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■ Neuer Anlauf zum Ozonversuch in Baden-WürttembergRöcheln für die Umwelt

Ozon – die achte: Am 23. Juni nimmt das Stuttgarter Umweltministerium erneut Anlauf zum großen Ozonversuch. Und ganz Deutschland drückt die Daumen, daß der Sommersmog den Umweltminister im achten Versuch endlich zuverlässig bedienen wird. „Mer machet's desmol ganz beschtimmt“, hieß gestern die Parole im Ministerium.

Die Akzeptanz für den Versuch, bei dem Industrie und Verkehr ihren Dreckausstoß drosseln müssen, hat inzwischen allerdings arg gelitten. Siebenmal Fehlalarm hat auch ohne Reizgas ein ziemlich gereiztes Klima erzeugt, die Nerven liegen blank. Aber wer konnte schon ahnen, daß das Gift gerade dann, wenn es einmal dringend gebraucht wird, sich so rar machen würde? Jetzt ist der Ozonversuch auch zum Wahlkampfthema geworden, der Gemeinderat Heilbronn, anfangs noch dafür, war plötzlich dagegen. Nur außergewöhnlich kräftige Ozonwolken und Hustenanfälle könnten die Lokalpolitiker wieder zur Raison bringen.

Und es sieht gut aus: Endlich haben die Wetterpropheten ein fürchterliches Wochenende vorausgesagt. Da lacht der Umweltschützer. Schon am Dienstag freute sich das Ministerium bis hinunter zum Pförtner, daß das Acht-Stunden-Mittel von 110 Mikrogramm Ozon überschritten war: „Super!“

Die taz wünscht Herrn Harald B. Schäfer und allen Beteiligten in Heilbronn und Neckarsulm mithin 30 Grad im Schatten, donnernde Lkw-Kolonnen, ätzende Giftwolken, kräftig tränende Augen und inbrünstiges Hüsteln der Gesamtbevölkerung. Möge das Smog-Fieberthermometer die 200-Mikrogramm- Marke zuverlässig überschreiten und das gesamte sogenannte Musterländle unter einer großen Dunstglocke verschwinden lassen. Vielleicht, vielleicht dürfen wir sogar auf 300 Mikrogramm hoffen, und wenn alles total optimal läuft, könnte es ja sogar für 350 Mikros reichen. Ein Traum! Wir würden es euch gönnen, ehrlich! Haltet durch! werden wir dann ins Trollingerland funken, ihr hustet für die Wissenschaft.

Im Grunde hustet ihr allerdings vergeblich. Daß aus Fabrikschornsteinen und Autoauspufftöpfen kein Veilchenduft strömt, wissen wir nämlich schon „a ganze Weile“. Ebenso ist durch Langzeitversuche bekanntgeworden, daß hinten weniger rauskommt, wenn man vorne bremst, also „d' Micke neihaut“. In Deutschland und selbstverständlich auch in Schwaben sind Einschränkungen für Industrie und Autoverkehr aber erst dann durchsetzbar, wenn alles hundertmal und haarklein belegt, also gemessen ist. Mithin, ihr Buba ond Mädle: Es muß geröchelt werden – der Umwelt zuliebe.

Wir schicken Aspirin. Versprochen! Manfred Kriener

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