Neue Landesverbände vom BSW: Verbrenner für Wagenknecht
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit und heftig winkend Richtung CDU: In Bremen und Niedersachsen gründen sich die nächsten BSW-Landesverbände.
Der frischgewählte Bremer Landesvorsitzende Christopher Schulze, der in Oldenburg im Wahlkreisbüro der Sahra-Wagenknecht-Parteichefin Amira Mohamed Ali arbeitet, wies diese Kritik bei der Pressekonferenz im Anschluss der Versammlung zurück. „Insgesamt verstehe ich die Aufregung darüber nicht“, so der 36jährige Sozialwissenschaftler. Viele der Mitglieder würden sich erstmals überhaupt politisch betätigen. „Wir wollten allen eine geschützte Atmosphäre bieten.“
Landes- und kommunalpolitisch sind von den BSWlern in Bremen bislang nur der Parteigeschäftsführer Manfred Steglich und vor allem Cornelia Barth aufgefallen. Insgesamt war Barth elf Jahre Sprecherin des Landesvorstands der Bremer Linkspartei, so lange wie niemand vor ihr. In ihrer letzten Amtszeit hatte sie 2019 den ersten rot-grün-roten Koalitionsvertrag mit ausgehandelt. Bis 2022 half sie der Regierung, der das BSW am Samstag nun den Kampf angesagt hat, mit durch die Corona-Legislatur. In der neuen Partei hat Barth keine Funktion übernommen.
Recht neu im politischen Betrieb ist hingegen Alper Iseri. Der Gründer eines Unternehmens für digitale Dienstleistungen hatte eine Zeitlang ein SPD-Parteibuch. Jetzt bildet Iseri, von 18 Mitgliedern gewählt, zusammen mit Schulze die männliche Doppelspitze des Bremer BSW-Vorstands.
„Pragmatisch“ gegen Klimaaktivist*innen
„Wir haben hier heute Landesverbandbergfest gefeiert“ hatte die Bundesvorsitzende Amira Mohamed Ali das Resultat der Bremer Versammlung zusammengefasst, bevor sie nach Oldenburg weiterreiste. Dort hat die in Hamburg geborene Bundestagsabgeordnete, im zivilen Leben Firmenanwältin eines Automobilzulieferers, ihren Lebensmittelpunkt.
Und dort eröffnete sie denn auch am Sonntag die niedersächsische BSW-Gründungsversammlung mit Attacken auf das „blindwütige Verbrennerverbot“ und das „Heizdiktat“ der Grünen. Nach einer halben Stunde Sitzung war entschieden: Den Landesvorsitz übernimmt nach dem Willen der 50 anwesenden niedersächsischen BSW-Mitglieder Mohamed Alis Lebensgefährte Holger Onken zusammen mit dem Viszeralchirurgen Thorsten Renken aus dem Ammerland.
Der Politikwissenschaftler Onken ist in Oldenburg Vorsitzender der vierköpfigen BSW-Fraktion im Stadtrat. Sie hatten sich bereits am 4. Januar unter das Wagenknecht-Banner begeben – vier Tage, bevor die BSW-Gründung bekannt gegeben wurde. In ihren Reihen sitzt mit Hans Henning Adler ein Veteran der bisher einzigen niedersächsischen Linksfraktion von 2008.
Onken spricht davon, dass man in Oldenburg auch zuvor „einen pragmatischen Kurs“ gepflegt habe. Was das konkret bedeutet? „Bei der Frage, hält man es eher mit denen, die sich auf die Straße kleben, oder mit denen, die deshalb warten müssen, sind wir bei denen, die im Stau stehen“, so seine Ansage.
Dementsprechend verortet der neue Landesvorsitzende Niedersachsens die BSW-Interessenten vom Sozialprofil her „näher an den Unterstützern der CDU als an denen der Linken“.
Anm. d. Red.: In einer früheren Version des Textes stand, dass Christopher Schulze in Berlin als Büroleiter von Amira Mohamed Ali arbeiten würde. Das ist falsch. Christopher Schulze arbeitet in Oldenburg im Wahlkreisbüro von Amira Mohamed Ali. Wir haben den Fehler korrigiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen