piwik no script img

Neuer Asterix-FilmWenn Druiden in die Jahre kommen

„Asterix und das Geheimnis des Zaubertranks“ hätte ein schönes antikes Roadmovie werden können. Allerdings gerät der Plot zu sehr aus der Form.

Gelungene Computeranimation? Über die Ästhetik der Knollennasen lässt sich streiten Foto: Universum

Bisher war es ein in der Regel ungeschriebenes Gesetz, dass Asterix und Obelix ihre Abenteuer zuerst auf dem Papier zu erleben hatten, bevor aus dem Comic ein Film werden konnte. Beim neuen, insgesamt schon vierzehnten Asterix-Film ist das, wie einst bei „Asterix erobert Rom“ (1976) anders: Ein Originaldrehbuch wurde realisiert.

Das scheint an ein Sakrileg zu grenzen, könnte aber Schule machen. Immerhin wird auch die Comic-Reihe seit Band 35 nicht mehr vom Zeichner Alberto Uderzo (Jahrgang 1927) betreut, sondern ist in die jüngeren Hände des Duos Didier Conrad und Jean-Yves Ferri übergegangen.

Wer nun befürchten sollte, dass der sehr eigene Geist der kämpferischen Gallier, der immer so untrennbar mit dem gedruckten Bild verbunden schien, im allzu eigenständigen filmischen Format verlorengehen könnte, kann fürs Erste beruhigt sein: Die Macher von „Asterix und das Geheimnis des Zaubertranks“ sind spürbar echte Liebhaber der Comic-Helden.

Alle bekannten Figuren haben es mit ihren individuellen Eigenheiten und Running Gags in den neuen Film geschafft (Obelix bettelt immer noch vergeblich um Zaubertrank; sämtliche Schiffe der Piraten gehen unter; Verleihnix und Automatix sind einander immer noch in inniger Feindschaft verbunden). Das heißt: alle, bis auf einen. Miraculix der Druide, der immer so unangreifbar und mächtig schien, hat nämlich ein Problem.

Zu viel komödiantischer Unsinn

Beim Mistelschneiden vom Baum gefallen, hadert Miraculix mit dieser Schande (Druiden fallen nicht vom Baum!) und einem lädierten Fuß. Obelix wird ihn fast den ganzen Film hindurch tragen müssen – und das auch noch kreuz und quer durch Europa; denn der Alte hat sich in den Kopf gesetzt, einen Nachfolger zu suchen, an den er das Geheimnis des Zaubertranks weitergeben kann. Bisher existiert es einzig in Miraculix’ Kopf und darf nicht aufgeschrieben, ­sondern nur von Druidenmund zu Druidenohr weitergegeben werden.

Diese Problemstellung ist eine prima Grundlage für ein schönes antikes Roadmovie, auf dem sich allerlei Abenteuer erleben lassen, die schließlich trotz aller Hindernisse und Bedrohungen zu einem glücklichen Ende führen.

Und es ist schade, dass es dem Regieteam Louis Clichy und Alexandre Astier offenbar nicht gereicht hat, die Geschichte nach diesem einfachen Rezept zu erzählen. Sie reichern sie an mit zu viel komödiantischem Zinnober. Das würde weniger stören, wenn alle Gags richtig lustig wären, was aber nicht der Fall ist.

Der Film

„Asterix und das Geheimnis des Zaubertranks“. Regie: Alexandre Astier, Louis Clichy. Frankreich 2018, 86 Min.

Zudem gerät der Erzählplot selbst über all dem Kleinkram zu sehr aus der Form. Drei interessante neue Figuren führt der Film ein, ohne ihnen wirklich gerecht zu werden: vor allem Miraculix’ großen bösen Gegenspieler Dämonix, einen Ex-Druiden, der schwarze Magie praktiziert.

Die Zeit ist reif für eine Druidin

Und als Nachwuchs-Nebenfiguren den jungen Druiden Emporkömmlix, der sich auf die Miraculix-Nachfolge bewirbt, sowie ein kleines Mädchen, genannt Vitrine (Frauennamen enden ja im Dorf auf -ine). Alle drei Figuren bleiben selbst für Comicverhältnisse seltsam flach, plakativ oder gar widersprüchlich.

Der rothaarige Emporkömmlix, als eigensinniges Energiebündel eingeführt, erliegt erstaunlich schnell den Einflüsterungen des Dämonix. Der wiederum ist einfach nur böse, weil er eben böse ist, und bietet im Übrigen mit seiner langen dünnen Nase (maximaler Gegensatz zu den gallischen Kartoffelnasen) und den großen abstehenden Ohren das klassische Bild einer besonders fiesen antisemitischen Karikatur.

Sicher war das eigentlich keine böse Absicht, was es aber nicht weniger irritierend macht – und zugleich beispielhaft illustriert, wie sehr dieser Film auf reine Oberflächenstruktur hin gearbeitet ist. Ob man übrigens die Oberflächen der computeranimierten Figuren für ästhetisch geglückt hält, ist sowieso diskutabel. Diese Knollennasen …

Schön ist es dann aber, wenn sich im Moment größter Not Gallier und Römer miteinander verbünden. Und man darf wohl gespannt sein, ob das Mädchen Vitrine, die hier nur eine sehr kleine Nebenrolle spielt, am Schluss aber rein zufällig als einzige das Geheimnis des Zaubertranks kennt, womöglich die Heldin einer Fortsetzung werden darf. Im 21. Jahrhundert wäre die Zeit doch wirklich mal reif für eine Druidin im unbeugsamen gallischen Dorf.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Wie bitte? Ein visuelles Medium nutzt visuelle Merkmale, um Rollen zu visualisieren? Wie kann man nur!

    • @John Farson:

      @ John Farson:



      Da gibts solide wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit dem Thema beschäftigen. Auch mit den Folgen, die das dann später mal für die Menschen hat, wenn sie immer eingetrichtert bekommen, wie denn böse Menschen auszusehen haben (Stichwort queer-coding, suchen sie mal im Internet, danach sieht mensch z.B. alte Disneyfilme mit völlig anderen Augen).



      Ganz so unschuldig ist die visuelle Darstellung und Verwendung von Stereotypen halt doch nicht...

  • Sorry, aber der antisemitische, jüdische Stereotyp ist nicht mit langer, dünner Nase, sondern mit Hakennase. Schon sinnvoll, sich Gedanken um die Darstellung des Bösen im Kino und die verwendeten Stereotype Gedanken zu machen, aber es ist nun mal nicht überall Antisemitismus drin.

    www.zukunft-brauch...itische-stereotyp/



    www.jewface.us/

    • @Ein*e Leser*in:

      Im Pawlowschland geht das so: zeichnet der Anti-CSU Veteran Hanitzsch in der Süddetuschen Zeitung den Söder Markus mit Tellerohren und dicker Nase, ist das: Routine. Zeichnet der Hanitzsch den korruptionsfreien Pazifisten Netanyahu so, bekommt das Netz und eilfertig nacheifernd natürlich die TAZ wg. angeblich "antisemitischer Stereotypen" Schnappatmung und die SZ muß Hanitzsch panikartig feuern.