Neue linke Zeitung „Domani“ in Italien: Hoffnung auf Morgen
Mitten in der Coronakrise ist in Italien eine neue, linke Tageszeitung erschienen: „Domani“. Sie ist linker als „Repubblica“ und weniger krawallig.
20 Seiten schlank, aufgeräumt, mit Präferenz für die lange Form und den Hintergrund auf Kosten aktueller Stücke und Meldungen: So präsentiert sich die neue Gazette. Wo sie ihren Platz sieht, erklärt Feltri im Editorial – in der Zukunft. „Gemeinsam mit den Lesern“, so der Chefredakteur, habe Domani „den Anspruch, ein anderes Schicksal gegenüber dem zu schaffen, das von den Entscheidungen und Fehlern der Vergangenheit hervorgebracht wurde“.
Das heißt, ein klares Nein zu „25 Jahren populistischer Politik“, ein Ja dagegen zur liberalen Demokratie und zum freien Markt, bei hoher Aufmerksamkeit „für die Ungleichheiten, das wahre Hindernis für eine effiziente und zudem gerechte Ökonomie“, führt Feltri aus.
Und man meint, man höre den Finanzier De Benedetti sprechen. Der Multimillionär, der sein Geld auf den verschiedensten Geschäftsfeldern von der Mobiltelefonie zur Teilezulieferung im Automobilbau, von Pflege- zu Energiekonzernen verdient hatte, war über Jahrzehnte hinweg als Eigner der Repubblica-Gruppe auch einer der wichtigsten Zeitungsverleger. Das Flaggschiff La Repubblica durfte für sich beanspruchen, größte Tageszeitung und Leitmedium im linksliberalen, gegen Silvio Berlusconi stehenden politischen Spektrum zu sein.
Die Stunde der Rache
Doch dann übergab er die unternehmerische Führung der Medienbeteiligungen seinen Söhnen, und die fusionierten mit der Turiner La Stampa, die dem Agnelli-Clan (Fiat) unter John Elkann gehört. Als dann im April 2020 die De-Benedetti-Nachkommen ihre Anteile komplett an Elkann abtraten, als der bei Repubblica sofort einen neuen, alles andere als linken Chefredakteur einsetzte, war für De Benedetti die Stunde der Rache gekommen und das Projekt Domani geboren.
Das sieht man der Zeitung an. Sie will die linke, kritische Leserschaft ansprechen, die sich in der neuen, zur Mitte gewendeten Repubblica nicht wiederfindet, mit der klaren Ansage „unparteiische Zeitungen gibt es nicht“. Unabhängig sei das Blatt aber sehr wohl. Der Finanzier habe zwar die 10 Millionen Euro eingeschossen, die aber sollen in eine Stiftung gehen, „die Ressourcen und Autonomie garantiert“. Wenigstens die erste Nummer liefert kluge Analysen, etwa zum Niedergang der Linken in der einst roten Toskana, die am nächsten Sonntag ihr neues Regionalparlament wählt.
Linker als die Repubblica, ruhiger im Ton und weniger auf Krawall gebürstet als Il Fatto quotidiano: Mit diesem Rezept sucht Domani genügend Leser zu gewinnen. Ob diese Rechnung bei stetig sinkenden Auflagenzahlen der Tageszeitungen aufgeht, steht völlig in den Sternen. Wenigstens auf der Rechten war mit der 2016 gegründeten Verità eine neue Tageszeitung erfolgreich – und das Domani-Team hofft, jetzt einen solchen Erfolg von (gemäßigt) links wiederholen zu können.
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