie, Geldadel und dessen Diktatur.

     

    Perversität als Lebensmotto.

     

    Währenddessen lassen die Landkreise dort, um Geld zu sparen, jetzt schwer und langzeit medikamentanabhängige Frührentner behinderte Kinder über gefährlichste Landstraßen zur Schule fahren. Wer sich dagegen wehrt, muß mit mundtot machenden Maßnahmen rechnen. Dies in SPD geführten Kreisen.

     

    Und was da alles per DB über Land gefahren werden soll, mitten durch Wohngebiete? Alles natürlich, Geld stinkt nicht und wir in Niedersachsen/Bremen nehmen es gerne.

     

    Ihr kriegt immer noch nicht mit, dass ihr schon im Fallen seid, ihr, mit euren menschenverachtenden Mega Sch... Projekten.

  • K
    KFR

    Sie wollen doch nicht ernsthaft mit "Schiffen" die Elbe oder die Weser hoch-fahren ??

     

    das Rumpaddeln der Hanse und " Moin-Moin" Fichköppe ist doch nun wirklich völlig von gestern !

  • JA
    Johann A Löning

    Der Hafen hat keine angemessene Hinterland-Anbindung, eine nur eingleisige Eisenbahnstrasse quert zudem die Stadt Oldenburg.

    Vergessen wird auch, dass Rotterdam längst aufgerüstet hat.

    Die Riesenpötte der Containerliniendienste werden wohl kaum in Rotterdam und in Wilhelmshaven anlegen.

    Wahrscheinlich wird WHV seinen Platz zunächst über günstige Hafengebühren finden wollen. Ausgang fraglich.

  • GA
    Graf Anton Günther

    Kann atatat da nur beipflichten und füge hinzu, dass das Thema Güterverkehr durch Wohngebiete hier in good ol' Oldenburg noch für reichlich gesellschaftlichen und politischen Sprengstoff sorgen wird...

  • A
    atatat

    Schön das Oldenburg erwähnt wird, schade, dass nicht erwähnt wird dass der ganze Güterverkehr mitten durch die Wohngebiete der Stadt Oldenburg hindurch geleitet werden wird, da die Bahn nicht gewillt ist eine Umfahrungsstrecke (die es mal gab) in Erwägung zu ziehen.

    Über die damit verbundene Lärmbelastung der Anwohner und den Staus vor den innerstädtischen Bahnschranken wird hinweg gesehen. Die Bahn hat ja seit 100Jahren ihre Zulassung für diese Strecke....