Neuer Konkurrent: Pokerpartie um den Holzmarkt
Die Macher vom Kater Holzig planen ein Kulturdorf an der Spree - jetzt haben sie einen Konkurrenten. Der sitzt im Aufsichtsrat des Grundstückseigentümers, der BSR.
Die Holzmarkt-Genossenschaft (eG) um die Gründer der legendären Bar 25 und ihres Nachfolgers Kater Holzig hat schwerreiche Konkurrenz bekommen: Der Immobilien-, Pflege- und Elektroanlagenunternehmer Abris Lelbach will den Südteil des 18.000-Quadratmeter-Grundstücks der Stadtreinigungsbetriebe BSR zwischen Holzmarktstraße und Spree kaufen. Hier befand sich bis 2010 die Bar 25, an derselben Stelle will die Holzmarkt eG ein „Kulturdorf“ errichten. Pikant: Unternehmer Lelbach sitzt im BSR-Aufsichtsrat, dessen Vorsitz Finanzsenator Ulrich Nußbaum innehat.
Öffentlich will sich niemand äußern, doch nach taz-Informationen gibt es in Senat und Abgeordnetenhaus Unmut über Lelbachs Angebot. Denn sollte die BSR es annehmen, bedeutete dies das Aus für die viel gelobten Pläne der Holzmarkt eG. Laut Lelbach liegt die Summe aus beiden Teilgeboten – für den Nordteil bietet ein weiterer, unbekannter Investor – über den 10 Millionen Euro, die die Holzmarkt eG geboten hat. Nach Darstellung der BSR bleibt ihr kraft Gesetz gar nichts übrig, als das Grundstück zum maximalen Erlös zu verkaufen. Derzeit laufen die Kaufverhandlungen mit den drei Interessenten, bei der nächsten Aufsichtsratssitzung Mitte Oktober wird die Geschäftsführung das Ergebnis vorlegen. Einzig der Kauf des Grundstücks durch das Land selbst könne die künftige Gestaltung nach stadtentwicklungspolitischen Kriterien sicherstellen, teilte die BSR mit.
In Sachen Stadtentwicklung ist die Holzmarkt eG derzeit jedermanns Liebling. Vom SPD-Landeschef Jan Stöß bis zum obersten Tourismuswerber Burkhard Kieker, alle haben von den Plänen geschwärmt. Der Kreis aus Bar-25-Gründern, Unternehmern und Investoren will außer dem Kulturdorf mit Hotel, Club, Gastronomie, Marktflächen, Kita und Park auch ein zwölfgeschossiges Gebäude mit Studentenwohnungen und Gründerzentrum errichten. Das Gesamtprojekt ist genossenschaftlich organisiert und steht potenziell jedem offen. „Das Konzept ist spannend und geht mit seiner Nutzungsmischung weit über das Party-Image des Geländes hinaus“, sagt die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der SPD im Abgeordnetenhaus, Ellen Haußdörfer. Es sei ein gutes Beispiel für ressortübergreifende Stadtentwicklung.
Von nachhaltigen Plänen spricht auch der frühere Treuhand-Berater Lelbach. Einen Teil der von ihm auf dem Nordteil der Fläche geplanten Wohnungen will er günstig vermieten, eine von ihm gegründete Stiftung solle Raum für Kunst und Kultur erhalten. Lelbach gehören zahlreiche Unternehmen, vor allem ist er aber geschäftsführender Gesellschafter des Anlagenbauers Elpro AG, zu dem die Treuhand 1990 ein altes Ostberliner Kombinat gemacht hatte. Lelbachs Aufsichtsratsmandat sei kein Hinderungsgrund für einen Kauf, heißt es bei der BSR. Das habe eine rechtliche Prüfung ergeben. „Herr Lelbach nimmt an den Aussprachen zu diesem Thema in den Aufsichtsratssitzungen nicht teil, er erhält auch zu dieser Angelegenheit kein Protokoll“, schreibt Finanzsenator Nußbaums Verwaltung auf Anfrage.
Angst vor Klage
BSR und Senat wollen auf jeden Fall vermeiden, dass Lelbach erfolgreich klagen könnte, falls er die Teilfläche des Spreeufer-Geländes nicht bekommt. Ganz ohne zu prozessieren hat Lelbach übrigens erst Mitte August den Zuschlag für den Wiederaufbau des alten Bürgerhauses Palast Barberini am Alten Markt in Potsdam erhalten. Er will in der Brandenburger Landeshauptstadt ein Restaurant, Ateliers und Eigentumswohnungen bauen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen