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Neuer Roman von John NivenEin verficktes Loch in der Ozonschicht

John Nivens neuer Roman "Gott bewahre" ist blasphemisch, schamlos und rechnet mit falschen Propheten und rechter Hetze in den USA ab.

Jesus Christ, kiffender Rock-n-Roller, muss noch mal auf die Erde zurück. Bild: Ausschnitt aus dem Buchcover

Gott war angeln. Sehr lange angeln. Seit der Renaissance hat er sich nicht mehr darum gekümmert, was auf der Erde los ist. Entsprechend sieht es da auch aus, und in der Hölle ist der Teufel los. Im Himmel übt Jesus Christus kiffend mit Jimi Hendrix, neue Riffs auf der Gitarre, und als sein Daddy nach Hause kommt, ist der sehr wütend. Wo kommt das plötzlich alles her: Rassismus, Umweltzerstörung, Kommerz - und was wollen all die verdammten Christen?

So beginnt John Nivens großartiger Roman "Gott bewahre", der am Montag in Deutschland erscheint. Das Buch steckt voller böser, sehr lustiger Ideen, es ist blasphemisch, schamlos, und es entlarvt mit seiner neuen Passionsgeschichte falsche Propheten, Doppelmoral und Kapitalismus. Es geht um Religion, Musik, Sex - und um Amerika.

Als der Schotte John Niven, der mit seiner Familie im englischen Buckinghamshire lebt, nach längerer Zeit wieder in die USA kam, war er geschockt, wie weit das Land nach rechts gedriftet war. "Im Radio hetzten all diese rechten Prediger voller Hass gegen Homosexuelle, gegen Abtreibung, gegen Emanzipation. Das machte mich wirklich wütend", sagt der 43-jährige Autor. Er selbst sei Atheist, aber "die Idee, für die Jesus und Gott stehen, ist nicht das, wofür diese Leute sie verwenden". Dagegen wollte er anschreiben.

Wie sein 2008 erschienenes, sehr erfolgreiches Buch "Kill your friends" eine Abrechnung mit der Musikindustrie ist, für die er in den 90ern als Manager gearbeitet (und damals die Band "Coldplay" als billigen Radiohead-Verschnitt für Minderbemittelte abgelehnt) hat, so provoziert "Gott bewahre" mit der Idee: Was, wenn Gott die Religion wurscht ist? Wenn er nur ein einziges Gebot ausgegeben hat: Seid lieb. Aber Moses, um sich wichtig zu machen, in seinem Egowahn einfach zehn daraus werden ließ.

Im Himmel ist immer Freitagnachmittag

In John Nivens Himmel sind Gottes engste Mitarbeiter schwul, in der Hölle werden rassistische, rechte Prediger den ganzen Tag von mächtigen Schwarzen vergewaltigt. Gott und der Teufel sind wie die Chefs zweier weltweit agierender Unternehmen, die sich zum Mittagessen treffen und die Lage der Menschheit erörtern. Besonders Nivens Darstellung von Himmel und Hölle ist großartig - der Himmel das Großraumbüro eines modernen Unternehmens wie Facebook oder Google, in dem immer Freitagnachmittag ist, die Hölle ein bizarrer Sexclub, in dem alles muss.

Eigentlich sollte "Gott bewahre" ein Drehbuch werden, doch John Niven sah schnell ein, dass kein Studio 100 Millionen Dollar für die aufwendige Verfilmung eines solchen Themas ausgeben würde. Seine Wunschdarsteller hatte er beim Schreiben trotzdem im Kopf: Owen Wilson als blonden, dauerbekifften Surfertyp Jesus, George Clooney als Gott und Danny de Vito als Teufel. John Niven kichert, als er das erzählt. Er hat was von Rumpelstilzchen. Er provoziert gern. Die Sprache seines Romans ist deftig.

"Ein Loch, so groß wie mein Schwanz"

Da kommt also Gott zurück und ist sehr wütend. Auf die Menschen und auf seinen Sohn: " ,Komm her. Los. Kommst du her!' Gott packt Jesus am Ohr - ,Au! Au! Au! Au!' - und zerrt ihn auf eine riesige weiße Tafel zu, auf die Er verschiedene Schlagworte aus Seinem Briefing geschrieben hat. ,Sie benutzen den Regenwald als gottverdammtes Holzlager. In der Ozonschicht ist ein Loch - EIN VERFICKTES LOCH -, so groß wie mein Schwanz! Und die Ozeane … die wenigen Fische, die es darin noch gibt, haben sie auf eine Zwangsdiät aus Kloake, Rohöl und alten Kühlschränken gesetzt.'" Von der moralischen Verkommenheit der Menschen ganz abgesehen. Da hilft nur eines: Jesus muss noch mal auferstehen.

Als mittelloser Musiker versucht der in New York, sich und seine Clique aus Drogenabhängigen, notorisch Kriminellen und Obdachlosen durchzubringen - und seine Message, die keiner hören will. Bis ihm die geniale Idee kommt, bei der landesweiten Castingshow "American Pop Star" mitzumachen: als der gut aussehende, talentierte Irre, der denkt, er sei Gottes Sohn. Plötzlich hören ihm die Leute zu. "Er ist das Indie-Kid, das all diese Musik der obskuren Indie-Bands singt. Denn Teil seines Auftrags ist es, die Underdogs zu unterstützen", sagt der Autor.

Witze auf Gottes Kosten

Castingshows hält John Niven natürlich für Müll. Überhaupt, sagt er, habe er die Musikindustrie nie ernst nehmen können. Das sei sein Problem gewesen. Jetzt werde er zum Glück dafür bezahlt, sich darüber lustig zu machen. Auch auf Gottes Kosten. "Ich unterstütze jeden in dem Recht, zu glauben, was er will. Aber ich unterstütze auch mein Recht, mich darüber lustig zu machen", sagt Niven. Und wenn Gott wirklich so mächtig und anbetungswürdig sei, werde er auch "mit einem kleinen schottischen Satireautor klarkommen".

Schwieriger war es da schon, auch Mohammed in die Geschichte einzubetten, denn im Buch ärgert sich Gott über all das, was fundamentalistische Muslime so treiben. Aus Angst vor Reaktionen lässt Niven Mohammed nur am Autotelefon auftreten. "Ich konnte das auch nicht ganz weglassen, wenn ich mich damit befasse, welche Ansichten in der Welt falsch sind", sagt Niven. Mohammed sei ein guter Typ, er stehe für die gleichen Dinge, für die auch die Idee von Jesus stehe. Nur manche, die ihm nachfolgen, machten etwas falsch.

"Seid doch einfach lieb zueinander"

John Niven glaubt an säkularen Humanismus, sagt er. "Ich bin ein schottischer Sozialist. Das heißt: Steuern zahlen und anderen helfen, die weniger haben." In den USA wäre das blanker Kommunismus, meint er. "Wie kann man gegen die Idee vom freien Zugang zur Gesundheitsversorgung sein! Es ist eine sehr konfuse Gesellschaft." Eine, in der es 83.000 unterschiedliche Kirchen gibt. "Wenn Gott das sehen würde, würde er verrückt werden und sagen: "Was tut ihr? Seid doch einfach nur lieb zueinander!", glaubt Niven.

Und das macht den Reiz des Buchs aus. Dieses Durchspielen der, ja, sehr naiven Idee eines zutiefst menschlichen Gottes, der sich nicht kümmert um all die Gebote, das Christentum und die rechten Prediger. "Denen geht es doch nur um Geld und Sex", sagt Niven. Wir bräuchten keine Religion, um uns moralisch zu verhalten. Und keinen Papst. Da kann Niven sich in Rage reden. Über den Vatikan, die Kunstschätze dort und all das. "Kapieren die nicht: Wenn das, woran sie glauben, wahr ist, dann wird Gott einmal zu ihnen sagen: Fuck! Ihr hattet all das Geld und habt es nicht den Armen gegeben!"

Auch Jesus hat es auf seinem Roadtrip durch die USA und die Castingshow vor allem mit Ignoranten zu tun. Und natürlich geht sein Aufenthalt auf Erden nicht gut aus. Sein Ende und das seiner Jünger hat John Niven an das des selbst ernannten Propheten David Koresh angelehnt, der 1993 in Waco, Texas starb, als US-Behörden sein Sektenquartier stürmten. Das von Niven beschriebene verlogene Verhalten der US-Behörden dürfte ein weiterer Grund sein, warum sein Verlag in den USA das Buch nicht veröffentlichen will. Vielleicht gelingt es in einem kleineren, mutigeren, hofft Niven.

Immerhin hat das Buch ein Happy End. Und nach der Lektüre kann man sich zum Trost sagen: Gott ist nicht tot. Er ist nur aus Verzweiflung mal wieder angeln.

John Niven: "Gott bewahre". Aus dem Engl. von S. Glietsch und J. Ingwersen. Heyne Verlag, München, 400 Seiten, 19,90 Euro

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13 Kommentare

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  • GI
    Günther Internetzer

    Was fürn ein Buch!!!

     

    Danke John!!!

  • SR
    Stephanie Respondeck

    Oi weh! Ich wundere mich immer wieder, wie selbstgerecht und anmaßend laienhafte Kritiker doch werden können... dort wo am meisten gequakt wird, würde ich gerne einmal Mäuschen spielen ;-)

    Sollte der Autor bewußt den muslimischen Glauben "verschont" haben, Gratulation an einen weisen Mann. Weiter werde ich dies nicht kommentieren, für die intelligenten Leser ist es Aussage genug.

     

    An dieser Stelle nur noch die kleine Frage: habe ich auch noch ein Wort über Juden gelesen...?

     

    Ich für meinen Teil möchte hier meine Meinung äußern: ich habe mich sehr amüsiert, ganz so, wie ich es von einem ROMAN erwarte. Ich habe über die Story nachgedacht, ganz so, wie ich es von intelligenter Literatur ERHOFFE. Ich wünsche mir aus ganzem Herzen, dass dieser Denkansatz die Wahrheit ist und der ganze andere kommerzielle Scheiß erstunken und erlogen.

     

    In diesem Sinne: SEID LIEB!!!! Mehr ist doch gar nicht nötig...

  • O
    Obilix67

    Habe das Buch aus einer Laune heraus gekauft und gleich angefangen es zu lesen und habe innerhalb von 4 Tagen durchgelese.

    Ich kann nur sagen ich bin begeistert.Sicher handelt es sich um eine Satire, aber ist es nicht so das eine Satire sich mit real existierenden Gegebenheiten in überspitzter Form beschäftigt? Sich mit diesen ganzen scheinheiligen Heuchlern beschäftigt, die so wahnsinnig gläubig tun, etwas von Nächstenliebe fasseln und das,was sie selber predigen,bei Menschen die nicht exakt ihren Vorstellungen entsprechen, mit Füssen treten? Sich mit der "zum Himmel schreienden" Ungerechtigkeit, siehe Verteilung von Einkommen und Ressourcen, in unserer Welt beschäftigt?

    Wir leben in einer Welt in der ein nicht unerheb-licher Anteil der Menschen täglich ums nackte Überleben kämpfen muss und ein kleiner Teil sich mit 1000er- Banknoten.wenn sie es wollte, den A.... wischen könnte weil sie gar nicht mehr wissen was sie mit ihrer Kohle anfangen sollen. Einer Welt in der Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden, in der Spekulanten hoch riskante Spekulationsgeschäfte eingehen und, wenn es schief geht, nach dem Staat, also nach uns, rufen.

  • M
    Marcus

    Ich finde das Buch großartig! Und an alle Kritiker: "Get lost!"

  • J
    Jaja

    Nur nicht rum heulen mein guter horst.abgesehen davon dass es natürlich sehr viel schwieriger sich über etwas lustig zu machen was man wenig kennt als über etwas bei dem man seit seiner kindheit mitbekommt wie es schief läuft und für falsche zwecke missbraucht wird kommt ja wohl offensichtlich in dem buch rüber das es sich um den gleichen gott handelt.

     

    Außerdem versteh ich nicht wie ein buch blasphemisch sein kann das über gott handelt bzw wo hier der christliche gott durch den kakao gezogen worden ist.das buch trifft exakt meinesicht auf religionen und gott und ich weis das diese sicht von vielen in meiner generation geteilt wird(die sich dann “atheisten “nennen.

     

    Es sind die christen bzw alle religionen über die er sich lustig macht.und zwar zurecht bei deren lächerlichen wider und allmachtsansprüchen.bitte nochmal lesen lieber horst du und viele andere haben (und werden) das buch nicht verstehen (können).

     

    Ein geniales buch das sich gerade wegen seiner einfachen teils fäkal sprache erfrischend abhebt(es ist eigentlich gar nicht so vulgär wen man z.b.die alltagssprache in australien kennt-so sprechen eben vieleauf englisch) das eigentlich nur einebotschaft rüber bringt-die meisten religionen (oder zu extreme interpretationen) ziehen die idee von gott in den dreck und halten sich dabei noch für die “guten “

     

    In dem sinne:love and peace!

     

    P.s.sollte man auf englisch lesen wenn möglich

    P.p.s.es lässt tief blicken dass der amerikanische verlag das buch nicht veröffentlichen will ggh

  • G
    Ginerich

    War nach den ersten Seiten regelrecht geschockt von der teilwäre ordinären Schreibweise - habe das Buch weggelegt - es hat mich aber gedanklich nicht in Ruhe gelassen, da es mich nun doch interessiert hat, in welche Richtung das driftet... also: Buch wieder hervorgeholt, weitergelesen und es hat sich doch gelohnt! Konnte nach der Hälfte gar nicht mehr aufhören zu lesen :-). In diesem Buch steckt sehr viel Wahrheit und auch der Autor scheint von so viel "Gott und Jesus" berührt worden zu sein, auch wenn er sich Atheist nennt.

  • G
    Grantilope

    das Buch ist einfach toll!

    herrlich erfrischend und super zu lesen. Es werden alle Glaubensrichtungen angesprochen. Es geht hier weder um die Christen noch um die Mohammedaner, sondern um die Religionen (wie viele sind´s gleich noch?) Warum sollte sich ein Atheist keine Gedanken um Gott machen? Zumal es auch nicht darum geht was Gott macht, sondern was die Menschen in "Gottes Namen" so treiben.

    viel spass beim Lesen!

  • BA
    bitte anonym

    Ganz, ganz, lange her sah ich mal einen Film in welchem sich ein Lieber Gott eine Test-welt schuf wo alles erlaubt war, den Lebewesen dort jedoch ' gebote' ( nicht ' Verbote ' ) gegeben wurden an welchen sie sich halten koennten um ein Gluechliches und Gesundes Leben fuehren zu koennen.

     

    Auf dieser test-welt wurden jedoch auch ' Herausforderer' geschaffen die die Lebewesen verfuehren sollten schlimmes zu tun, also sie auf Idee zu bringen sich auf die Kosten anderer, und des Wohles der Welt zu bereichern, oder verherrlichen.

    Zu schauen wie grausam verschiedene Lebewesen dort werden koennten, und welche ' Fantasien sie zu verwirklichen versuchen -

     

    Der Grund das diese ' Herausforderer' geschaffen wurden war um zu sehen welche der Lebewesen die friedlichsten und Charakterstaerksten sind, um diese dann auf die Echte Welt zu bringen wo es wunderbar Himmlisch ist, dieser Gott also sicher machte das nur die Guten in den ' Himmel' kommen, damit der Himmel, also die Echte Erde immer Himmlisch bleiben wird -

  • M
    MajorJ

    Mmh, vom Inhalt kann man ja denken, was man will, aber sprachlich ist das Buch leider unter aller Sau. Das kann man kaum lesen, weil fast jeder Satz ärgerlich schlecht formuliert ist. Man hat das Gefühl, da wollte einer einfach mal seinen ganzen Frust über Glaube und Religion rauslassen. Und zwar egal, ob er eigentlich schreiben kann, oder nicht.

  • BA
    bitte anonym

    Die Ironie ist das sich ein ' Atheist ' so viel Gedanken um ' Gott ' macht

  • T
    Timbur

    "Schwieriger war es da schon, auch Mohammed in die Geschichte einzubetten, denn im Buch ärgert sich Gott über all das, was fundamentalistische Muslime so treiben. Aus Angst vor Reaktionen lässt Niven Mohammed nur am Autotelefon auftreten."

    *kopfschüttel* Ich denke, das muss nicht weiter kommentiert werden...

  • BP
    Bernhard Pangerl

    @Horst Roben

    Das hat nichts mit Feigheit zu tun. Er hält sich nur an die vorhandenen Gepflogenheiten. Während die Christen das Konterfei ihres Gottessohns in jedes Zimmer hängen, haben die Moslems gar kein Bild ihres Propheten. Sollte Niven erst eins für Sie erfinden, um von Ihrer Weisheit Gnade zu erhalten?

    Das wäre aber dann wirklich - billig.

  • HR
    Horst Ruben

    Haha, so ein Feigling! Den Christengott kräftig durchgezogen aber bei Mohammed traut er sich nicht zu mehr als zu einem Autotelefongespräch.

    Ehrlicher wärs gewesen, er hätte ihn gleich ganz weggelassen. Ziemlich billig, so.