Neue Volksinitiative in Hamburg: Jetzt sammeln die Pfleger
Initiative „Pflegenotstand“ möchte bessere Personalschlüssel im Landesgesetz verankern. Gesundheitssenatorin findet das überflüssig
Hamburg hat wieder eine neue Volksinitiative. Das „Hamburger Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus“ reichte gestern Vormittag ihre Vorlage im Rathaus ein. Konkret fordert die Initiative, das „Landes-Krankenhausgesetz um einige Paragrafen zu ergänzen“, wie Sprecher Christoph Kranich sagte. So wolle man sowohl für eine „bessere Personalsituation“ in den Krankenhäusern als auch für „ausreichende Investitionsmittel“ des Landes sorgen.
Ziel des Bündnisses ist ein „Volksentscheid“ gegen „Pflegenotstand“, der 2020 parallel zur Bürgerschaftswahl stattfinden würde. Fällt das Ergebnis zugunsten der Initiative aus, soll der Senat mehr Pflegekräfte im Landeskrankenhausgesetz festschreiben.
10.000 Unterschriften bis Ende März
Zunächst, so der ehrgeizige Zeitplan, muss die Gruppe bis zum 29. März mindestens 10.000 Unterschriften sammeln, um die erste Stufe als „Volksinitiative“ zu nehmen. Danach haben die Aktivisten vier Monate Zeit, um mit dem Parlament über eine mögliche Verständigung zu verhandeln. Nach anschließendem „Volksbegehren“ käme dann besagter „Volksentscheid“.
„Möglich wäre, dass wir schon vorher unsere Ziele durchsetzen können“, sagt Kranich. Oder die neue Bundesregierung sorge während dieser Phase für neues, ausreichendes Pflegepersonal. Dann wäre laut dem gelernten Krankenpfleger ein Volksentscheid nicht mehr notwendig.
Doch erst mal will das Bündnis, das von Krankenschwestern, Medizinstudenten und Patientenvertretern getragen wird, seine Arbeit tun und sammeln gehen. Am Hansaplatz haben sie im Stadteilbüro St. Georg Quartier bezogen. „Da ist nun immer jemand vor Ort“, sagt Kranich.
Das Bündnis bekam am Donnerstag umgehend Gegenwind. „Die Volksinitiative geht den falschen Weg“, sagt Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD). Personalvorgaben für die Pflege müssten bundesweit geregelt werden. Eine Hamburger „Insellösung“ mit ungedeckten Kosten helfe nicht weiter. Prüfer-Storcks: „Entweder werden damit die Hamburger Krankenhäuser in die roten Zahlen geschickt oder der Hamburger Steuerzahler muss bezahlen, was eigentlich Sache der Krankenkassen ist.“
Zudem habe sich der Hamburger Senat bereits erfolgreich dafür eingesetzt, dass ab 2019 bundesweite Vorgaben für die Krankenhäuser kommen und von den Krankenkassen bezahlt würden. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband der Krankenkassen seien in der Pflicht, bis Mitte 2018 eine bundesweite Lösung vorzulegen, so die Senatorin.
Hamburg fehlen 4.200 Pflegekräfte
Von diesem Vorgehen hält Gesundheitspolitiker Deniz Celik (Die Linke) wenig. Es sei falsch, wenn Krankenhausverwaltungen und Kassen allein festlegten, wie viele Pflegekräfte gebraucht werden. „Da sind viele Eigeninteressen dabei“, sagt Celik. Es sollten auch Pflegeorganisationen und Patientenvertreter mitreden dürfen. Ebenso moniert er den Insel-Vergleich der Senatorin. Denn es sei sehr wohl möglich, Dinge in Hamburg zu verbessern.
So habe Prüfer-Storcks erst kürzlich im Landeskrankenhausgesetz festgeschrieben, dass nur noch die Krankenhäuser eine Herz-, Thorax- oder Gefäßchirurgie betreiben, die rund um die Uhr ausreichend Personal und medizinische Geräte vorweisen können. „Warum kann der Senat da nicht auch mehr Pflegekräfte für die Stationen festschreiben?“
Das Hamburger Bündnis räumt ein, dass einige Forderungen Bundessache sind. Doch die Länder könnten laut „Krankenhausfinanzierungsgesetz“ sehr viel weiter gehen. Und das sei auch nötig, rechnet Christoph Kranich vor. So will die neue Bundesregierung 8.000 neue Stellen schaffen. Laut einer Ver.di-Umfrage fehlten aber allein in Hamburg 4.200 Pflegekräfte.
Leser*innenkommentare
Spider J.
Wie hoch das öffentliche Interesse an diesem Thema ist, sieht man
auch mal wieder an den fast überbordenden Kommentaren der TAZ-Leserschaft.
Huhu? Interessiert es denn wirklich niemanden? Keine sozialromantischen Kommantare?
Schade.
Ich finde es gut, dass endlich mal ein Versuch unternommen, wird dem "Würstlbuden-Kapitalismus" der den KH-Alltag prägt, etwas entgegen zu setzen.
Ich würde aber mal behaupten, dass die erwähnten 8000 Stellen allein fehlen um gut Pflege zu gewährleisten.