Neuer Polizeichef im Kongo: Wiedergeburt eines Haudegens
Einst schützte er Diktator Mobutu und kämpfte für Rebellenchef Bemba. Nun wird General Amuli neuer kongolesischer Polizeichef.
Die Verfügung von Präsident Joseph Kabila umfasst zahlreiche weitere Umbesetzungen an den Spitzen von Polizei und Armee in Zeiten zunehmender bewaffneter Konflikte und politischer Spannungen.
General Amulis Leben steht für die schillernde Geschichte der Kongokriege. Geboren im Nordosten des Landes, als Angehöriger der Hema-Volksgruppe im Distrikt Ituri, wurde Amuli in den 1970er Jahren an der Offiziersschule Kananga in Kasai, heute Bürgerkriegsregion, zum Offizier ausgebildet. Dann trat er in die gefürchtete Präsidialgarde DSP des damaligen Diktators Mobutu Sese Seko ein. Er genoss eine Eliteausbildung in Israel und stieg zum Kommandanten der für den persönlichen Schutz Mobutus zuständigen Brigade auf.
Amuli war einer der letzten, der in Kinshasa Mobutu die Stange hielt, als dessen Regime im Jahr 1997 vor den AFDL-Rebellen Laurent-Désiré Kabilas, Vater des heutigen Staatschefs Joseph Kabila, zurückwich: Er stand am Flughafen Ndjili, von dem aus Mobutu am Morgen des 16. Mai 1997 die Flucht ergriff, einen Tag vor dem triumphalen Einmarsch der AFDL in Kinshasa gemeinsam mit Ruandas Armee.
„Amuli war der Letzte, der Ndjili verließ, unter dem Feuer der Ruander und der AFDL“, heißt es in seinem späteren offiziellen Lebenslauf – als er selbst Rebellen kommandierte.
Unerschütterlicher wie grundloser Optimist
Denn Amuli setzte sich damals, wie viele Mobutu-Anhänger, über den Fluss Kongo nach Brazzaville ab, Hauptstadt der benachbarten Republik Kongo. Als 1998 in der Demokratischen Republik Kongo erneut Krieg ausbrach, gehörte er zu den Gründern der Rebellenbewegung MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung) unter dem schwerreichen Geschäftsmann Jean-Pierre Bemba, die mithilfe Ugandas das nördliche Drittel des Landes eroberte.
Jean-Pierre Bemba, ExRebellenchef
Bemba machte Amuli zu seinem Generalstabschef. Nach dem Friedensschluss im Kongo 2003, als eine Allparteienregierung unter Präsident Joseph Kabila unter Mitwrkung der MLC entstand, wurde Amuli Marinechef – eher symbolisch, da Kongo keine wirkliche Marine hat.
Amuli wurde bald wieder gebraucht: erst für den Kampf gegen die ugandische Terrortruppe LRA (Widerstandsarmee des Herrn), dann als Kommandant der „Operation Amani Leo“ (Frieden jetzt) gegen bewaffnete Gruppen im Ostkongo von 2010 bis 2012. Stationiert in der Provinzhauptstadt Goma war Amuli dort bald für so unerschütterlichen wie grundlosen Optimismus bekannt.
Denn der Erfolg war eher mäßig: Nach Ende der Operation zählte der Ostkongo mehr bewaffnete Gruppen als vorher. Amani Leo zerfiel nach zwei Jahren mit der Desertion ehemaliger Tutsi-Rebellen, die als Rebellenarmee M23 (Bewegung des 23. März) die Armee aus Goma verjagten. Amulis Belohnung: Aufstieg in den Generalstab im Jahr 2014, als eine umfassende Reorganisation anstand.
Amulis Wiedergeburt als Polizeichef wird nun im Kongo unterschiedlich kommentiert. Die einen fürchten eine Militarisierung der Polizei, was für mehr Blutvergießen bei Demonstrationen spräche.
Bedächtiger General?
Die anderen meinen, dass Amuli zu den bedächtigeren Generälen zählt. Kinshasas bisheriger Polizeichef Célestin Kanyama hingegen, ein gefürchteter Scharfmacher, hat derweil seinen Job verloren. Andererseits wird Kanyama, mit internationalen Sanktionen belegt, nun Chef der Polizeiausbildung.
Als Mobutu-Gardist gehörte Amuli 1997 jedenfalls nicht zu den Hardlinern, die Kinshasa lieber in Schutt und Asche legen wollten, als es Kabila zu überlassen. Er wollte einfach seinen Präsidenten außer Landes bringen. Und als Stabschef Bembas ahndete er Übergriffe, als MLC-Truppen 2002 bis 2003 in der Zentralafrikanischen Republik schwere Verbrechen begingen, die Bemba später vor den Internationalen Strafgerichtshof brachten.
Im Prozess gegen Bemba in Den Haag wurde Amuli als mäßigendes Element zitiert. „Ich kenne Amuli persönlich“, lobt ihn Bemba in seiner Autobiografie. „Er verfügt über menschliche Qualitäten und genießt den Respekt seiner Truppen.“
Heute sitzt Bemba in Den Haag als verurteilter Kriegsverbrecher hinter Gittern, und sein ehemaliger Topgeneral wird in der Heimat die Polizei führen. Und zu Amulis direkten Widersachern wird MLC-Mitgründer Olivier Kamitatu zählen, heute einer der Anführer der politischen Opposition im Kongo. Ab Ende Juli ruft die Opposition erneut zu Massenprotesten auf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut