Neue Sparpläne: Mit der U-Bahn zum Jugendclub
Die Sozialbehörde hält in einem Papier zwei bis fünf Jugendzentren pro Bezirk für ausreichend. Die SPD-Basis protestiert nun auch in Wandsbek gegen geplante Kürzungen.
Setzt sich das durch, was Mitarbeiter der Sozialbehörde in einem Papier formuliert haben, müssen Hamburgs Teenager wohl künftig Bus und Bahn nutzen, wenn sie in den Jugendclub wollen. Wegen der „voll entwickelten Mobilität“ der 14- bis 18-Jährigen würden je nach Größe des Bezirks „zwei bis fünf größere Häuser“ reichen, heißt es dort. Ergänzt werden sollen sie nur durch wenige Spezialangebote wie Mädchentreffs.
Das Dokument befasst sich mit den Folgen des geplanten Ganztagsschulausbaus und heizt den Streit um die geplante 10-Prozent-Kürzung bei der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) noch weiter an. Wie berichtet, will die SPD in Eimsbüttel dies nicht mittragen und hat SPD-Sozialsenator Detlef Scheele vorgeschlagen, die fehlenden 3,5 Millionen Euro aus dem noch nicht verplanten 12-Millionen-Topf für neue Hilfsprojekte zu nehmen, deren Sinn noch nicht erwiesen sei. Am Mittwoch nun hat die SPD in Wandsbek den gleichen Antrag in den Jugendhilfeausschuss eingebracht.
Bis 10 Jahre nur Schule
Doch liest man das Acht-Seiten-Papier, könnte man vermuten, dass die Sozialbehörde bei der OKJA sogar noch mehr sparen will. Die Autoren gehen davon aus, dass der Ganztagsschulausbau Auswirkungen auf 239 dieser meist sehr kleinen Einrichtungen hat. Dabei wird in drei Altersgruppen unterschieden. Für unter 10-Jährige ist angedacht, dass offene Einrichtungen wie Bauspielplätze ihre Ressourcen „langfristrig vollständig“ im Schulbetrieb einsetzen. Dies soll auch bei den zehn bis 14-Jährigen geschehen, allerdings wird hier weiter ein Bedarf an „eigenen Räumen“ gesehen. Die OKJA sei nur überflüssig, wenn die Schule auch nach 16 Uhr und am Wochenende offen sei.
Für die über 14-Jährigen indes ist besagte Konzentration von zwei bis fünf Häusern pro Bezirk vorgesehen. Zum Vergleich: Der Bezirk Mitte hat derzeit allein 13 Häuser der Jugend, von Wilhelmsburg bis Mümmelmannsberg. Nach der Logik des Papiers müssten acht schließen.
„Das Papier ist ein Hammer“, sagt Joachim Gerbing vom Fachverband für Kinder und Jugendarbeit. Die Argumente seien sehr holzschnittartig. „Es ist nicht so, dass alle Kinder mobil sind oder in die Ganztagsschule gehen.“
Noch haben erst 36 der 54 Stadtteilschulen mit dem Ganztagsbetrieb begonnen. Weitere sollen folgen. Doch Ganztagsschulen entstehen nicht auf Knopfdruck. Die meisten Schulen starten anfangs mit den Klassen fünf und sechs und nehmen dann jedes Jahr eine Klassenstufe hinzu. Deswegen wird es nicht vor 2018 ein Nachmittagsangebot für alle geben. Darüber hinaus plant selbst die Schulbehörde, dass nur die Hälfte der Grundschulkinder die dortige Ganztagsbetreuung nutzen. Kinder nicht-berufstätiger Eltern, so Gerbing, bräuchten weiter ein offenes Angebot. Zudem bräuchten auch ältere Kinder noch außerhalb der Schule „einen Freiraum“. Auch hätten sich große Jugendhäuser nicht bewährt.
Nur reine Gedankenspiele
Die GAL-Politikerin Christiane Blömeke wirft der SPD gar vor, sie wolle „Kinder- und Jugendarbeit zerschlagen“. Diese sei kein bloßes Anhängsel der Schule. „Der kleine Jugendtreff um die Ecke, wo man sich nach der Schule und am Wochenende trifft, wäre Geschichte“, sagt sie. Es sei praxisfern, zu denken, dass 14-Jährige von Duvenstedt nach Wandsbek-Markt mit der U-Bahn zum Großraum-Jugendclub fahren.
Das Papier sei „reines Diskussionspapier für die Bezirksplaner, um Möglichkeiten der OKJA aufzuzeigen“, sagt Sozialbehörden-Sprecher Oliver Klessmann. Die Zahlen seien nur „Gedankenspiele“. Mehr als die 10-Prozent-Kürzung sei nicht geplant.
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