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Neue Online-PlattformAutos werden austauschbar

Ein neues Internetportal organisiert privates Carsharing. Wer ein Auto leihen möchte, sucht einen Anbieter in der Nähe. Und die Versicherung ist schon geregelt.

Geht es nach den Initiatoren des Projekts, sollen Privatautos stärker verliehen werden. Bild: dpa

Sie nehmen viel öffentlichen Raum ein und werden selten gebraucht: Untersuchungen haben ergeben, dass private Autos im Schnitt 23 Stunden am Tag nur herumstehen, berichtet der Unternehmer Markus Altenhoff. "Die Auslastung liegt unter 5 Prozent. Das ist erschreckend unwirtschaftlich", so der ehemalige Mitarbeiter von Lufthansa und DB. Zusammen mit Bekannten beschloss er, die Ressource Auto per Internet besser nutzbar zu machen: Die Berliner bauten ein neues Onlineportal auf, über das man private Pkws in der Nähe leihen und verleihen kann.

Am Dienstag wurde die Seite www.nachbarschaftsauto.de freigeschaltet. Wer sein Auto vermieten möchte, legt einfach eine Leihgebühr fest und bietet den Wagen auf der Plattform an. Wer wiederum günstig ein Auto leihen möchte, sichtet das Angebot in seiner Nähe und nimmt Kontakt zum Vermieter auf. Beide schließen dann einen Vertrag miteinander ab.

Für 8,90 Euro pro Tag ist der Wagen haftplicht- und kaskoversichert. "Diese Zusatzversicherung wurde speziell für unser Projekt entwickelt", sagt Altenhoff. Sollte es auf der Straße mal krachen, berühre das nicht die Versicherung des Autoverleihers - und damit auch nicht dessen Schadensfreiheitsrabatt.

Seit September testet das Team von "Nachbarschaftsauto" seine Idee. In Berlin sind bereits 20 Verleiher am Start, bundesweit kommt die Plattform auf rund 50 Anbieter. Die Preise variieren: Sie reichen von 8 Euro Leihgebühr pro Tag für einen Opel Corsa aus Kreuzberg bis zu 70 Euro pro Tag für einen Peugeot aus Schöneberg. Dazu kommen Versicherungskosten und Benzin. Noch nehmen Altenhoff und seine Kollegen kein Geld für die Vermittlung. Nach einer Testphase wollen sie jedoch eine Gebühr von mehreren Euro pro Verleih erheben.

Das Projekt wirbt damit, umweltschonend zu sein. Wenn mehr Leute Auto fahren, ist das zwar nicht im Sinne der Umwelt, räumt Altenhoff ein. "Aber es müssen weniger Autos gebaut werden. Das ist auf jeden Fall ressourcenschonend."

Der Verkehrsclub Deutschland unterstützt das Konzept des privaten Verleihs. Autonutzer dächten so genauer darüber nach, ob sie das Auto überhaupt brauchen, sagt Bundesgeschäftsführerin Kerstin Haarmann. Ein Auto, das im Carsharing genutzt werde, ersetze etwa vier bis zehn Privatautos.

Die kommenden Wochen wollen Markus Altenhoff und Co. dafür verwenden, weitere Pkw-Verleiher für die Plattform zu gewinnen. Die Unternehmer setzen auch darauf, dass das Auto als Statussymbol an Bedeutung verliert. Studien zeigten, dass die emotionale Bindung der Deutschen zu ihrem Pkw nachlasse, sagt Altenhoff. "Gerade von den Jüngeren wird das Auto immer mehr als Gebrauchsgegenstand gesehen. Das kann man dann auch eher verleihen."

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5 Kommentare

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  • R
    Rod

    Ich halte das für Quatsch. Ich lebe inzwischen seit 2 Jahren ohne Auto. Zur Arbeit komme ich mit der S-Bahn, in meinem Kiez komme ich überall mit dem Fahrrad hin. Größere Einkäufe lasse ich mir nach Hause liefern. Die einzige wahre Alternative ist ein komplett autofreies Leben.

  • A
    AndreasC

    Nichts für ungut - aber es gibt modernere Konzepte als Carsharing. Carsharing geistert seit 40 Jahren als Lösungsidee für alle Verkehrsprobleme durch die Lande und ist doch nichts weiter als eine Nische für Gelegenheitsfahrer geblieben. Das Zauberwort zur Lösung der aktuellen Mobilitäts- und Verkehrsprobleme wie Straßenüberlastung, Umweltzerstörung, Resourcenverschwendung und nicht zuletzt Kosten heisst "DYNAMIC RIDESHARING" und wird gegenwärtig von verschiedenen Firmen wie flinc oder der Fraunhofer Gesellschaft (OpenRide) vorangetrieben. Diese Systeme lösen das Kernproblem, indem sie die Personenkapazität der einzelnen Fahrzeuge erhöhen (wozu Carsharing eben nicht taugt). In Deutschland sind jeden Werktag ca. 20 Millionen Berufspendler zweimal mit dem Auto unterwegs. Dabei handelt es sich zu ca. 85% um Alleinfahrer, das sind von 17 von 20 Fahrzeugen! Dieses Potential gewinnbringend zu nutzen, hat sich insbesondere das junge Darmstädter Startup-Unternehmen flinc auf die Fahnen geschrieben. Die Technik dazu ist bestechend einfach. Die "Erfindung" besteht im Wesentlichen darin, bereits bewährte Techniken zusammenzuführen:

     

    1) Smarphone-Apps zur Anmeldung als Fahrer/Mitfahrer

     

    2) Navigationsgeräte für die gemeinsame Fahrt von A->C->D->B

     

    3) zentrales Rechenzentrum für die Vermittlung und Abrechnung

     

    4) Internet Plattform für die Anmeldung u. Einstellung von Präferenzen

     

    Nebenbei wird die erste "social community" gegründet, die nicht mehr rein virtuell funktioniert, d.h. Menschen treffen sich real!

    Wenn man so will, ist das eine Art "Facebook auf Rädern". Im Gegensatz zu den bekannten Mitfahrzentralen entfällt der langwierige Planungs- und Abstimmungsaufwand. Spontane Gesuche und Gebote werden in Echtzeit vom Vermittlungsserver abgeglichen und aufgrund von Strecken-Analysen und Benutzer-Präferenzen bezüglich Sicherheit und Komfort können optimierte Vorschlagslisten erstellt werden. Die gegenseitige Annahme eines Vermittlungsvorschlags führt zu einer automatischen gemeinsamen Navigation. Ein preislich attraktives und bargeldloses Abrechnungssystem sorgt für den Nutzen aller Beteiligten, des Fahrers, des Mitfahrers sowie des Betreibers. Das Prinzip ist bei Ebay längst bekannt und erfolgreich eingeführt. Das mag alles sehr komfortabel klingen. Auf der anderern Seite sind für Berufspendler Kriterien wie Zuverlässigkeit, Komfort, Sicherheit und finanzieller Nutzen unverzichtbare Voraussetzung zur Inanspruchnahme eines solchen Systems. Fazit: die Technik dazu ist reif, aber das allgemeine Bewusstsein muss noch beflügelt werden 8-))

  • J
    JPL

    Ein paar Gedanken zum Carsharing:

     

    Wer Carsharing nutzt, bekommt für jede Fahrt eine separate Rechnung. Fixkosten sind umgelegt auf nutzungsbezogene Kosten und dadurch stärker sichtbar. Das Auto kann nicht einfach so in Anspruch genommen werden, sondern muss gebucht werden. Man macht sich nahezu automatisch mehr Gedanken um die Notwendigkeit der einzelnen Fahrten. Das allein dürfte zu einer geringeren Autonutzung bei Carsharing-Nutzern im Vergleich zu Privatautonnutzern führen.

     

    Dazu kommt, dass sich neue Technologien schneller durchsetzen, weil die Autos ihre Nutzungsphase schneller durchlaufen. Angenommen ein Auto hält 200.000 km, dann wird es bei starker Beanspruchung durch Carsharing schon nach ein paar Jahren gegen ein neues ausgetauscht. Neue Autos sind i.d.R. effizienter als alte (sofern der verminderte Verbrauch für die Fahrleistung nicht sofort wieder in energieschluckende Extras investiert wird).

     

    Ein Problem besteht natürlich darin, dass die kurze Zeitspanne, innerhalb derer die Autos täglich bewegt werden (im Berufsverkehr morgens und nachmittags/abends) für die meisten Nutzer dieselbe ist. Ob mit oder ohne Carsharing, es müssen relativ viele Autos für eine relativ geringe tägliche Nutzungszeit vorgehalten werden. Dem ließe sich evtl. durch Mitnahmeregelungen beikommen, aber es sind sicher noch mehr Lösungen denkbar.

  • R
    Roland

    Und schon ist der Server nicht erreichbar :-/ hab aber noch etwas gefunden: tamyca.de - da gibt's sogar schon richtig viele Autos in ganz DE. Und die Seite ist noch online ;-)

    Bin mal gespannt, wie sich das durchsetzt.

  • P
    Petra

    tolle Idee!!