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Neuer IG Metall-Chef spricht auf GewerkschaftstagHuber malt IG Metall Zukunft aus

Der neue Gewerkschaftschef macht die Mitgliederwerbung zur Priorität. Ansonsten fordert er die Abkehr von der Rente mit 67 und übt Kritik an der Leiharbeit.

Fordert frisch im Amt schon eine "neue Arbeitszeitdebatte": IGM-Chef Berthold Huber. Bild: ap

BERLIN taz Weg von der 35-Stunden-Woche? Mancher Metaller musste schlucken, als der frisch gewählte Erste Vorsitzende eine "neue Arbeitszeitdebatte" forderte - mit Sätzen, die man bei der größten deutschen Gewerkschaft selten hört. "Das ist keine Monstranz, die man vor sich hertragen kann", sagte Huber zur 35-Stunden-Woche auf dem Gewerkschaftstag in Leipzig am Mittwoch. Kurz: Der 57-jährige machte in seiner programmatischen Rede dem Prädikat "Reformer", das ihm anhaftet, alle Ehre.

Die rund 500 Delegierten müssen allerdings keineswegs die Abkehr von der 35 fürchten, was einer Revolution gleichkäme. Im Gegenteil. Sie stehe im Zentrum, sagte Huber. Der am Dienstag mit einer Mehrheit von 92,6 Prozent gewählte Chef, der Jürgen Peters ablöst, plädiert für die gleiche Strategie, die die IG Metall längst in den Betrieben fährt: mit mehr Flexibilität das Erreichte verteidigen.

Der tariflichen 35-Stunden-Woche stehe im Schnitt eine effektive Arbeitszeit von 39,9 Stunden gegenüber, sagte Huber. Gerade bei kreativen Tätigkeiten greifen aus seiner Sicht die "klassischen Regelungsinstrumente" nicht mehr. Anders als Arbeiter an Hochöfen oder Fließbändern behindere Ingenieure in Entwicklungsabteilungen ein strikt einzuhaltender Sieben-Stunden Tag eher, lautet Hubers Plädoyer für mehr Differenzierung. "Die sagen: Ich will mit dem Job fertig werden." In manchen Betrieben würden Überstunden auf Arbeitszeitkonten gutgeschrieben, die Beschäftigten könnten sie nach ihren Bedürfnissen abfeiern. Solche Lösungen müsse die IG Metall forcieren.

Huber will seine IG Metall in die Offensive bringen. Er kündigte eine Initiative zur "Humanisierung der Arbeit" an, er forderte eine Abkehr von der Rente 67, tarifliche und branchenbezogene Mindestlöhne und die Eindämmung von Leiharbeit. Huber weiß, dass er damit Themen gefunden hat, die im Bundestagswahlkampf Stoßkraft entfalten können. Nicht umsonst wird am Mittwoch Kanzlerin Angela Merkel in Leipzig vorbeischauen.

Der IG-Metall-Chef widmete dem Thema Mitgliederwerbung viel Platz in seinem Manuskript. "Die entscheidende, die überragende Frage ist die Mitgliederfrage", sagte Huber. "Ob wir unsere Ziele erreichen, hängt einzig und allein von der Kraft ab, die wir selbst entwickeln." Die Mitglieder müssten von Anfang an beteiligt werden. "Jede politische Initiative muss von der Frage geleitet sein: Bringt das, was ich tue, Mitglieder?"

Besonders junge Menschen will Huber umwerben. In den nächsten 15 Jahren würden jährlich bis zu 50.000 Mitglieder aus dem Arbeitsleben ausscheiden. Die unter 30-Jährigen hätten nur etwa 20.000 Beitragszahler pro Jahrgang. Die Lücke müsse geschlossen werden, wenn die IG Metall stark bleiben wolle. Anders als etwa Ver.di bekommt die IG Metall den Mitgliederschwund langsam in den Griff. Aktuell zählt sie 2,3 Millionen Mitglieder.

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