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Neue Sammlungsbewegung in Frankreich„Libération“-Chef geht in die Politik

Laurent Joffrin verlässt die Zeitung. Er will eine „soziale, ökologische und republikanische“ Sammlungsbewegung für das linke Lager gründen – gegen Macron.

Kann schreiben, will Politik: Laurent Joffrin Foto: Eric Fougere/VIP Images/Corbis/getty images

Paris taz | Bei der französischen „Schwesterzeitung“ der taz, Libération, ist alles in Bewegung. Die finanzielle Unabhängigkeit wird in Zukunft durch eine Stiftung garantiert. Der bisherige Chef, Laurent Joffrin (68), überlässt die Führung dem neuen Generaldirektor Denis Olivennes.

Das aber ist nicht alles: Überraschend hat Joffrin am Donnerstagabend der versammelten Redaktion mitgeteilt, dass er die Zeitung verlässt. Er wechselt vom Journalismus in die politische Arena. Er hat sich als ehrgeiziges Ziel vorgenommen, die heute gespaltene und desorientierte Linke mit einer „sozialen, ökologischen und republikanischen“ Sammlungsbewegung zu reorganisieren. Nur so, glaubt er, hat das linke Lager eine Chance, 2022 bei den Präsidentschaftswahlen ein deprimierendes Remake einer Stichwahl Emmanuel Macron kontra die rechte Marine Le Pen zu vermeiden – und stattdessen selber zu gewinnen und die Geschicke des Landes zu bestimmen.

Neuer Chefredakteur soll laut Medieninformationen Dov Alfon werden. Dieser war von 2008 bis 2011 Korrespondent von Ha’aretz in Paris und leitete die renommierte israelische Zeitung zuletzt als Chefredakteur.

Am Montag möchte Joffrin in einer Medienkonferenz mehr zu seinem Projekt sagen, das angeblich bereits die Unterstützung von rund hundert Intellektuellen, ExpertInnen und bekannten VertreterInnen von Vereinigungen bekommen hat. Nicht zu den Erstunterzeichnern des Appells zu einer Neugründung der französischen Linken gehören dagegen vorerst Exponenten der linken Parteien. Parallel dazu publiziert Joffrin ein neues Buch mit dem programmatischen Titel „Anti-Macron“. Darin sind zahlreiche Kommentare aufgeführt, die namentlich die Politik, den Stil und die Pläne des derzeitigen Staatspräsidenten und seiner Partei „La République en marche“ kritisieren.

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2 Kommentare

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  • das ist seit seit langer zeit die beste nachricht aus frankreich.möge er viel erfolg haben.die vorrausetzungen dafür sind gegeben.

  • Die wievielte linke "Sammlungsbewegung" in Frankreich ist das dann mittlerweile? Die linken Parteien selbst scheinen darauf auch nicht angesprungen zu sein. Wenn etwas in Frankreich wohl eher zuverlässig ist, dann wohl die Spaltung auf der linken Seite und das egomanische Auftreten immer neuer Personen, die die Linke "einigen" wollen, und doch nur eine neue Splitterströmung gründen. Bei den Kommunalwahlen hat es mit realen Bündnissen oft geklappt, oft unter Führung der französischen Grünen, die sich gegenwärtig wohl als stärkste Kraft im linken Lager etablieren konnten, aber auch mit Unabhängigen (Marseille) oder Sozialisten (Paris). In unserer Partnerstadt Aubervillier, einer Stadt in der Pariser Banlieu, haben sich zwei jeweils kommunistisch geführte Listen dagegen aus persönlichen Eitelkeiten heraus so gut gegenseitig bekriegt, dass eine rechtsliberale UDI-Liste mit relativer Mehrheit erstmals seit dem 2.Weltkrieg gewinnen konnte. Ich empfehle der französischen linken Politik weniger Narzismus, sondern mehr Pragmatismus.