Neue Snowden-Enthüllungen: NSA hört die Bahamas ab
Sämtliche Telefon-Gespräche auf den Bahamas wurden überwacht. Der Zugriff erfolgte unter dem Deckmantel der Drogenbekämpfung.
BERLIN taz | Eine Piraterie der ganz anderen Art dürfte Captain-Jack-Sparrow-Darsteller Johnny Depp widerfahren sein. Der hatte sich nach dem Dreh von „Fluch der Karibik 2“ eine eigene Bahama-Insel zugelegt. Und nun wurde bekannt, dass die NSA jedes Telefongespräch, das auf den Bahamas geführt wird, abfängt und für einen Monat lang abspeichert. Das berichten Ryan Devereaux, Glenn Greenwald und Laura Poitras auf ihrer Webseite The Intercept, auf der sie die Enthüllungen auf Basis der Snowden-Unterlagen fortführen.
Der Zugang zum Telefonnetzwerk der Bahamas sei in Kooperation mit der US-Drogenfahndung, der Drug Enforcement Administration (DEA), beschafft worden. Die DEA hat im Rahmen der Bekämpfung von „internationalem Drogenhandel und Sonderfällen von Schmuggelaktivitäten“ die Erlaubnis der Behörden, einzelne Individuen zu überwachen. Dies geht noch auf eine Anordnung aus der Reagan-Ära zurück.
Dass diese gesetzlichen Überwachungsschnittstellen ebenso von der NSA genutzt würden, sei Staaten, die der DEA diese Möglichkeit einräumen, nicht klar gewesen. Das belegt in dem Bericht von Intercept ein Dokument der Sicherheitsbehörde.
Die Total-Überwachung des Inselstaates läuft unter dem Code-Namen SOMALGET und ist Teil des Programms MYSTIC, welches im März diesen Jahres die Washington Post öffentlich machte. Dabei wurde bekannt, dass die NSA mindestens ein Land komplett überwacht. Welches Land davon betroffen ist, wurde damals aufgrund „spezifischer und glaubwürdiger Bedenken, dass dies zu Gewalt führen könnte“ nicht veröffentlicht.
Außerdem sollen von weiteren Ländern Metadaten über Telefongespräche gesammelt worden sein, darunter von Mexiko, Kenia und den Philippinen. Mystic existiert seit 2009 und wurde erstmals 2011 eingesetzt.
Von den Bahamas gehe laut eines Berichts des US-Innenministeriums keine Terrorismus-Gefahr aus. Ein ausschlaggebender Grund für die vollständige Überwachung der Kommunikation könnte darin liegen, dass die Bahamas mit rund 370.000 Einwohnern relativ überschaubar sind. Neue Überwachungssysteme ließen sich hier gut testen, um sie später auf größere Länder übertragen zu können.
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