piwik no script img

Neue Werbung von H&MLecker Achselhaare

Die Bekleidungskette H&M will, dass die Kundschaft ihre Klamotten recycelt – und wirbt dafür mit aufgesetzter Toleranz.

Bring mir Deine alte Wäsche! Screenshot: H&M/Youtube

Es soll tatsächlich Menschen geben, die nicht so aussehen wie ein H&M-Model: braungebrannt, aus Europa, Vollmann oder Vollfrau.

Klar – da gibt es die hässlichen Europäer. Und dann noch, na, sag’ schon, hier: diese anderen. Alte, Säuglinge, gepiercte Muslime, Dicke, Lilahaarige, Frauen in Männerkleidern, Männer in Frauenkleidern, Transsexuelle, Frauen mit Achselhaaren, Schwarze, Knochige, Menschen mit asiatischen Wurzeln, Boxer mit Beinprothese, Besockte in Sandalen. Nicht zu vergessen: Blonde in gelben Klamotten und Rothaarige in roter Tracht.

Das hat nun auch H&M gemerkt und diese Erkenntnis prompt verwertet. Der Werbespot, der zur Kampagne “Close the Loop“ (“Den Kreislauf schließen“) gehärt und dazu aufruft, alte Klamotten zu H&M zurückzubringen, weil das angeblich nachhaltiger ist, hat auf YouTube drei Millionen Klicks. Nach etwa 20 Sequenzen nach dem Motto „Es gibt nichts, was es nicht gibt“ folgt die Auflösung: „There are no rules in fashion but one: recycle your clothes“.

Die Botschaft: Schaut uns an, wir sind so tolerant. Dabei unterstützt die Werbung nur die scheinbar kritisierte eurozentristische und streng nach dem geltenden Schönheitsideal ausgerichtete Perspektive auf Menschen, denn es werden ja gerade alle „anderen“ vorgeführt und darauf reduziert.

In der Überzahl

Die Aneinanderreihung wirkt wie Bernd Strombergs Umgang mit „andersgeschlechtlichen Mitarbeitern, zum Beispiel Frauen“ oder, als hätte ein Heidenauer Fleischersjunge mal alle aufgezählt, die er blöd findet.

Mal abgesehen davon, dass der Nachhaltigkeits-Slogan in seiner Übersetzung „Gemeinsam schließen wir den Kreislauf“ auch als Aufforderung zum kollektiven Suizid gedeutet werden kann, ist die inszenierte Toleranz eine Farce, denn sie stellt Menschen als andersartig dar, obwohl sie längst selbstverständlicher Teil der Gesellschaft und gegenüber den H&M-Models sogar in der Überzahl sind.

Oder eben doch kein so selbstverständlicher Teil, denn ob man in der H&M-Filiale so tolerant reagiert, wenn die zwinkernde Frau aus dem Spot mit einer sanften Drehung ihr Achselhaar freigibt oder wenn der knochige, alte, oberkörperfreie und unterwäschelose Mann Badehosen anprobiert … Man weiß es nicht.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Themen #H&M
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Auch schön:

    Ein Artikel darüber was denn dran ist an diesem Recycling-Konzept.