piwik no script img

Neue Verfassung in BelarusLukaschenko vertagt

Russland und die Opposition in Belarus wollen eine neue Verfassung. Doch Lukaschenko möchte das bis Ende 2022 aufschieben.

Morgen morgen, nur nicht heute: Langzeitmachthaber Lukaschenko mag keine Veränderungen Foto: Maxim Guchek/dpa

Minsk dpa | Ungeachtet anhaltender Proteste in Belarus will sich der Machthaber Alexander Lukaschenko Zeit mit der Ausarbeitung einer neuen Verfassung lassen. „Ich denke, dass der Entwurf bis Ende nächsten Jahres fertig sein wird“, sagte der Präsident in einem am Sonntag vom russischen Staatsfernsehen verbreiteten Interview. Danach sollten die Menschen darüber abstimmen. Details nannte Lukaschenko aber nicht: Die wichtigsten Änderungsvorschläge seien noch nicht vollständig formuliert.

Die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja schrieb im Nachrichtenkanal Telegram, die Demokratiebewegung werde bald eigene Vorschläge für eine Reform der Landesverfassung vorlegen, die dann diskutiert werden sollten. Lukaschenko wolle die Menschen erneut täuschen und Zeit für sich gewinnen. „Wir glauben keinem, der um der Macht willen foltert und tötet“, erklärte die 38-Jährige.

Der Minsker Politik-Analyst Alexander Klaskowski schrieb bei Telegram: „Lukaschenko spielt auf Zeit.“ Obwohl Moskau Druck mache, habe der Staatschef noch keine Entscheidung über die wesentlichen Änderungen getroffen, sagte der Experte. Russland hatte mehrfach darauf gedrungen, dass das Nachbarland Reformen angehen soll.

Seit der umstrittenen Präsidentenwahl am 9. August, nach der sich Lukaschenko nach 26 Jahren im Amt wieder zum Sieger erklären ließ, gibt es Massenproteste und Streiks gegen ihn. Die Opposition sieht Tichanowskaja als wahre Siegerin der Abstimmung.

Am Sonntag gingen in Belarus erneut Menschen gegen Lukaschenko auf die Straße. Fotos und Videos zeigten Demonstranten in kleineren Gruppen mit weiß-rot-weißen Fahnen der Opposition. Protestmärsche gab es demnach in der Hauptstadt Minsk und in anderen Städten. Nach Angaben der Menschenrechtsgruppe Wesna wurden vereinzelt Menschen festgenommen. Auch Anhänger von Lukaschenko versammelten sich.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!