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Neue SchriftartSchreiben mit Holzpantoffeln

Hamburg führt bald die "Grundschrift" ein. Lehrer brauchen Nachhilfe und Schüler erfinden sich ihre Handschrift selbst. Eine Polemik.

Als ob Schreiben nicht schon schwierig genug wäre. Bild: dapd

Mal ehrlich: Würden Sie in Holzpantoffeln zu einem Wettlauf antreten? Dumme Frage. Etwas vergleichbar Dummes aber wird zurzeit für das schulische Lernen vorgeschlagen und ist kurz davor, auf politischem Wege verwirklicht zu werden. Ohne Politik ist heute ohnehin keine Pädagogik mehr zu machen, das sei am Rande vermerkt.

Die zähe Lobbyarbeit eines in Frankfurt ansässigen Interessenverbandes beginnt Früchte zu tragen: Der Grundschulverband hat erreicht, dass in Hamburg ab dem kommenden Schuljahr eine neue Retortenschrift für den Schreibunterricht zugelassen wird: die "Grundschrift".

Druck- und Schreibschrift?

Um der zu erwartenden Kritik den Wind aus den Segeln zu nehmen, kleben die Frankfurter der Verkaufspackung nun ein vom Inhalt ablenkendes Etikett auf. Die "Grundschrift" sei keine Druckschrift, sondern eine Schreibschrift. So vernimmt man - und staunt. Denn eine Druck- und Schreibschrift, die gibt es bislang nicht. Aber der Reihe nach.

Hamburgs Schüler dürfen sich glücklich schätzen. Denn sie befinden sich in derselben Lage wie Sportler, denen man Holzpantinen verordnet, weil man damit schneller und besser läuft als mit Turnschuhen. Die Druckschrift ist für die Hand ungefähr dasselbe, was der Holzpantoffel für den Fuß ist. Man schreibt nicht mehr fließend, man druckt gewissermaßen. Wer kennt das nicht: Beim Schreiben längerer Texte in Druckschrift verkrampfen sich die Finger lautlos.

Der Vorsitzende des Grundschulverbandes, Horst Bartnitzky, wirbt für die neue Schrift wie folgt: "Damit Kinder besser schreiben lernen!" Es folgt das Versprechen, Kinder würden "eine flüssige und lesbare Handschrift entwickeln - die Schrift, die sie in Schule, Ausbildung und Beruf brauchen". Wir dürfen daraus den Schluss ziehen, dass Schüler auch künftig in der Lage sein sollen, Texte gewandt und flott mit der Hand zu schreiben, weil dies nach wie vor zu den Voraussetzungen für den Eintritt ins Berufsleben gehört.

Suppe mit Gabel löffeln

Wenn der Clown auf der Bühne versucht, mit der Gabel Suppe zu essen, dann lachen wir ihn aus. Keine Gabel wird zu einem Löffel, auch wenn diese noch so oft in die Suppe getunkt worden ist. Das gilt auch für die Druckschrift. Sie bleibt eine Druckschrift, sogar noch dann, wenn in Hamburg einmal alle Schulkinder die Druckbuchstaben mit der Hand schreiben sollten.

Die Druckschrift ist die ideale Schrift zum Zwecke des Lernens der Buchstaben. Und sie ist zugleich die Grundlage mechanischen Druckens. Für die Hand aber gibt es die Schreibschrift. Deren Buchstabengestalt hat sich im Verlaufe der Schriftgeschichte allmählich ökonomisch geformt. Miteinander verbundene Buchstaben erwiesen sich als bestgeeignetes Medium für handgeschriebene Texte.

Schreibschrift ermöglicht fließendes, schnelles Schreiben. Schreibschrift ist keine Druckschrift, sie besitzt andere Buchstabenformen. Wenn ein Interessenverband der gutmütigen Kundschaft die Einzellettern der Druckschrift als Handschrift verkaufen will, ist dies schon mehr als Dummheit - es ist Chuzpe aus wirtschaftlichem Interesse.

Offensichtlich hat man im Grundschulverband von Anfang an befürchtet, dass die Abschaffung der Schreibschrift bei Eltern und Lehrern auf heftige Ablehnung stoßen würde. Den Beleg dafür liefert der ehemalige Vorsitzende des Grundschulverbandes, Bartnitzky: "Da der Begriff ,Druckschrift' gemeinhin mit dem Vorgang des Druckens verbunden wird, suchten wir einen anderen Begriff für die handgeschriebenen Druckbuchstaben. Es sollte die grundlegende Funktion als erste Schreibschrift deutlich machen sowie den Charakter als Ausgangsschrift für die Entwicklung einer individuellen Handschrift. Wir wählten den Begriff Grundschrift." Deswegen hat der Grundschulverband auch vorgesorgt: Materialpakete mit den handgeschriebenen Druckvorlagen werden zum Preis von 39 Euro feilgeboten.

Nichtunterricht

Während für die Schulkinder alle möglichen Freiheiten gelten, sollen sich deren Lehrer nach einer strengen Norm richten. Die Lehrpersonen bekommen quasi die Instruktion, die exakten Buchstabenformen sowie eine ökonomische Schreibbewegung keinesfalls zu unterrichten. Das klingt wie Nichtunterricht der allerfeinsten Sorte! Jede Einmischung in den Lernprozess der Kinder beeinträchtige nämlich den Lernerfolg. Grobe pädagogische Fehler seien zum Beispiel das Vorgeben der Schreibrichtung oder das Verwenden von Linien als Hilfe zum Einüben der unterschiedlichen Größenverhältnisse bei Buchstabenformen. Auf liniertes Papier könne verzichtet werden, denn ganz frei, ganz ungebunden entwickle sich die ideale Handschrift! Ein "vorbildliches" Ergebnis dieses Antiunterrichts ist, fotografisch festgehalten, auf der Homepage des Grundschulverbands zu bewundern. Interessierte können es dort abrufen.

Kinder "entdecken" jetzt neben der individuellen Orthografie auch die eigene Schrift. Offensichtlich sind Schrift und Orthografie genetisch verankert. Die guten Anlagen entfalten sich dann am besten, wenn wir die Kinder dabei nur nicht behindern. Wir müssen uns darauf einrichten, dass es bald viele individuelle Schriften geben wird. Das Ziel dieser lebendigen Vielfalt wird umso rascher erreicht, wenn beim Erstunterricht jedem Schüler freigestellt ist, auf welche Weise er einen Buchstaben schreiben möchte. Ob von oben nach unten oder von unten nach oben, ob von rechts nach links oder von links nach rechts, all das spielt keine Rolle. Hauptsache, man kann es lesen.

Aber gerade da sind Zweifel angebracht. Die "Schreibbewegung von links nach rechts" wird zwar nicht vorgeschrieben, dennoch sei ihr der Vorrang zu geben, da sich in unserer Schriftkultur diese Schreibrichtung nun einmal etabliert habe. "Es ist also hilfreich, wo immer es geht, die Schreibbewegung von links nach rechts zu wählen", sagt Bartnitzky. "Ein Beispiel: Beim kleinen a oder d könnte zuerst rechts der Abstrich geschrieben, dann nach links der Bauch ergänzt werden."

Handschrift selbst finden

Man darf davon ausgehen, dass sich die von der Kinderhand auf Papier hinterlassenen Buchstaben zu lustigen Haufen zusammenballen, die an alle möglichen Fantasiegebilde erinnern, bloß nicht an Schrift. Ob es intelligenten Kindern Spaß macht, wenn sie schreiben sollen, wie sie möchten, ist mehr als fraglich. Kinder haben den Wunsch zu lernen, wie man es richtig macht. Die Zurückhaltung der Erwachsenen werden sie als Gleichgültigkeit interpretieren und damit den Eindruck gewinnen, dass die Schreib- und Lesekunst nicht wichtig und daher wertlos sei. Schriftkultur muss gepflegt werden, sonst verfällt sie. Wir dürfen die Kunst des Schreibens unseren Kindern nicht vorenthalten nach dem fragwürdigen Motto: Erfindet doch eure Handschrift selbst!

Der Grundschulverband stellt die Behauptung auf, die Schreibschrift sei "historisch überholt" (Bartnitzky). Was eher "historisch überholt" sein könnte, sind Einrichtungen, deren Gründung zeitlich etwa 40 Jahre zurückdatiert. Der Grundschulverband besitzt weder ein demokratisches Mandat, noch haben seine Mitglieder das Recht, im Namen der Allgemeinheit zu sprechen. Wer unsere Schreibschrift einseitig für "historisch überholt" bezeichnet, muss dafür bessere Gründe anführen als jene fadenscheinigen Behauptungen, die die handfesten Sonderinteressen nur dürftig verbergen.

Bei genauem Hinsehen wird deutlich, dass die traditionelle Schreibschrift der flächendeckenden und lukrativen Vermarktung des eigenen Schriftproduktes im Wege steht. Sollte die "Grundschrift" tatsächlich die bessere Alternative sein, dann wird sie sich im freien Wettbewerb auf dem pädagogischen Markt behaupten, ohne dafür steuergeldfinanzierte Werbemaßnahmen ergreifen und die Politik als Erfüllungsgehilfe einspannen zu müssen. Pädagogische Probleme können nur mit pädagogischen Mitteln gelöst werden, nicht aber mit politischen! Die fortlaufenden Verstöße gegen diesen Grundsatz sind Hauptursache für die dauernden Unruhen an den Schulen und den daraus resultierenden Leistungsverfall im Lesen, Schreiben und Rechnen.

Nachhilfe für Lehrer

Ein Lehrer könnte sich nun zu Recht fragen: "Wozu soll ich 39 Euro ausgeben für Druckschriftvorlagen, da es doch gut eingeführte, kostenlose Schuldruckschriften gibt, für deren Gebrauch keine Schulung nötig ist?" Soll er die private Sammlung teuer bezahlter Unterlagen wegwerfen und sich für eine üppige Summe mit neuem Material eindecken müssen? Wozu persönliche Zeit opfern für Fortbildung einzig zu dem Zweck, dem Geheimnis einer handgeschriebenen Druckschrift auf die Spur zu kommen? Was soll die Schriftenverwirrung? Wollte der Grundschulverband denn nicht genau dieser an den Kragen gehen? "Schluss mit dem Schriftenwirrwar!", tönt es aus Frankfurt. Und als Maßnahme wird just das getan, was man beklagt: Man vergrößert die Verwirrung und fügt zu den bereits bestehenden Schriften eine weitere hinzu.

Ich bezweifle, ob hinreichend klar ist, was auf die Schule zukommt, wenn wir dem Projekt "Grundschrift" vorschnell unser Wohlwollen schenken. Man sollte sich intensiv mit dieser neuen Schrift auseinandersetzen, bevor sie gänzlich das Terrain erobert: Den Fuß hat sie bereits in der Hamburger Tür. Aktuelle Umfragen haben erwartungsgemäß gezeigt, dass knapp 90 Prozent der Befragten gegen die neue Druckschrift sind und für die Beibehaltung der Schreibschrift votieren. Wie die Erfahrung zeigt, werden politische Entscheidungen in vielen gesellschaftlichen Bereichen zunehmend gegen den erklärten Willen der Betroffenen durchgeboxt. Bereits lange ehe überhaupt öffentliche Diskussionen geführt werden, sind hinter den Kulissen Geschäfte angebahnt und Verträge geschlossen worden.

Die Autorin ist ehemalige Lehrerin und Verlegerin.

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26 Kommentare

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  • S
    Sue

    Wie arm doch die Kinder in anderen Ländern der Erde z.B. Großbritannien sind, die nur und ausschließlich eine 'Druckschrift' ähnlich der Grundschrift lernen.

    Und ich muss sagen, obwohl ich in der Schule zuerst Schreibschrift schreiben gelernt habe - und die Druckschrift nur das 'Abfallprodukt des Lesen lernens war, schreibe ich heute weitestgehend eine Druckschrift - und bin damit bestimmt nicht langsamer als jemand, der schön brav seine Buchstaben verbindet.

     

    Da werden Hühner scheu gemacht, von Leuten, die die Pädagogik der letzten Jahre wenig bis kaum mitbekommen zu haben scheinen und über den Tellerrand (möglichst der "schönen lateinischen Ausgangsschrift") nicht rüberschauen können, weils halt schon immer so war und besser war und ... Ja, früher war alles besser, sicher doch.

  • CR
    Christiane Raffauf

    Herzlichen Dank an die taz für diesen herausragenden Artikel.

    Man muss kein Hellseher sein, um vorauszusehen, dass sich nach Einführung der "Grundschrift", die soziale Schere an deutschen Schulen weiter öffnen wird. Eltern, die die frühe Beherrschung der Schreibschrift für wichtig oder unerläßlich erachten, werden diese ihren Kindern dann außerhalb öffentlicher Schulen - Ballettunterricht vergleichbar - zukommen lassen.

     

    Das entscheidende Argument für die frühe Vermittlung der Schreibschrift wird sonderbarerweise in der vehementen Diskussion pro und contra Grundschrift- kaum genannt. Komplexe Bewegungsabläufe, zu denen das Erlernen der Schreibschrift (wie Klavierspielen oder Autofahren) zweifellos gehört, bedürfen eines Vorbildes und korrigierenden Vermittlers. Anders ist es nicht möglich, dass sich diese Abläufe in den entsprechenden Arealen des Gehirns (prämotorische Areale, Basalganglien, Kleinhirn) verläßlich speichern können.

    Ohne Übung würde jeder einzelne Ablauf mit jedem Durchlauf neu konstruiert, ohne jemals auf Erfahrungen zurückgreifen zu können.

    Gerade dieser motorische Anteil des Schreibens drückt sich ja im Wort Orthographie aus: das richtig geschriebene Wort fließt nach entsprechender Anleitung und Übung ohne schwieriges Überlegen aus der Feder.

    Auch das Argument, heute würde weniger per Hand als per Tastatur geschrieben, ist nicht richtig: die Handschrift wird zum Erlernen der Orthographie unmittelbar benötigt. Später kann dann eine Transformation auf die Bewegungen beim Tastaturschreiben erfolgen. Eine unmittelbare Vermittlung der Tastaturbewegungen mitsamt Vermittlung der Orthographie gelingt nicht.

    Außer Acht gelassen wird die Ursache der getrennten Entwicklung von Druck- und Schreibschrift: Lesen und Schreiben sind keinsfalls angeborene Fähigkeiten, sondern der Mensch bedient sich seines ererbten optischen und motorischen Systems, um diesem die Kulturtechniken Lesen und Schreiben gleichsam überzustülpen. Das menschliche Auge mit dem Erbe der Spurensuche reagiert besser auf klar abgetrennte geometrische Zeichen, daher bevorzugen wir Druckschrift zum Lesen, wohingegen die Hand ineinanderübergehende Bewegungsabläufe wie bei der Schreibschrift bevorzugt.

    Zu befürchten ist, dass diese kommerziell getriggerte Bewegung im pseudofürsorglichen Mäntelchen bei Erfolg nur eines zur Folge haben wird: die Analphabetenrate noch zu erhöhen.

  • A
    Angestellter

    Schrift mit dem Stift? Wozu wenn man eine schöne qwertz-Tastatur und ein Diktiergerät hat? Mal ehrlich: Wer schreibt heute noch seitenweise mit der Hand?? Und die 10 Zeilen im Monat welche man schreibt bilden doch immer wieder eine interessante Herausforderung an den interpretierenden Intellekt des Lesenden.

  • FH
    Frank Hahn

    Schwierige Meinungsfindung

     

    Das Schwierige an der ganzen Diskussion ist, dass man - als Nichtlehrer und interessiertes Nochnichtelternteil von Kindern im Grundschulalter - nicht so richtig sehen kann, wie denn diese geschriebenen Schriften aussehen sollen. Da wäre mal eine ordentlich Grafik sinnvoll. Auch erfährt man in der Polemik nicht, worin denn die wirtschaftlichen Interessen der Grundschriftbefürworter liegen sollen; dazu habe ich in der vergangenen Woche in einem guten analytischen FAZ-Artikel allenfalls Hinweise gefunden. Dass nämlich Verlage davon profitieren, wenn sämtliche Materialien neu gedruckt und gekauft werden müssen.

     

    Das mag ein Indiz auf eine Interessenverquickung sein - ein Argument für oder wider gegen eine Neuerung ist es aber noch nicht. Vielleicht ist die Grundschrift sinnvoll, vielleicht nicht - für mich lässt sich das noch nicht entscheiden. Verdächtig finde ich aber, wenn es heißt, dass man auf grafische Normen verzichten will? Was soll das? Ohne grafische Namen werden doch die Schriften beliebig - und - beispielsweise bei Zahlen - wird aus einer Eins schnell eine Sieben. Das kann doch nicht sein! Haben die Lehrer nur keine Lust, den Kindern eine ordentliche Schrift beizubringen - oder sind manche Schnörkel in der Schreibschrift wirklich anachronistisch? Darüber hätte ich gern mehr Aufklärung.

     

    Zur Überforderung der Schüler kann ich nur sagen: Ich habe in meiner Grundschulzeit zu DDR-Zeiten 4 Schriften gelernt: Druck- und Schreibschrift Latein ab der 1. Klasse (wobei die Schreibschrift wohl die verschnörkelte war, wie sie im Westen gelehrt wurde und wird; bitte Aufklärung!) sowie Druck und Schreibschrift Kyrillisch (für die russische Sprache) ab der 3. Klasse. Obwohl ich ganz sicher nicht der Feinmotoriker bin, kann ich mich nicht an größere Probleme damit erinnern. Auch kenne ich Leute, deren Kinder heute mehrere Schriften gleichzeitig von klein auf lernen: Latein und Kyrillisch, Latein und Hebräisch. Das geht alles: Man muss den Kindern nur etwas zutrauen und sie durch Fordern fördern!

     

    Fazit: Ich weiß nicht, welche Schrift die bessere ist. Was ich weiß, ist nur: Nicht jede Norm mag sinnvoll sein, aber ohne Normen geht es nicht!

     

    PS. Obwohl ich einen Computer und Drucker habe und auch ganz gut tippen kann, schreibe ich noch heute Briefe (auch an Behörden) mit der Hand - weil es für mich schneller geht. Die Grundlage dafür wurde in meiner Grundschulzeit gelegt. Möge dies auch heutigen Schülergenerationen widerfahren!

  • AA
    ab ab

    Bedauernswert, was die taz hier macht. Nach dem wiederholten Auftritt von Ute Andresen als Kritikerin hat die taz/Christian Füller lange gebraucht, eine weitere Person zu finden. Nun ist es ihr gelungen. Im Prinzip gut so: Soll ein Vorschlag, der die Grundschrift ist, doch diskutiert werden, aber bitte nicht einseitig und nicht uninformiert.

     

    Einseitig ist die taz, durch die Wahl der Autorinnen, einseitig ist aber auch Frau Karin Pfeiffer-Stolz und uninformiert - oder absichtsvoll irreführend?!

     

    Wieder - für Menschen, die sonst mit dem Thema nichts zu tun haben – eine Klarstellung:

    - Es gibt Druckschrift (zum Drucken bzw. am PC verwendet) und

    - Handschrift.

    Es geht bei der Grundschrift nicht um die Abschaffung der Handschrift, wie es in vielen Kommentaren in diversen Zeitungen und Netblogs heißt, sondern darum, die Verbindungen der Buchstaben aus der Druckform zu entwickel.

     

    Die Kinder sollen also weiter mit der Hand schreiben. Dies unterstützt, so sehen es Experten, so sehen es auch Ute Andresen und der Grundschulverband, den Start in die Welt der Schriftsprache.

     

    Auch die Nutzung einer Handschrift, die aussieht wie "Druckschrift", zu Beginn dieses Prozesses ist weitgehend unumstritten, zumindest unter den Experten. Manche versuchen damit Geld zu machen (handgeschriebene Druckschrift bei Ute Andresen*), andere nicht.

     

    Was bei vielen Lehrerinnen und auch bei Ute Andresen auf diese "Druckschrift" folgt, ist eine Normschrift (in Deutschland die Lateinische oder Vereinfachte Ausgangsschrift oder die Schulausgangsschrift). Doch das Ziel der schulischen Arbeit ist nicht das Beherrschen einer solchen Normschrift, sondern das Ausprägen einer flüssigen, gut lesbaren individuellen Handschrift. So fordert es seit langem die Kultusministerkonferenz, so steht es in allen Lehrplänen.

     

    Wenn der Satz des Artikels stimmt, dass "Wir [...] uns darauf einrichten [müssen], dass es bald viele individuelle Schriften geben wird", dann wird verkannt, dass dies nicht neu ist. Und wenn diese nicht gut lesbar waren/ sind, dann liegt das daran, dass bislang schlecht gearbeitet wurde. Davon gehe ich nicht aus und schließe eben auf Unwissenheit oder absichtsvolle Fehldarstellung. "Gymnasien" (so heißt es immer wieder) beklagen derzeit (also vor einer möglichen Einführung der Grundschrift) oftmals ein schlechtes Schriftbild der Schüler. Woran liegt es? Dass andere Inhalte den Raum, der früher für "Schönschrift" vorhanden war, eingenommen haben? Dass die Schreibschriften ein Problem sind? Ungeklärt.

     

    Die Grundschrift versucht aus dem Dreischritt (geschriebene Druckschrift - Normschrift - Entwicklung der individuellen, flüssigen und gut lesbaren Handschrift) einen Schritt zu machen. Die Kinder werden mit dem Modell einer einfachen (Grund-)Schrift dabei begleitet "?) diese Schrift zu entwickeln (ist das "Nichtunterricht. Das machen sie mit Sprüngen, Absetzern, Pausen... so wie es routinierte und erfolgreiche Schreiber/-innen auch heute tun. So liest man es beim Grundschulverband und es hört sich plausibel an. Zeit gewinnen, die Kinder bei der Findung der eigenen Handschrift zu unterstützen!

     

    Der "Mangel an Studien" kann immer beklagt werden. Es sollten aber zumindest die positiven Befunde für einen Anfang mit der Druckschrift schon in den 1950er und 1960er Jahren zur Kentnnis genommen werden. Insofern ist umgekehrt eine Überlegenheit der standardisierten Schreibschrift bisher nicht nachweisbar . Spannend wäre zu erfahren, wie eine neue Vergleichsstudie angelegt sein sollte. Freiwillige vor!

     

    Schließlich zum *: Es ist natürlich völlig in Ordnung: Frau Andresen hat eine Schrift "erfunden" (die handgeschriebene Druckschrift) und nicht nur Zeit, Wissen und Engagement sondern vermutlich auch Geld in deren Entwicklung gesteckt, sodass man nun etwas zahlen muss, wenn man damit arbeiten will.

    Ihr nun (allein) ökonomische Absichten zu unterstellen, passt in Andresens und auch Karin Pfeiffer-Stolz' taz-Texte, ist aber nicht seriös...

  • MW
    Markus Wurster

    Die Polemik von Pfeiffer-Stolz erlaubt eigentlich keine argumentative Auseinandersetzung. Eine Antwort darauf ist zunächst leider nur eine Richtigstellung. Die wesentlichen Sachdarstellungen in dem Artikel sind falsch.

     

    Die Grundthese lautet: Die Schreibschrift würde abgeschafft.

    Das ist aber falsch und deshalb sind alle weiteren Polemiken auch falsch.

     

    Das Gegenteil ist richtig:

     

    1.

    Behauptung: Die Druckschrift sei nicht zum Schreiben da ("Suppe und Gabel")

     

    Pfeiffer-Stolz differenziert nicht einmal die elementarsten Termini.

    Das Neue am Konzept ist eine "Grundschrift", nicht eine "Druckschrift". Die Druckschrift (1) ist unsere gesetzte Schrift zum Lesen. Die Grundschrift (2) ist neu entworfen, weil sie sich an die überall präsente gedruckte Schrift anlehnt und den Kindern schnell das Werkzeug an die Hand gibt, selbst zu schreiben. Der Clou an der Grundschrift ist, dass sie eine Brücke zur späteren eigenen Handschrift, der "Schreibschrift" (3) schlägt.

    Wer zum Thema "Grundschrift" etwas beitragen will, aber diese drei Begriffe nicht unterscheiden und darlegen will, müsste mindestens erklären, warum er dies nicht möchte.

     

    2.

    Behauptung: Den Schülern würde verordnet, nur noch in Druckschrift zu schreiben

     

    Fast alle Kinder in Deutschland lernen seit Jahrzehnten zu Beginn die Druckschrift. Das Problem ist, dass es tatsächlich eine "Druck"-Schrift in Form einer Groteskschrift ist, die von Maschinen gemacht wird und nicht sehr sinnvoll als Handschrift taugt. Die verbundene Schreibschrift ist dann ein zweiter Schritt im Lernprozess, bei dem man ganz bewusst die bisherigen gelernten Buchstabenformen beim Schreiben beiseite lässt und eine gänzlich neue Schrift ("Ausgangsschrift") lernen muss.

    Das neue Konzept schlägt eine "Grundschrift" vor, die zwar ebenfalls aus getrennten Buchstaben besteht, die sich aber im Prozess der individuellen Schriftentwicklung dazu anbietet, dass man diese Urformen weiterverwendet, indem man die einzelnen Buchstaben sehr einfach flüssig verbinden kann.

     

    3.

    Behauptung: Nichtunterricht – Verbot von Unterricht

     

    Das Konzept der Grundschrift geht einher mit einer neuen, verstärkten ästhetischen Sensibilisierung. Die Vertreter habe sich viel Mühe gegeben, konkrete Vorschläge dazu zu machen. Der Prozess soll entlastet werden von grafischen Normen. Dafür kann der individuelle Lernprozess im andauernden Gespräch mit dem Lehrer und den Mitschülern viel persönlicher, ernsthafter und selbstbewusster werden. "Schriftgespräche" ist das Stichwort.

    Beliebig ist die Schriftentwicklung dennoch nicht. Die Grundschrift ist durchdacht entworfen. Es bieten sich "natürliche" Bewegungsabläufe, Formen und Verbindungen an. Der Unterricht hat ein Ziel - die eigene Handschrift, mit der man selbst gut leben kann. Das gilt es zu üben und zu reflektieren.

     

    4.

    Behauptung: Schreckgespenst Schriftwirrwarr

     

    Wollen wir unsere Handschriften einmal vergleichen? Keine gleicht der anderen. Das ist in Ordnung. Ein Problem gibt es, wenn die Schriften nicht mehr lesbar sind oder sich die Schreibenden mit ihrer eigenen Schrift nicht wohl fühlen. Es ist das überall offenkundige Unbehagen an der fehlenden Lesbarkeit und des fehlenden Charakters der Handschriften, die zum Neudenken der Schriftdidaktik geführt haben. Die Chance der Grundschrift liegt in der leichteren Erlernbarkeit, der besseren Lesbarkeit und der persönlicheren Ausprägung.

     

    5.

    Behauptung: Fehlende Wertschätzung von Schriftkultur

     

    Leichtere Lernbarkeit, individuellere Formen, ästhetische Sensibilisierung, von Normen entlastete Angebote etc. schaffen den Raum, sich Schrift wirklich indivuell anzueignen, mit Schrift zu experimentieren, Alternativen auszuprobieren und über all das ernsthaft zu reden.

     

    6.

    Behauptung: Der Grundschulverband halte die Schreibschrift für überholt

     

    Der Grundschulverband setzt sich mit den bisherigen, streng genormten Ausgangsschriften auseinander und hält diesen (normierten) Ansatz für überholt. Eine Schreibschrift bleibt das Ziel.

    Pfeiffer-Stolz kennt bestimmt diese jahrelange Diskussion, verdreht die Aussage aber um 180 Grad.

     

    7.

    Behauptung: Die Umstellung sei ökonomisch und vom Arbeitsaufwand her unzumutbar

     

    39 Euro kostet die Kartei, die für eine ganze Gruppe ausreicht. Wem das zuviel ist, kann das Material selbst herunterladen und ausdrucken. Andere Arbeitshefte (Verlagshefte - Pfeiffer Stolz ist Verlegerin) im Klassensatz werden nicht mehr vorausgesetzt.

    Ich musste als Lehrer vor Jahren meine Materialien sämtlich umändern, als bei uns die Vereinfachte Ausgangsschrift statt der Lateinischen Ausgangsschrift eingeführt wurde. Jetzt, wo ich Lust auf eine Umstellung im Sinne der Grundschrift habe, gehe ich das ganz gelassen an. Ich verzichte ja auf die Normierung und die Vorgabe, dass die Schüler genau wie die Vorlage schreiben müssen. Schüler, die sich an älteren Schriftvorlagen orientieren, tun nichts Falsches. Das Neue an meinem Schriftangebot werden sie trotzdem wahrnehmen und ich freue mich auf ein gelasseneres, aber intensiveres Gespräch über mögliche Lernschritte auf dem Weg zur Schrift.

     

    8.

    Behauptung: Die Bevölkerung sei gegen eine Umstellung

     

    Wen wundert es, bei solchen Presseartikeln? Meine Erfahrung beim Elternabend zum Thema ist trotzdem entgegengesetzt. Eltern und Lehrer erinnern sich an ihre eigenen schmerzhaften Erfarungen und können Lust auf neue Ideen haben!

     

     

    Zur TAZ-Pressearbeit:

     

    Es ist euer Verdienst, dass ihr der "Grande Dame" der Grundschulpädagogik, Ute Andresen, hier mehrfach ein Forum für ihre Kritik am Konzept "Grundschrift" gegeben habt. Ihre These ist, dass die Antwort auf das empirische Unbehagen an der Schriftdidaktik darin liegt, dem Schreibenlernen mehr Gewicht zu geben; für das Üben mehr Zeit und Mühe aufzuwenden.

     

    Damit kann man sich argumentativ auseinandersetzen und sich trotzdem bewusst für einen anderen Weg entscheiden. Die Vertreter der Grundschrift stellen nämlich selbstkritisch fest, dass wir Lehrer diesem Anspruch aus gutem Grunde nicht genügen können. Unsere Bildungsaufgaben und -ziele sind zu viele, die aber alle ihre klare Berechtigung haben. Wir haben nicht beliebig viel Zeit für ein ineffektives Schreibenlernen. Wir können unsere Erfahrungen reflektieren und - wissenschaftlich begleitet - bessere Wege erfinden.

     

    Die Polemik von Pfeiffer-Stolz gehört zum Schlechtesten, was ich in der TAZ gelesen habe.

    Euer Kommentar zu einem anderen Leserkommentar ist: "Ansonsten legen wir Wert darauf, dass die taz Raum gibt für viele Meinungen, wenn sie gut begründet sind." So schätzt ihr diesen Beitrag ein? Polemiken könnten so anregend sein, wenn sie die sachliche Ebene durch Originalität übertreffen. Pfeiffer-Stolz betreibt eine Pseudo-Aufklärung über politische und wirtschaftliche Interessen und scheitert daran, den Sachverhalt auch nur ansatzweise korrekt zu beschreiben.

     

    Markus Wurster

  • A
    Augenblickmal

    Ich habe 2 Kinder, die eine hat vor 4 Jahren die Schreibschrift gelernt und der Sohn hat vor einem halben Jahr die Schreibschrift gelernt. Schon in diesem kurzen Zeitabstand haben beide eine unterschiedliche Schreibschrift gelernt. Die neue Schreibschrift ist einfach nur schrecklich. Da sieht das kleine "t" wie frühere das große "A" aus. Beide Kinder hatten verkrampfte Finger und haben die Schreibschrift gehasst. Man muss sich die Situation vor Auge führen. Zuerst lernt man in der 1. Klasse Lesen dann die Druckschrift und gleich dahinter die Schreibschrift. Das ist oft eine Überforderung, da viele Kinder die Druckschrift nicht mal ordentlich lesen oder gar schreiben können. Der bildungsfernen Haushalt hat hier mal wieder das Nachsehen. Ich habe mich bei den Hausaufgaben im still immer gefragt, warum die Schreibschrift eigentlich gelernt werden muss? Später schreibt doch kaum jemand in Schreibschrift. Im Bussiness-Bereich sieht das schon etwas kindlich aus, wenn man eine Notiz, die länger als ein Satz ist, in Schulschreibschrift schreibt. Und was wird später aus der unter Mühen gelernten Schreibschrift: eine Saukralle – oder man geht zu einer Mischung aus Druck und Schreibschrift über (siehe der neuste Vorschlag - um den ja hier geht). Es ist ja keine Vorschrift, die neue Schrift zu lernen. Die damalige CDU-Regierung (ohne die Grünen) hatte schon vor langer Zeit die Abschaffung der Schreibschrift beschlossen - ohne Aufschrei. Nun ist die Druck/Schreibschrift nur in den Kanon der möglichen Schriften mit aufgenommen worden - mehr nicht. Die Kultur geht davon nicht unter.

  • DW
    Dominik Wagner

    Vielleicht wäre es sinnvoll gewesen, zu erwähnen, dass Frau Pfeiffer-Stolz keine Journalistin ist, sondern Geschäftsführerin eines Verlages für Schulmedien, die sich nach eigener Aussage von den "schnell wechselnden Moden in der Schullandschaft" unbeeindruckt lässt.

    So trat Sie zum Beispiel auch als entschiedene Gegnerin der Rechtschreibreform auf und gab das in einem Interview mit der rechten Zeitung "Junge Freiheit" kund (http://www.jf-archiv.de/archiv04/344yy08.htm)

    Das dürfte wahrscheinlich auch die kruden Thesen und verwirrte Argumentation in diesem Artikel erklären.

     

    Liebe Taz, überlegen Sie doch bitte, wem Sie sich als Sprachrohr zu Verfügung stellen.

     

    ***Anmerkung der Redaktion: Sie haben recht, man muss erwähnen, dass die Frau Verlegerin ist. Dieser Hinweis war im Text ursprünglich auch vorhanden – und ist aufgrund einer Panne verloren gegangen. Danke für den Hinweis. Ansonsten legen wir Wert darauf, dass die taz Raum gibt für viele Meinungen, wenn sie denn gut begründet sind.

  • BS
    bernd schneider

    Der Artikel/die Polemik ist aus zwei Gründen ärgerlich:

    1. Er versäumt es, dem nicht informierten Leser einige Grundinformationen zu geben: Was ist diese Grundschrift genau? Wie lautet die Begründung ihrer Befürworter? Der Artikel suggeriert, dass ihre Einführung nur auf die erfolgreiche Lobbyarbeit einer kleinen Organisation zurückzuführen sei.

    2. Er missachtet den verschwindenden Gebrauch und die Bedeutung der Handschrift. Außer bei staatlichen Prüfungen (Klassenarbeiten, Abitur etc.), und dies auch nur noch aus Kostengründen, wird nämlich gerade nicht mehr eine Handschrift benötigt. Der nächste logische Schritt wird nämlich die Benutzung des Laptops bereits in der Grundschule sein. Klassenräume, die damit komplett ausgestattet sind, gibt es bereits, Schulen, die einen Laptop verbindlich von allen Schülern/innen verlangen, ebenfalls. Der Kampf für die Handschrift, auch wenn es für eine solche gute Gründe geben sollte, ist doch bereits verloren. Wann hat die Autorin, oder der/die Leserin dieser Zeilen, ihren/seinen letzten handschriftlichen Brief geschrieben?

  • T
    Tipper

    Mich würde es nicht überraschen, wenn sich später herausstellt, dass die ganze Aktion von Apple, Microsoft oder irgendeinem anderen Unternehmen der digitalen Welt gesponsert wurde, das davon profitiert, dass die neue Generation die umständliche Druckschreiberei sein lässt und die Tipparbeit einer "echten" Tastatur überlässt. Mein Sohn krakelt die so modern erlernte Schrift jedenfalls ziemlich umständlich aufs Papier und ich frage mich immer wieder, wie die Lehrerin nur die vielen "individuellen" Schriften entziffern kann.

  • RS
    Ramses S

    Alles was ich an Schreibproben der Grundschrift gesehen habe entspricht exakt meiner Handschrift und die bezeichne ich sehr wohl als Druckschrift (keine Normschrift - das wäre wirklich verkrampft)

    Aber Kinder müssen die Ausahl haben. Nur weil eine Druckschrift besser lesbar ist heißt dies noch lange nicht das sie für alle die bessere Lösung ist.

    Und ganz nebenbei - warum muss eine neu Schrift eingeführt werden wenn es die doch schon gibt?

  • E
    Enrico

    Der Artikel ist Tatsächlich nichts weiter als Polemik. Substanz findet man nur homöopathischen Mengen.

    btw: Ich schreibe seit ca. der 8. Klasse (das ist ca. 14 Jahre her) nur noch in "Druckschrift", komme hervorragend zurecht und tue jedem, der es lesen muss, einen großen Gefallen damit. Ich bin da bei weitem auch keine Ausnahme in meinem Umfeld und keiner von denen ist Legastheniker, hat eine verkrüppelte Hand oder sonstiges.

  • HL
    Hauke Laging

    Auch eine Polemik kann – und soll! – niveauvoll sein. Dieser Text krankt an zwei großen Problemen:

     

    1) "die Kunst des Schreibens" ist keine typografische / kalligafische, großes Missverständnis. Die Bedeutung der Handschrift befindet sich im freien Fall. Wenn die heutigen Grundschüler die Schule verlassen, wird kaum noch etwas übrig sein, mal abgesehen vom privaten Bereich.

     

    2) Die wirklich spannende Frage ist, ob die Kinder diese Druckschrift schneller schreiben lernen. Ich vermute das (weil sie im Alltag von Druckschrift umgeben sind), bin auf dem Gebiet aber nicht kompetent. Als Autor sollte man sich in dieser Frage entweder fundiert äußern oder auf den Artikel verzichten. Sachkenntnis durch Motzerei zu ersetzen löst nämlich allenfalls Mitleid aus.

     

    Der Gipfel ist natürlich die Huldigung des Stillstands. Wo kämen wir denn noch hin, wenn Verbesserungsprozesse alleine schon deshalb abgelehnt werden könnten, weil sie kurzzeitig den Aufwand erhöhen? Welche Schulreform wäre unter diesem Paradigma noch vorstellbar? Oder sind Anfangshürden akzeptabel, wenn das Ziel im Sinne der Autorin ist?

  • L
    Lothar

    Das ist jetzt etwa der dreihundertste taz-Artikel hierzu, und alle waren sie reaktionaer, nach dem Motto, weg mit dem neumodischen Unsinn, wir wollen unterrichten wie bisher! Was reitet Euch denn da? Der Grundschulverband ist nicht irgendwer, und der Verzicht auf sinnlos Vorgaben ist genau die Richtung, in die Schule sich entwickeln muss, wenn sie zukunftsfaehig bleiben will. Es ist eine der wenigen Entwicklungen, die in der Schule in die richtige Richtung gehen, wo sonst nur noch Kontrolle und Standardisierung herrschen. Dieser Artikel haette auch in der FAZ stehen koennen. Und zwar 1960.

  • I
    ich

    Es wundert mich nicht, daß Hamburg inzwischen zu einer verfassungswidrigen Experementieranstalt verkommen ist.

     

    Wer Sientology duldet, muß damit rechnen, daß die Mitglieder massive versuchen werden, mit allen Mitteln, Deutschland zu "cleanen", d.h., nach amerikanischen Muster umzugestalten, also gegen die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland. Gefördert wird es durch die in Hamburg ansässige, kaufmännische Tradition: Geld regiert.

    Wer Mitarbeiter in Rententrägern, Bezirksämtern, Krankenkassen, Finanzämtern, Polizei, kfm. Leitungen/Buchhaltungen von Niedriglöhnern aus privaten Dienstleistern ersetzt und sich dann noch völlig abhängig von einem zentralen Callcenter "eine Nummer für alle" macht, gibt sämtliche staatliche Kontrolle an diese ab. Und Menschen, die im Monat 400-600 Euro verdienen, werden von anderen Leuten bezahlt, die andere Interessen haben, die diese Menschen von sich abhängig machen:

    daher gibt es eine dänische, rechtpopulistische Partei, die fordert, Schleswig Holstein soll Dänemark angegliedert werden (Sientology ist dort völlig akzeptiert als Kirche und kann dort schon längst in der politischen Welt angekommen, mit Holand, als einzige Länder im europäischen Raum), dann muß eine Rechtschreibreform in Deutschland her, weil, dann gefälschte Pisa-Studien, in dem die Schulen in Deutschland die Kinder nach amerikanischen Mustern verblöden läßt (hier zählt nur die Statistik, nicht die Bildung der Kinder), denn, Deutsche sind besser gebildet, als Amerikaner und daher weniger beeinflußbar, daher muß eine neue Generation herangezüchtet werden, die genauso das eigene Denken verlernt hat, wie die amerikanische. Die Druckschrift ist ebenalls aus Amerika entlehnt: dort lernen Kinder schreiben mit Druckschrift, nicht schreibschrift. Wir werden langsam übernommen, auf die sanfte Art. Schritt für Schritt. Es geht hier nicht um die Masche, die im Vordergrund steht. Davon hat sich Sientology verabschiedet: Ihre Kirche und Ihre Frontmasche wird in Deutschland aufgegeben: nein, sie positionieren Ihre Menschen mit falschen Lebensläufen, falschen Pässen und Geburtsurkunden:

    diese Meschen sind alle in Deutschhland geboren, sprechen akzentfreies Deutsch, haben aber alle etwas gemeinsam: sie kommen aus der Kaderschmiede dieser Organisation und sind seit 10 Jahren getrimmt worden. Meistens erscheint hier und da plötzlich ein jung dynamischer Politiker, egal welcher Partei und selbst die Leute in der Partei sagen, ööh, kenn ich nicht, woher kommt der? Im PC steht alles drin, ja, das kann man beliebig eingeben und schon glaubt es einer. In Hamburg jedenfalls kommt jetzt die amerikanische Druckschrift. In Hamburg gibt es als einziges Bundesland plötzlich Bescheid im Sozialwesen, die mehr als verfassungswidrig ist. Die Jobcenter erstellen plötzlich Bescheide, die dem Sozialgeld in Amerika gleichen. Und keiner redet mit dem anderen. Klingt verrückt? Stellen Sie doch mal einen Antrag auf Rente beim Rententräger Nord. Mal sehen, was Ihnen da zugesendet wird. Haben Sie schon mal einen Rentenbescheid über 10,00 Euro monatlich gesehen? Nein? Fragen Sie mal über 150.000 Neurentner aus dem Jahre 2010 denen das passiert ist. Haben Sie mal das Callcenter der HEK Hamburg angerufen? Sie erhalten dort Auskünfte wie: natürlich bekommen Sie jetzt Privatrechnungen von Ihren Ärzten, wenn Sie staatlich versichtert sind. Das ist die Gesundheitsreform: sie müssen als Pflichterversicherter Ihren Pflichtteil bezahlen, wir bezahlen nur 10%, der Rest ist Privatzuzahlung: ein Mitglied der HEK Hamburg erhielt nachweislich eine Artzrechnung über einen Arztbesuch: er hatte sich den Arm gebrochen und war zuerst beim Hausarzt, dann beim Unfallarzt und jetzt kam die Rechnung. Er ist durch das Jobcenter Hamburg pflichtversichert. Die Auskunft am Telefon: wenn Sie zum Bäcker gehen und Brötchen kaufen wollen, müssen Sie die auch bezahlen. Es gibt keine Brötchen umsonst. Also, wer so argumentiert, als Krankenkasse, der hat die Methode Sientology verinnerlicht: alles kostet und muß bezahlt werden. Amerikanern leutet das ein. Wir lesen Gesetze, verstehen Sie und wissen um unsere Recht. Daher muß eine neue Generation herankommen, die das nicht mehr kann. Idioten regiert man besser. Allerdings greifen Idioten mit Halbwissen auch schneller zum Gewehr und werden aggressiv. Daher muß man alle überwachen, meinetwegen mit dem Vorwand Terrorgefahr, und dann weiß man, was alle so treiben und kann die Idioten in Schach halten. In den Gefängnissen der USA gibt es auch richtig Geld zu verdienen: die arbeiten umsonst und die Produkte werden verkauft. Also muß jetzt eine Reform des Strafrechts folgen, wenn man weiter denkt. Ich warte auf nächsten Monat, da ein Bundestagsabgeordneter der CDU, den kein Mensch vorher je gehört und gesehen hat, Hartz IV abschaffen will, für das Bürgergeld, haben wir diesen Schritt bereits aktuell in der Presse. Dann haben wir das Sozialsystem der USA, jetzt kommt die Strafrechtsreform.

    Danke fürs Zuhören, naja, Irre kann man ja im Internet sein. Ich versichere, ich erschieße niemanden.

  • WB
    Wilhelm Bergner

    Wenn inhaltliche Argumente fehlen, muss die Keule Profit her. Der Grundschulverband hat die Grundschrift also nur entwickelt, damit er (?) damit Geld verdienen kann. Soso. Und weil dieses Argument vielleicht doch noch nicht alle zu Grundschriftgegnern macht, die den Beitrag lesen und die Behauptungen glauben, schiebt die Autorin auch gleich noch die Meinung der Bevölkerung nach, die die Schreibschrift überwiegend nicht abschaffen will. Aber damit verhält es sich wie mit der Rechtschreibreform. Wie haben ihre Gegner - ganz vorne mit dabei die Autorin - dagegen gewettert! Und die Mehrheit der Bumdesbürger wollte ebenfalls keine neue Rechtscheibung. Kein Wunder - wer schafft schon gerne etwas ab, das er unter Schweiß und Tränen gelernt hat und nun einigermaßen beherrscht? Heute kräht kein Hahn mehr nach der alten Rechtschreibung. Mit der Schrift wird es ähnlich gehen. Sprechen wir uns in zehn Jahren wieder!

  • T
    Tanja

    Völlig polemischer und unsachlicher Artikel. Schulschreibschriften haben genausowenig mit individueller Handschrift zu tun als Druckschriften, deshalb verkrampfen sich alle Schüler, denen die vorgegebenen Handschrift nicht liegt. Selbst Kalligrafen bringen ihre Persönlichkeit in jede Schrift ein. Bei Handschriften gibt es nun mal kein richtig und falsch, lernen kann man nur eine standardisierte Schrift, naheliegend ist die Druckschrift, weil man sie sowieso zum Lesen braucht. Daraus entwickelt sich die Handschrift automatisch durch das immer schnellere Schreiben. Man "versaut" den Kindern ihre Handschrift indem sie in Zwänge gepackt werden. Schreiben ist nicht nur Feinmotorik sondern Ausdruck der Seele. Hier in Deutschland soll alles standardisiert werden, das geht zum Glück nicht. Buchstabenformen der Druckschrift lernen und dann eine individuelle Handschrift selbst entwickeln hat sich schon bewährt aber unsere Pädagogen wissen wieder alles besser anstatt mal über die Grenzen zu schauen.

  • M
    manni.baum

    " 90 % sind gegen die Schreibweise" das sollte bei der taz ( Auflage 56000 gegenüber Bildzeitung 2,9 Millionen ) nicht unbedingt ein Argument sein.

  • R
    Rainer

    Eine flüssige und lesbare Handschrift, die sich für längere Texte eignet, besitzen nur die wenigsten Menschen. Sehr oft gilt: je flüssiger, desto unlesbarer.

     

    Um eine gut lesbare Handschrift zu erreichen, müssen die Vertikalen betont werden. Der Drang, schnell schreiben zu wollen, führt eher zum Gegenteil, die horizontalen Elemente der Schrift dominieren, die vertikalen schleifen sich ab, heraus kommt eine fadenartige, schwer lesbare Schrift.

     

    Es ist daher tatsächlich so, dass eine Schreibschrift aus einzelnen, locker verbundenen Druckbuchstaben ein besserer Ausgangspunkt ist, um eine flott schreibbare und dennoch gut lesbare individuelle Handschrift zu entwickeln.

     

    Dass mit der lateinischen Schreibschrift auch etwas verloren geht, ist keine Frage. Das Schriftbild, das durch den harmonischen und dynamischen schwungvollen Wechsel von Horizontalen und Vertikalen entsteht, dient dem Ausdruck der Persönlichkeit und ist ein wertvolles Kulturgut. Dennoch ist die Frage berechtigt, ob diese Form des Schreibens Pflichtprogramm bleiben soll. Es wird ja auch kein Kind gezwungen, ein Musikinstrument zu erlernen. Ich fände es nicht abwegig, Schreibschrift und ein wenig Kalligraphie als Teil des Kunstunterrichts anzubieten.

  • A
    Alex/andra

    Mmmh. Also, die Theorie des Artikels hört sich irgendwie nach einem klassischen, theoretischen, pädagogischen Gedankenkonzept an.

    Deswegen anbei ein Bericht aus der PRAXIS:

     

    Wir haben hier in NRW seit einigen Jahren das Prinzip "Erst Druckschrift, dann Schreibschrift".

    Das funktioniert im allgemeinen gut, sowohl bei meiner Tochter (9) als auch ihren Klassenkameradinnen.

     

    Die Druckschrift ist leichter zu lernen. Punkt.

    Man darf auch nicht vergessen, wie motivierend es für die Kids sein kann, wenn sie -Dank Nutzung der Druckschrift- relativ früh und einfach Zeitungsartikel usw. lesen können. Denn die sind ja schliesslich auch gedruckt.

     

    Die Kinder müssen ja in den ersten beiden Klassen nicht "fließend" lange Geschichten schreiben. Den meisten gelingt der Wechsel zur Schreibschrift dann auch recht gut. Und eine eigene Handschrift kann man im Laufe der Jahre noch entwickeln.

  • F
    frustriert

    danke für diesen guten Artikel...langsam reichts irgendwie..wir züchten uns selbst die erfolglosigkeit heran...mein sohn zb wusste bis zum schreibunterricht nicht, das von links nach rechts gelesen wird...da es damals keine vorschulerziehung in kita gab und er ganztägig betreut wurde, hatte er einfach ertsmal technische schwierigkeiten in schule...wenn jetzt den kindern das selbstverständliche nicht klar gemacht wird züchten wir uns schulfrustrierte kinder..vielleicht sollte man schreiben ganz sein lassen und nur noch die tastaturen auf smartphones für den unterricht nutzen..

  • A
    Apfelsaft

    Ich hoffe doch sehr, daß einer der zuständigen Politiker diesen Text liest.

    Es ist eine Frechheit, daß eine Lobby in der Lage ist, die Bildung unserer Kinder auf solche Weise zu beeinflussen.

  • JM
    Jules Mari

    Ganz schwach.

    Einfach platte Metaphern aneinanderreihen macht noch keinen guten Artikel...

    Schade.

    • C
      Christian
      @Jules Mari:

      Amüsanterweise vertreibt die Autorin die gleiche Polemik auch über ihren Verlag, nur halt dort statt in Zeitungsartikeln in den Texten ihrer "Schreib-Trainer" für Schüler die gerade das schreiben erlernen. Hilft sicherlich, wenn sich ein Achtjähriger erst einmal eine Polemik gegen die neue Rechtschreibung durchlesen muss, bis er dann dazu kommt, wie man nun ein a richtig macht.

  • KB
    Kay Brockmann

    "Also mal ehrlich", das ist schon sehr polemisch; ich kenne keinen Erwachsenen, der reine Schreibschrift schreibt, weil ihm nämlich das irgendwann zu langsam war. Und (auch etwas polemisch): vielleicht können wir dann in 35 Jahren die Arztnotizen endlich lesen! Oder auch sehr wahrscheinlich: die Kulturtechnik Schreiben hat in Zukunft überhaupt nicht mehr die Bedeutung von heute, weil andere Kulturtechniken wichtiger geworden sind?

    Kay

  • U
    Ulfi

    "Schreibschrift ist keine Druckschrift"

    Ach? Diese Erkenntnis hat soeben mein Weltbild erweitert.

    ---

    Ich sehe gerade das Problem des Artikels nicht. Auch meine erste Schrift waren die guten alten Druckbuchstaben, die Schreibschrift kam erst in der 3. oder 4. Klasse.Ich kann diese Reihenfolge auch nachvollziehen, denn die Schreibschrift ist schwieriger zu erlernen als die Druckschrift.

     

    Es ist auch nicht ganz so Pädagogisch abwegig, die Kinder so wenig wie möglich beim Schreiben zu stören. Ich erinnere mich noch gut an den Frust den ich mit dem "r" hatte, weil der Haken meiner Lehrerin nicht Schnörkelig genug war. Das ist kein wirklich gutes Lernklima. unabhängig davon wird sich wohl bei allen Kindern über die Zeit die ökonomischste Schreibweise einstellen.