Neue Tochter: Stadtwerke-Ausbau
■ Innung befürchtet Monopol, wenn Energieversorger in Heizungsmarkt geht
Die Stadtwerke Bremen machen sich auf, den Heizungsmarkt zu erobern. Seit gestern bietet das Tochterunternehmen „Gesellschaft für Versorgungsdienstleistungen“ einen Heizungs-Komplett-Service an – mit der Lieferung der Heizgeräte, deren Montage sowie dem regelmäßigen Wartungsdienst und einem 24-Stunden-Notdienst. Das Paket richtet sich an BesitzerInnen von Ein- oder Mehrfamilienhäusern. Die Anlagen sollen mit Erdgas oder Fernwärme gespeist werden. Finanziert wird das Angebot über Monatsraten von 73 Mark bis 130 Mark – Laufzeit zehn Jahre.
Auf diesem Weg wollen die Stadtwerke ihren Anteil am „Wärmemarkt“, so Gerhard Jochum, Vorstandsvorsitzender der Stadtwerke, von derzeit 64 Prozent auf mehr als 80 Prozent steigern. 1000 neue KundInnen pro Jahr sind anvisiert, insgesamt 200.000 während der nächsten 15 Jahre.
Mit diesem unverblümten Anspruch sorgen die Stadtwerke allerdings für erhebliche Unruhe. Die Innung Sanitär-Heizung-Klima befürchtet heftige Umsatzeinbußen sowie den Verlust von Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Innungs-Obermeister Karl Schlüter spricht bei dem Angebot der Stadtwerke zudem von „Dumping-Preisen“, auch sei das Marktpotential hochgerechnet. Auf die Barrikaden gingen auch Bremer Heizgeräte-Großhändler, weil die Stadtwerke ohne Großhändler operieren wollen.
Eigentlich sollte die Heizungs-Innung an der Stadtwerketochter beteiligt werden. Aber nach mehrfachen Verhandlungen und einer ersten Zustimmung stimmten die Mitglieder jetzt gegen die Beteiligung. Innungs-Obermeister Schlüter bezeichnete das Stadtwerke-Angebot als nicht akzeptabel: „Uns wurden 50 Prozent der Gesellschaft geboten. Dafür sollten wir aber nur einen der drei Aufsichtsratsposten erhalten. Das konnten wir so nicht akzeptieren.“ Nun stehen die Handwerker vor einem Dilemma. Sie sitzen überhaupt nicht mit im Boot und können nach eigenen Angaben den zu erwartenden Preiskampf mit den Stadtwerken nicht aufnehmen.
Allerdings will Stadtwerke-Chef Jochum den mittelständischen Betrieben die Tür nicht vor der Nase zuwerfen: „Wir halten das Angebot der Beteiligung aufrecht – mit zwei von vier Aufsichtsratsposten.“ Dies gelte allerdings nicht ewig, drohte Jochum leise. Insgesamt beträgt das Gründungskapital der neuen Gesellschaft eine Million Mark. Die Hälfte müßten die Handwerker aufbringen.
Daß Jochum nicht gewillt ist, ewig auf die Handwerker Rücksicht zu nehmen, wurde überdeutlich, als er über die Zukunft der Stadtwerke philosophierte: Als privates Unternehmen müsse man sich endlich weg von jeder politischen Beeinflussung frei den Kunden stellen können. Natürlich gehe es darum, die Geschäftsfelder auszuweiten. Die Stadtwerke Bremen würden zwar in Zukunft kein Margarine-Unternehmen. Aber man werde sämtliche Bereiche im Marktsegment Umwelt und Energie ausschöpfen.
Dagegen formiert sich jetzt die Bremer Konkurrenz. Laut Obermeister Schlüter wollen die Handwerker in einer eigenen Gesellschaft antreten, etwa um gemeinsam an die Wohnungsbaugesellschaften heranzutreten. jeti
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