Neue Regeln im US-Kongress: Wutschnaubende Republikaner
Der US-Senat schafft die Sperrminorität für Personalentscheidungen fast vollständig ab. Oppositionelle Blockaden werden schwerer.

WASHINGTON taz | Nach jahrelanger Blockadepolitik hat der US-Senat am Donnerstag eine kleine Revolution organisiert: Die Kammer hat – für alle Personalentscheidungen mit Ausnahme der Bestätigung von Richtern zum Obersten Gerichtshof – das „Filibuster-System“ abgeschafft. Künftig reicht in manchen Fällen die einfache Mehrheit (51 der 100 Stimmen) aus, um im Senat zu einer Entscheidung zu kommen.
Präsident Barack Obama reagierte erleichtert. Der systematische Obstruktionismus sei „nicht im Sinne der Gründerväter“ gewesen, sagte er Donnerstag Abend im Weißen Haus. Die RepublikanerInnen schnauben vor Wut. Und sie drohen den DemokratInnen an, dass sie die Entscheidung schon bald „bereuen“ werden.
„Filibuster“ ist eine Besonderheit im Senat der USA. Dabei können SenatorInnen eine Abstimmung mit langen – und manchmal nächtelangen – Reden verzögern oder verhindern. Nur eine „Supermehrheit“ von 60 der insgesamt 100 Abgeordneten kann ein Ende der Debatte und Abstimmung beschließen und damit die Blockade beenden.
Das „Filibustern“ existiert seit mehr als zwei Jahrhunderten im US-Senat. Theoretisch soll es die Minderheit in der Kammer schützen. De fakto haben die RepublikanerInnen es seit Beginn der Obama-Regierung zu systematischen Blockaden genutzt.
„Filibuster” werden nicht mehr die Regel sein
Von den insgesamt 168 „Filibusters“ der US-Geschichte haben mehr als die Hälfte in den vergangenen fünf Jahren stattgefunden. Unter anderem hat dieses Filibustern verhindert, dass die Gesundheitsreform eine staatliche Versicherung enthält, dass es zu einer effektiveren Schusswaffenkontrolle kommt und dass eine Schadstoffkontrolle zum Klimaschutz eingeführt wird.
Bei Personalentscheidungen haben die RepublikanerInnen besonders viel filibustert. Unter anderem haben sie Obamas Kandidatin für die Verbraucherschutzagentur, die linke Demokratin Elisabeth Warren, verhindert. Und haben sie sogar gedroht, jemanden aus ihren eigenen Reihen, den Republikaner Chuck Hagel, zu verhindern, als Obama ihn zum Verteidigungsminister nominierte.
Die parzielle Abschaffung des „Filibuster“ vom Donnerstag betrifft nur Personalentscheidungen für die Regierung und die meisten Gerichte. Hingegen betrifft sie nicht die künftige Besetzung des Obersten Gerichtes und auch nicht künftige Abstimmungen über Gesetze, wie es linke DemokratInnen verlangen.
Der Chef der demokratischen Fraktion im Senat, Harry Reid, erklärt, dass er dafür keine Mehrheit in seiner eigenen Fraktion habe. Am Donnerstag stimmten 52 Abgeordnete für und 48 gegen die Reform. Unter letzteren waren auch drei Demokraten vom rechten Parteiflügel.
Auslöser für die Reform im Senat war die seit Wochen anhaltende Blockade der Entscheidung über drei von Präsident Obama nominierte RichterInnen für das Bundesberufungsgericht. Gegenwärtig hat das Gericht, das in Streitfällen über die Politik der Bundesbehörden eingeschaltet wird, eine konservative Mehrheit.
Die Rache der RepublikanerInnen könnte schon im November 2014 kommen. Dann könnten die DemokratInnen bei den Halbzeitwahlen ihre Mehrheit im Senat verlieren.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!