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Neuer FamilienberichtHohes Armutsrisiko für Alleinerziehende

Vor allem für alleinerziehende Mütter ist das Armutsrisiko groß. Der neue Familienbericht empfiehlt die gezielte Unterstützung Alleinerziehender.

Erzieht eine Mutter ihr Kind allein, hat sie ein deutlich erhöhtes Armutsrisiko Foto: Frieder Dino/plainpicture

Berlin taz | Alleinerziehend zu sein ist in Deutschland ein Armutsrisiko. Das betrifft vor allem alleinerziehende Mütter, ihr Risiko ist um 60 Prozent höher als das von alleinerziehenden Vätern und dreimal höher als bei Frauen, die in Paarbeziehungen leben. Das zeigt der Familienbericht, den Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) am Mittwoch vorstellte. In jeder fünften Familie erziehen demnach Eltern ihre Kinder allein.

Insgesamt ist die Sorgearbeit bei getrennt lebenden Eltern in Deutschland sehr ungleich aufgeteilt. In nur 8 Prozent der Familien übernachten die Kinder die Hälfte oder annähernd die Hälfte der Zeit bei beiden Elternteilen.

In anderen Ländern liegt diese Quote deutlich höher, in Schweden teilt etwa mehr als der Hälfte der getrennten Eltern die Betreuungsarbeit. Eltern mit hohem Bildungsstand und hohem Einkommen teilen sich die Sorgearbeit häufiger zu gleichen Teilen. Etwa ein Viertel der Kinder, die mit getrennt lebenden Eltern aufwachsen, haben keinen Kontakt mehr zu einem ihrer Elternteile.

Die ungleiche Verteilung der Betreuungsarbeit führt zu einem höheren Armutsrisiko für das Elternteil, das hauptsächlich zuständig ist. Zu 82 Prozent übernehmen Mütter diese Rolle. Sie sind laut Bericht zwar überwiegend erwerbstätig, aber oft gezwungen, die Erwerbsarbeitszeit zu reduzieren. Sie sind deshalb häufig auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen.

Der Familienbericht wurde von einer Ex­per­t*in­nen­kom­mis­si­on ausgearbeitet. Ihre Vorsitzende, Michaela Kreyenfeld, sagte am Mittwoch: „Es ist nötig, die Vielfalt von Familie in Recht, Statistik und Arbeitswelt anzuerkennen.“ Sie empfiehlt, die „ökonomische Eigenständigkeit“ von Alleinerziehenden zu stärken, den Anspruch auf Betreuungsangebote auszuweiten und ihre Zuverlässigkeit zu festigen.

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3 Kommentare

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  • Die wichtigste Aussage fehlt im Artikel:

    "Die Erwerbstätigkeit korreliert mit dem Bildungsabschluss, der im Durchschnitt bei Alleinerziehenden im Vergleich zu Paarfamilien niedriger ist."

    Die Frage ist also "Führt Alleinerziehung zu einem Armutsrisiko oder Armut zu einem Alleinerziehungsrisiko?" Möglicherweise korreliert beides auch nebeneinander.

  • Was helfen würde:

    * Kitas massiv fördern: Fachkräfte besser bezahlen und ihnen mehr Möglichkeiten zu Weiterbildungen ermöglichen

    * kostenloser Kitaplatz

    * Gutscheine für Babysitter und Haushaltshilfen für Alleinerziehende

    * niedeigschwellige Sozialleistung spezifisch für Alleinerziehende, zB ein Bonus/ deutlich höheres Kondergeld/Elterngeld

  • Das Risiko fängt doch bereits weit vor der Partnerwahl an. Es ist doch immer noch so, das junge Mädchen/Frauen bei der Berufswahl eher zu schlecht bezahlten Berufen tendieren. Das gilt nicht unbedingt für den ÖD. Aber ein Dachdecker wird allein schon durch den Tarifvertrag mehr (Ausbildungs-)Lohn erhalten, als eine Arzthelferin. Und ein Radiologe mehr als eine Pädiaterin. Und wenn dann ein Kind kommt, bleibt wer in den ersten Wochen oder Monaten zu Hause? Natürlich der oder die mit dem geringeren Gehalt. Sonst steht nämlich das ganze Familienmodell auf der Kippe, wenn das geringere Einkommen nicht mehr reicht, um Miete/Abtrag und Lebenshaltung zu stemmen. Natürlich gibt es auch andere Varianten. Bin damals auch zwei Jahre in Elternzeit gegangen, weil das Gehalt meiner Frau höher ist, als das meinige. Bin halt Krankenpfleger und meine Frau Steuerberaterin. Diese Konstellation soll aber absolut selten sein.