piwik no script img

"Neue Rechte"Merkels General unter Beschuss

Politiker von Linkspartei, Grünen und SPD kritisieren den hochrangigen Kanzlerberater Erich Vad, der für eine Zeitschrift der "Neuen Rechten" geschrieben hat.

Merkels Berater Erich Vad über Carl Schmitt. Bild: screenshot/montage sezession.de

BERLIN taz | Der oberste militärische Berater im Kanzleramt, Erich Vad, wird von der Opposition heftig attackiert. "Wenn solche Positionen leitend für die Sicherheitspolitik des Kanzleramtes werden sollten, dann ist Alarmstufe Rot geboten", sagte der Linken-Bundestagsabgeordnete Jan Korte.

Zuvor war bekannt geworden, dass Vad im Jahr 2003 für eine Zeitschrift der "Neuen Rechten" geschrieben hat: die Sezession, Sprachrohr des Instituts für Staatspolitik. Die "Neue Rechte" gilt als Strömung, die eine "Scharnierfunktion" zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus einnimmt. Zudem referierte Vad 2003 bei der Winterakademie des Instituts für Staatspolitik, das damals noch vom Verfassungsschutz beobachtet wurde. Der NRW-Verfassungsschutz erwähnte es in seinem im Frühjahr 2003 veröffentlichten Bericht im Kapitel "Rechtsextremismus".

Der angesehene CDU-Mann Vad hatte der taz gesagt, von einer zeitweisen Beobachtung des Instituts durch den Verfassungsschutz nichts gewusst zu haben. "Aus heutiger Sicht würde ich es nicht mehr machen", sagte er. Der Opposition reicht das nicht. "Herr Vad hat sich offensichtlich in rechten Dunstkreisen bewegt", sagte Grünen-Verteidigungspolitiker Omid Nouripour. "Wenn ihm dies damals tatsächlich nicht klar war, muss er sich heute deutlicher distanzieren. Bleibt es bei seiner lauen Rechtfertigung, ist die Kanzlerin mit Vad nicht gut beraten."

Irritiert ist man in der Opposition auch über die Inhalte, die Vad vertreten hat. In seinem Aufsatz für die Sezession vom April 2003 schreibt er: Nach dem 11. September 2001 habe sich "die Handlungsunfähigkeit einer nachbürgerlichen politischen Klasse gezeigt, deren Weltbild sich primär aus reeducation, aus den erstarrten Ritualen der Vergangenheitsbewältigung und Achtundsechziger-Mythologie speist". Als Gegenmittel gegen "diese geistigen Verirrungen" empfiehlt Vad die Ideen Carl Schmitts, der vielen als "Kronjurist" der Nationalsozialisten gilt.

"Es ist mehr als bedenklich, dass die Bundeskanzlerin sich Personen wie Erich Vad als enge Berater sucht und protegiert", sagte Juso-Chefin Franziska Drohsel. "Er hat nicht nur mit Protagonisten des neurechten Lagers zusammengearbeitet, sondern auch Positionen vertreten, die an der humanistischen und demokratischen Gesinnung zweifeln lassen."

Zumindest bemerkenswert ist auch eine von Vad verfasste Buchrezession, die 2000 in der Zeitschrift Europäische Sicherheit erschien. Dort beklagt Vad das "negative und verengte Bild von der Wehrmacht", das in der Debatte um die Ausstellung zu den Verbrechen der Wehrmacht entstanden sei. Vads Fazit: "Die Wehrmacht war eine Massenarmee mit über 17 Millionen Soldaten, die in der Mehrzahl sicherlich eher aus patriotischer Verpflichtung, als aus ideologisch-weltanschaulichen oder am aller wenigsten aus verbrecherischen Motiven heraus handelten." Vad leitet seit 2007 die Gruppe 22 im Kanzleramt und ist unter anderem zuständig für den Bundessicherheitsrat. Ursprünglich sollte er zum 1. April das Zentrum für Verifikationsaufgaben der Bundeswehr übernehmen. Um Vad im Kanzleramt zu halten, lässt Merkel ihn nun zum Brigadegeneral befördern. Einen General gab es auf diesem Posten zuletzt unter Helmut Schmidt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • B
    Bernd

    GÄHN... Landtagswahl in NRW und jetzt spielt natürlich die taz das Spiel der GRÜNEN Opposition.

     

    Wieviel Politiker geben dem linken "Freitag" und der "taz" ein Interview? Aha, da ist nichts dagegen einzuwenden.

     

    Wenn man ganz links auf der (politischen) Bank sitzt ist aus diesem Blickwinkel eben ALLES andere "rechts".

     

    Möchte die taz nicht nur als Propaganda Blatt der Linken sondern als seriöse, alternative Zeitung wahrgenommen werden, wäre es hilfreich künftig die Begriffe "links", "linksextrem", "rechts", "rechtsextrem" sauber zu unterscheiden. Zum Beispiel ist die SPD der eigenen Definition nach "links" und die CDU/CSU konservativ oder eben "rechts". Hier wird versucht den politischen Begriff "rechts" mit "rechtsextrem" gleichzusetzen und damit die demokratischen rechten Parteien im Parlament (CDU/CSU) zu diffamieren.

     

    Zwar "adelt" die Beobachtung durch den Verfassungsschutz nicht zwingend jede Zeitung oder politische Vereinigung. Ich möchte hier dann aber auch daran erinnern, daß die Partei die LINKE (ehemals PDS/SED) nach wie vor vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

     

    Und beobachtet heißt eben beobachten (einem Verdacht nachgehen), aber eben nicht die (Vor-)Verurteilung, daß diejenige Zeitung oder politsche Vereinigung zwingend verfassungsfeindlich IST !

     

    http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Linke#Beobachtung_durch_den_Verfassungsschutz

  • KK
    Karl K

    Kanzlerin-Berater Erich Vad - ganz im Sinne von Schäuble ein Ludendorf II. oder ein neuer Bluthund Noske ?(vgl.Sebastian Haffner Der Verrat):

    Jusofrau läßt zweifeln,Grüner möchte bitte, bitte in bourgoiser Tradition - nur ja nicht schwarz-grün in NRW gefährden - eine deutlichere Distanzierung.

    Was aber gibt es da zu distanzieren?

    Muß man ein Ei erst aufessen, um festzustellen, dass es faul ist?

    Vad´s geistiger Ziehvater Carl Schmitt ließ z.B. den großen Völkerrechtler und Vater des modernen Völkerrechts Hans Kelsen - der den damals immer noch Priv.Doz. Carl Schmitt an die Kölner Uni geholt hatte – anschließend als Juden rauszuschmeißen. Und hintertrieb - selber wie u.a. Martin Heidegger, E.R.Huber,Karl Larenz mit Lehrverbot bedacht, dessen Rückkehr auf einen Lehrstuhl in der BRD nach 45, während Herrn Larenz sein Lehrstuhl "freigehalten" wurde bis sein Lehrverbot "auslief".

    Die FR - ehe sie Herrn Neven-Dumont zur Verarbeitung in eine Fisch-Einwickel-Gazette in die Hände fiel - hatte aus gegebenen Anlaß eine Seite DOKUMENTATION: Druckt doch "Der Führer schützt das Recht" ab - das schafft Klarheit und läßt keine Frage unbeantwortet.

  • W
    Wütend

    Ein Sturm im Wasserglas - genau so ist es. Die übliche Empörung...gähn. Kann diese eifernde Franziska Drohsel nicht mal abtreten? Wer geht denn da noch freiwillig zu den Jusos? Warum ist es denn von der Kanzlerin "mehr als bedenklich"? Ist die Kanzlerin jetzt auch schon "rechts"? Mann oh Mann, das ist ja wie in der McCarthy-Ära, nur halt andersrum. Überall Gesinnungswächter, Denunziantentum und Moralapostel. Wenn wir uns zurecht Demokratie nennen wollen, müssen wir uns eben an links und rechts (nicht extremistisch!) gewöhnen. Oder eine linke Gesinnungsdiktatur einführen, das wäre wohl vielen die liebste Alternative. Bloß: So einfach unbedarfte Kritik herauskrähen geht dann sicher nicht mehr so einfach.

  • KM
    Kommt mal vom hohen moralischen Roß runter

    Ausgerechnet Frau Drohsel sollte sich bedeckt halten; von ihr steht nämlich noch immer eine Distanzierung von ihrer Mitgliedschaft in der Roten Hilfe aus, die sie bekanntlich nur höchst widerwillig beendet hat. Und apropos Scharnierfunktion: Wie ist eigentlich eine Zeitung einzustufen, die auch schon RAF-Bekennerschreiben veröffentlicht hat und in neuerer Zeit u.a. Brandstifter interviewt?

    Dagegen sind die Anwürfe im Artikel nichts als Lapalien.

  • U
    Unbequemer

    Wenn die linkspopulistische Linkspartei sich um unsere Demokratie sorgt, dann weiß man schon ohne weitere Information, daß das NUR im Rechten Bereich sein kann. Kritische Distanz zu "linken" Chaoten, Gewaltanwendern und "Rattenfängern" kann man da nicht erwarten.

     

    Und Frau Drohsel: Was sich in deren Windschatten bewegt, das ist auch öfters nicht mit der klassischen Definition von Rechtsstaat zu vereinbaren. Diese Dame besitzt genauso politische Schlagseite wie die, die sie bekämpft.

     

    Und wenn ich "Scharnierfunktion" schon höre: Das ist doch der Versuch, alles nichtlinke zu diffamieren. Mehr ist es nicht.

  • C
    claudia

    Der rechte Mann am rechten Ort.

    So wie der Heckler&Koch-Vertreter Kauder halt auch.

     

    Vielleicht muß man am Ort etwas ändern, dann kann der Mann gehen...

  • L
    Luftschloss

    Die Wehrmacht mit ihren 17 Millionen Soldaten als eine verbrecherische Organisation zu betiteln ist historisch nicht haltbar, auch nicht wenn ihr vorgehen natürlich lange nicht so sauber war wie es sich man einer wünschen würde. Dieser Satz ist somit problemlos.

    C. Schmitt gilt als eine anerkannte wenn auch zwiespältige Persönlichkeit. Ihn einfach im Giftschrank zu verstecken wie es Linke Politiker und Professoren gerne machen sorgt im Ausland nur für Kopfschütteln.

    Das jemand bei einem Neurechten Blatt schreibt ist auch wenig bedenklich, es schreiben genug Parlamentarier der gemäßigten Linken bei mehr als obskuren Linken Blättern, die auch der VS ließt. Trotzdem sind das dann noch lange keine Hardcore Kommunisten!

     

    Also, ruhig Blut!

  • AG
    A. Grech

    Und wo ist das Problem jetzt? Was im Artikel angesprochen wird, ist ja wohl kaum der Rede wert. Ein Sturm im Wasserglas.

  • N
    Name

    egal wo er herkommt...

     

    ein recher linker waere auch doof