piwik no script img

Neuer „Lucky Luke“-ComicLucky Luke und Karl Marx gegen die Bierindustrie

In „Letzte Runde für die Daltons“ widmet sich der Cowboy der Kultur deutscher Einwanderer im Wilden Westen. Auch ein Trump tritt auf.

„The Brew City“: Lucky Luke vor der Stadt die das ganze Land mit Bier beliefert Comic: Story House Egmont

Ein Hexenschuss befördert Lucky Luke diesmal in ein neues Abenteuer. Als ihn ein Ganove von hinten erschießen will, verbiegt sich der Westernheld bei seiner Parade derart ungünstig, dass ihn ein stechender Schmerz im Kreuz erwischt. Ein Arzt im Städtchen „Neumünchen“ wird ihm empfohlen, und so lernt der Cowboy nicht nur deutsche Siedler kennen, sondern erfährt auch von der aktuellen „Bier-Krise“ in der Region.

Die Brauereien liefern kein Bier mehr in die Saloons – eine Katastrophe! Der Ruf des Wilden Westens steht auf dem Spiel, denn die ganze Vergnügungsbranche steht vor dem Ruin. Lucky Luke beschließt, ins Mekka der Bierbrauerei nach Milwaukee in Wisconsin zu reisen, eine Großstadt, in der die deutsche Bevölkerung dominiert.

Der neue Lucky-Luke-Band „Letzte Runde für die Daltons“ ist diesmal den deutschen Einwanderern in die USA gewidmet. Insbesondere nach der 1848er-Revolution in Deutschland zog es viele verfolgte Deutsche in den sogenannten „German Belt“ der USA, die Städte wie New Berlin oder Potsdam gründeten. Szenarist der neuen Lucky-Luke-Bände ist seit längerem Jul (Julien Lucien Berjeaut), dem es ein Anliegen ist, auch unbekannte Facetten des Wilden Westens auszuloten.

Jüdische Siedler, Versklavung und deutsche Bierbrauer

Nachdem er bereits jüdische Siedler (Band 95 „Das gelobte Land“ von 2016, nach einer Idee von Lucky-Luke-Schöpfer Morris) in den Fokus rückte und in „Fackeln im Baumwollfeld“ (Band 99, 2020) die Versklavung der schwarzen Bevölkerung anprangerte, hat er sich nun die Deutschen vorgenommen.

Der Comic

Die Abenteuer von Lucky Luke nach Morris: Band 102 – „Letzte Runde für die Daltons“.

Text: Jul, Zeichnungen: Achdé. Aus dem ­Französischen von Klaus Jöken. Egmont Ehapa Media, 48 Seiten, Softcover 7,99 Euro (Hardcover 14 Euro, ab 12. 11. erhältlich)

Der 1974 geborene Jul ist Comicautor eigener Cartoonserien, aber auch ein Historiker, der die Far-West-Geschichten im Sinne des 1977 verstorbenen früheren Lucky-Luke-Autors René Goscinny authentisch darstellen möchte. So gibt Jul einen kurzen Überblick über die Einwanderung Deutscher in den USA und deren Vormachtstellung in der Bierindustrie- auch ein pfälzischer Unternehmer namens Frederick Trump ist darunter, der zwielichtige „Pussy Saloons“ (!) betreibt. Weitere süffisante Anspielungen zielen auf Richard Wagner oder Marlene Dietrich.

Lucky Luke begegnen zudem in Milwaukee alte Bekannten wie dem indigenen „Doppelköpfige Adler“, der sich von seiner fülligen deutschen Frau den Haushalt führen lässt und so Luke in die deftige deutsche Küche einführt. Und schon gerät Lucky Luke in einen „Bier-Streik“ und Klassenkampf.

Kampf um die 60-Stunden-Woche

Die Arbeiter der wichtigsten Brauerei Martz kämpfen für bessere Löhne und die 60-Stunden-Woche. Doch der sture „Bier-Baron“ Martz lässt die Aufmüpfigen durch Sträflinge wie die Daltons ersetzen, um den Betrieb wieder in Gang zu bringen. Lucky Luke gerät zwischen alle Stühle.

Juls Szenario ist historisch pfiffig und zutreffend. Karl Marx schrieb tatsächlich ab 1852 als jahrelanger London-Korrespondent der „New York Tribune“ Hunderte Leitartikel über die Lage in Europa. Seine Gedanken waren auch in den USA einflussreich.

Gezeichnet ist das jetzige Abenteuer wieder von Achdé (Hervé Darmenton, geboren 1961), dem Nachfolger des Lucky-Luke-Schöpfers Morris (1923–2001). Juls Szenario bietet Achdé genügend Spielraum für opulent gezeichnete Streikszenen oder Wagner-Opern-Aufführungen im „Martz-Theater“.

Mit dem „Martz-Tower“ zeichnet er zudem ein getreues Abbild des historischen Wolkenkratzers „Pabst Building“, den der echte Bier-Baron Frederick Pabst einst in Milwaukee errichten ließ. Ein gelungener Ausflug Lucky Lukes in einen bereits industrialisierten Teil des Wilden Westens.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!