Neue WDR-Hörfunkdirektorin: Nicht zu verhindern
Der Protest vieler WDR-Mitarbeiter gegen die neue Hörfunkdirektorin Valerie Weber hatte keine Chance. Denn die Wahl war schon zuvor gelaufen.
![](https://taz.de/picture/134444/14/wdr-buhrow-weber-schoenenborn.jpg)
Tom Buhrow hat es geschafft. Der WDR-Intendant hat im Rundfunkrat seine Kandidatin Valerie Weber als Hörfunkdirektorin durchgesetzt – trotz heftiger Proteste. Die Privatradiomanagerin erhielt sogar ein besseres Ergebnis als der neue Fernsehdirektor Jörg Schönenborn.
Um 16.49 Uhr war die Schlacht geschlagen. „40 Ja-Stimmen für Valerie (3 nein) – Rundfunkrat des @WDR hat sie gerade gewählt“, twitterte die Pressestelle des WDR. Schönenborn bekam 34 von 40 gültigen Stimmen. Kurze Zeit darauf trat die Rundfunkratsvorsitzende Ruth Hieronymi gemeinsam mit Buhrow, Schönenborn und Weber vor die Presse. „Mit großer Mehrheit haben wir dem Intendanten für seine Strategie, unseren WDR als öffentlich-rechtliches Flaggschiff zukunftssicher zu machen, unsere Unterstützung gegeben“, sagte die CDU-Politikerin.
„Ich freue mich über die Rückendeckung“, strahlte Buhrow. Auch Weber zeigte sich „sehr, sehr, sehr erleichtert über dieses klare Stimmenverhältnis bei den Rundfunkräten“. Sie „verstehe absolut die Ängste, die auch im Haus herrschen“, und könne „auch damit umgehen, wenn der Wind mal von vorne kommt“.
Zu den drei Gegenstimmen im Rundfunkrat gehört die von Rüdiger Sagel, dem Vorsitzenden der Linkspartei in NRW. „Frau Weber muss jetzt einen kompletten Philosophiewechsel vornehmen“, sagt Sagel mit Blick auf ihre bisherige Dudelfunktätigkeit. „Es besteht die Gefahr der Boulevardisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Nordrhein-Westfalen“, fürchtet der Ex-Landtagsabgeordnete. Es sei sicher richtig, dass sich das Radio verändern müsse, um gerade auch von jüngeren Leuten angenommen zu werden. Aber dabei müsse es dem Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender entsprechend um anspruchsvolles und informatives Programm gehen.
150 Unterschriften gegen Weber
Das sehen viele WDR-Mitarbeiter nicht anders. Mit seinem deutlichen Votum setzte sich der Rundfunkrat jedoch über alle hausinternen Bedenken gegen Weber hinweg. So hatten im Vorfeld mehr als 150 Redakteure in einem offenen Brief heftige Zweifel an der Berufung der derzeitigen Programmdirektorin und Geschäftsführerin von Antenne Bayern geäußert, „die ihre unbestrittenen Quoten-Erfolge im Radio ausschließlich in Programmen mit einem Mix aus seichtem Pop, reißerischer Eigenwerbung, Regionalpatriotismus, ständigen Gewinnspielen und Comedybeiträgen erzielt hat“. In einer Resolution sprachen sich sogar etwa 300 WDR-Redakteure für die Verschiebung der Wahl aus. Vergeblich.
Dass Weber nicht mehr zu verhindern sein würde, hatte sich bereits abgezeichnet. „Am Mittwochnachmittag war die Sache durch“, sagt ein Insider. Da hatten sich hinter verschlossenen Türen die nicht parteigebundenen Rundfunkratsmitglieder getroffen, die sogenannten Grauen.
Die Vertreter gesellschaftlicher Organisationen signalisierten, dass sie die Personalie mittragen würden. Es habe zwar kritische Stimmen gegeben, aber letztlich hätten sie den neuen Intendanten nicht beschädigen wollen. Damit war klar, dass es keinen relevanten Widerstand im Rundfunkrat geben würde.
Auf einer außerordentlichen Redakteursversammlung, die ebenfalls am Mittwoch im überfüllten Kleinen Sendesaal des WDR stattfand, hatte Buhrow seinen Personalvorschlag mit Verve verteidigt. „Wenn jemand Groschenromane geschrieben hat, heißt das doch nicht, dass er keine Romane schreiben darf“, warb er für Weber. Er habe sich für die 47-Jährige entschieden, weil sie ihm eine „überzeugende Wellenstrategie“ präsentiert hätte. Wie die aussieht, blieb im Dunkeln.
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