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Neue US-Strategie zum CyberwarWenn aus Spaß Ernst wird

Die USA wollen Internet-Angriffe künftig als kriegerische Handlung werten, auf die militärisch reagiert werden kann. Die Vorstellung kommt Beobachtern im Netz absurd vor.

"NexGen Cyber Innovation and Technology Center" des Rüstungsunternehmens Lockheed Martin. Bild: dpa

30 Seiten stark ist ein Papier stark, in dem das amerikanische Verteidigungsministerium seine neue Cyberwar-Strategie ausrollt. Laut einem Bericht des Wall Street Journal vom Dienstag will sich die US-Regierung dabei künftig herausnehmen, besonders schwere Hackerangriffe als "echte" Kriegshandlungen zu werten, auf die auch mit dem Einsatz von Waffengewalt reagiert werden kann. Im Netz wurde die Nachricht mit Erschrecken aufgenommen, stellt die neue Doktrin doch eine Eskalation in Sachen Cyberkrieg dar.

Große materielle Schäden, Todesopfer oder eine "deutliche Störung des öffentlichen Lebens" gelten als Gründe für einen potenziellen Gegenschlag. John Hudson, Journalist des politischen Magazins The Atlantic, hält das Pentagon für verwirrt: "Man ist sich nicht klar, wie man den Cyberkrieg führen soll". In einer Analyse der neuen Doktrin bemängelt er unter anderem, dass unklar sei, wer für Durchführung und Kontrolle zuständig ist. Denn CIA und Verteidigungsministerium überschneiden sich in ihren Kompetenzen und stritten sich in der Vergangenheit heftig.

Auch sei die neue Doktrin nicht ungefährlich, weil sie dazu führen könnte, dass auch Gegner sie annehmen. Das sieht David Hoffman vom außenpolitischen Fachblatt Foreign Policy ähnlich: "Man stelle sich vor, der Iran würde die gleiche Strategie übernehmen. Was würde passieren, wenn er als Rache für [den Industrieanlagen angreifenden Schädling] Stuxnet amerikanische Industrieanlagen mit Raketen beschießt?"

Genauso unklar ist, wie Cyberangriffe überhaupt zugeordnet werden sollen. Sie kommen oft genug von Dritten, deren Nähe zu Regierungsorganisationen meist nur vermutet werden kann. "Patriotische" Hacker fühlen sich nicht selten berufen, ohne Auftrag ihres Landes Server im "Feindgebiet" zu attackieren - geschehen ist dies etwa in Estland im Jahr 2007, als russische Hacker wichtige Websites lahmlegten. Dabei geht es stets um praktische Fragen: Wenn, wie erst vor wenigen Tagen, bekannt wird, dass der Rüstungskonzern Lockheed Martin angegriffen wurde - ist dies bereits eine kriegerische Handlung oder Industriespionage?

Wikileaks als Cyberwar?

Experten aus der Forschung halten die neue Strategie des Pentagon für problematisch. Andreas Schmidt, Cyberwar-Spezialist an der TU Delft, warnte bereits im Frühjahr in der taz vor gefährlichen Übertreibungen: "Es hat Gründe, dass wir für das Phänomen der Erkältungen einen anderen Begriff verwenden als für die schwarze Pest." Man könne nicht jeden Internet-Sicherheitsvorfall als Cyberkrieg schwarzmalen, gleich ob es sich um die Verunstaltung von Websites oder Distributed-Denial-of-Service-"Sitzblockaden" vor Online-Portalen handele.

Schon die Veröffentlichung der jüngsten Wikileaks-Dokumente hatte in konservativen US-Politikerkreisen das Label "Cyberwar" hervorgerufen. Die Attacken von Anonymous gegen die Anti-Wikileaks-Bemühungen großer US-Konzerne entsprechen Schmidt zufolge aber eher einer Art "Schwarzem Block mit dem Hang zu forscherer Meinungsbekundung". Wo im keineswegs rechtsfreien Raum Internet die Grenzen des Strafrechts überschritten wurden, hätten daraufhin Strafverfolgungsbehörden Ermittlungen vorgenommen. "Aber Krieg? Nein."

Verschärft könnte die Diskussion durch eine andere Tatsache werden: Momentan wartet die Privatwirtschaft auf die Freigabe milliardenschwerer Anti-Cyberwar-Budgets, die das Pentagon, aber auch das US-Heimatschutzministerium, gerade aufstellen. Im Interesse der Industrie liegt es daher nicht, dass die Gefahrendiskussion wieder auf ein menschliches Maß herunterkommt.

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5 Kommentare

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  • CE
    Clint East Wood

    Irgendwie scheint mir die Reaktion auf die gefährliche Idee der Amis als zu gedankenlos. Ich mach mal auf ein paar kritische Punkte dazu aufmerksam.

    Bei "klassischen" Kriegshandlungen ist erkennbar Gewalt im Spiel - es Bedarf kaum eines Beweises, wer da Soldaten oder Raketen geschickt hat. Beim "Hackerangriff" behauptet der angegriffene, es sei etwas passiert - ohne das "äußerlich" irgendetwas als massiv beschädigt erkennbar ist. OHne das sofort deutlich ist, wer dafür verantwortlich ist. Das entscheiden wieder die USA. Sofort. Ich kann mich da an verschiedene Spekulationen erinnern, wer für "Lockerbie" verantwortlich gewesen sein soll....

    Der angebliche Angreifer wird durch Raketeneinschlag informiert, wenn ich die Philosophie richtig verstehe...

    Klassische Kriegsangriffe (lassen wir das Terrorismus-Thema jetzt mal beiseite) kann nur ein Staat mit Armee begehen. Und wenn es rumänische oder thailändische Privat-Hacker mit eroberten Rechnern in Pakistan tun - welcher Staat hat dann den Krieg angefangen?

    Werden politisch "schwache" Staaten dann nicht erpressbar nach dem Muster: Wenn ihr (Kleinstaat-Politiker)nicht das tut was wir wollen, dann starten wir von "Euren" Rechnern einen Hacker-Angriff auf das Pentagon...

    Werden die USA es akzeptieren, wenn andere Staaten diese US-Regel übernehmen und ebenso zum Gesetz erklären? Werden die USA es "widerspruchlos" als "rechtens" akzeptieren, wenn China, Russland oder Mexiko US-Institutionen in die Luft sprengen, weil US-Hacker (privat oder nicht-so-privat) in Peking, Moskau oder Mexico-City einen "Kriegsangriff" begangen hätten...?

    Meinjanur

  • KS
    Kritische Stimme

    Im Herbst 2010 ist den Amerikanern von den Natolaendern zugesagt das Cyberattacken Kriegsgrund sind.Im November 2010 sind alle europaeischen Politiker,inkl. Merkel+Westerwelle,Guttenberg verrueckt geworden.Ohne ein Wort von Protest oder Kritik sind die Ziele der NATO veraendert von einem defensiven Buendnis in eine agressive Allianz,wovon die Agressionsziele bestimmt werden von den USA.Und kein einziges europaeisches Parlament hat eine Mitsprache,man kann reden von einem Staatsstreich unter den Augen von dummen Politikern.Die Amerikaner schuetteln vor Lachen,ueber diese dumme europaeische Schafe.Naechste Natoagressionsziele sind Iran,China(waechst zu schnell),NordKorea,und jedes andere Land vovon vermutet wird das daraus eine Cyberattacke kommt(man kann also wahllos jedes Land auswaehlen).Es ist hoechste Zeit nicht von USA wieder in sinnlose Kriege verwickelt zu werden und die Nato in eine EU-Organisation abzuaendern um europaeische Belange zu sichern

  • M
    mr.spock

    ...was ist von einer nation, die einen irren g.w.bush nicht mal ansatzweise zur rechenschaft gezogen hat, zu erwarten???

  • T
    T.V.

    High noon in Global Player's City. Und getroffen werden wieder die Zuschauer.

  • S
    schorsch

    Wenn schon im ersten Satz n dicker Fehler ist brauch ich den Rest auch nich mehr lesen...