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Neue Kritik an Street ViewGoogle scannt rechtswidrig Funknetze

Schon die Panorama-Bilderserien aus geringer Höhe waren umstritten. Nun soll der Internetanbieter auch WLAN-Netze erfasst und gespeichert haben.

Soll auch Funknetze scannen: Googles Street-View-Flotte. Bild: reuters

Hamburg dpa | Neuer Ärger für Googles Kartendienst Street View: Google fotografiere mit seinen Fahrzeugen nicht nur die Umgebung, sondern erfasse auch Funknetze, erklärte der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar am Donnerstag. Nach jüngsten Erkenntnissen seien die Fahrzeuge des Internetanbieters mit Scannern ausgestattet, die drahtlose Datennetze (WLAN) aufspüren und registrieren.

Beim systematischen Scannen vor allem von privaten Haushalten genutzten Netzwerken handele es sich um die Erfassung und Speicherung personenbezogener Daten. Dies sei somit "rechtswidrig". "Das Vorgehen von Google ist nicht akzeptabel", erklärte Caspar. Unternehmens-Sprecher Kay Oberbeck wies die Vorwürfe entschieden zurück.

Öffentlich verfügbare und auch privat betriebene WLAN-Netze werden heute vor allem genutzt, um mobile, ortsbezogene Dienste etwa für Smartphones anzubieten - selbst wenn die Handys keinen GPS-Empfänger haben. Zahlreiche Anwendungen (Apps) für Android-Handys oder Apples iPhone bieten zum Beispiel Informationen wie Sehenswürdigkeiten oder Restaurants in der Nähe des Nutzers an.

Dafür wird zuvor anhand der erfassten Daten der jeweilige Standort des Nutzers ermittelt. Entsprechende Netzdaten erheben etwa Unternehmen wie Skyhook Wireless, die Straßenzüge abfahren und dabei registrieren, welche Funknetze (WLAN) in der Umgebung vorhanden sind. Dabei wählen sich die WLAN-Scanner allerdings nicht in die Netze ein, selbst wenn diese ungeschützt sind.

Bei der Erfassung der Netz-Daten würden allerdings neben dem Verschlüsselungsstatus der Geräte und einer eindeutigen Seriennummer (MAC-Adresse) auch der vom Nutzer vergebene Name der Funkstation (SSID) gespeichert, kritisieren die Datenschützer. Vor allem Privatnutzer würden beim SSID-Namen aber oft ihren Klarnamen oder andere auf sie hinweisende Informationen nutzen.

Damit könne ein Netz konkret den Bewohnern zugeordnet werden. Der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar, schloss sich unterdessen der Kritik an. "Ich bin entsetzt, zu welchen Zwecken diese Fahrten ohne Wissen Dritter genutzt werden."

Zu der Debatte um Street-View hatte sich bereits Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) geäußert. Sie kritisierte den Straßenansichts-Dienst als "milionenfache Verletzung der Privatsphäre". Die Bevölkerung reagierte bisher eher verhalten. "Momentan kann ich Ihnen nur von einer vierstelligen Zahl von Widersprüchen berichten", sagte Google-Sprecherin Lena Wagner dem Blog Carta.

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9 Kommentare

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  • A
    Alex

    Berufsbedingt verfolge ich seit einigen Jahren die Entwicklungen bei Google, Facebook & Co. - mein Kommentar passt heute unter jeden zweiten Artikel im Ressort „Netz“. Tatsache ist, dass seit Beginn der (für Privatpersonen) bezahlbaren Nutzung des Internets Daten erfasst werden – auf den Umfang gehe ich gleich ein.

    Aufgebauscht wird dieses Thema zunehmend seit Jahresbeginn, weil Politiker, „Datenschützer“ und leider auch Journalisten sich zu Wort melden, die sich in ihren Aussagen vor allen Dingen durch Halbwissen oder Unwissenheit überbieten und nach Jahren bemerken, dass technische Neuerungen auch Herausforderungen mit sich bringen.

    Fakt ist: In den Anfangszeiten des Internets wurden Benutzerdaten mit Registrierungen oder Tracking Cookies gesammelt, die portalübergreifend von Anbietern ausgelesen werden konnten. Heute findet dies nicht mehr versteckt statt, sondern offensiv: Zuckerberg (Facebook) versucht dies als Vorteil zu verkaufen, während sich Google bedeckt hält. Neben dem „Like“-Button für Webseiten, den Facebook einführt, gibt es bspw. Google-Anzeigen, die immer wieder auf Webseiten erscheinen (und von Google ausgeliefert werden) – darüber verfolgt Google die Benutzer nach. Und ist es nicht Google, sind es andere Banner, Sponsoren, etc. die das tun.

    Wenn ich keine Spuren im Sand hinterlassen will, darf ich nicht über den Strand laufen.

    Im Fall von offline Systemen wie „Payback“, „DeutschlandCard“, usw. regt sich auch niemand auf. Wer Gratisleistungen (Internet) oder Vergünstigungen (echtes Leben) möchte, bezahlt dafür. So oder so. Niemand hat etwas zu verschenken.

    Zur „rechtswidrigen Erfassung“ von Straßen, Menschen und Funknetzen (WLAN) gilt ebenfalls: Was ich nicht preisgebe, kann nicht erfasst werden. Alle WLAN-Knoten (Router) können das Signal versteckt (kein „Broadcasting“) aussenden – ich kann mich einwählen, Dritte sehen mein Netz aber nicht. Die Namen von Netzwerken werden von den meisten Anbietern inzwischen kryptisch vorinstalliert. Wer daraus „Sabine“ macht, ist selbst schuld. Grund ist hier – im Gegensatz zu Spuren im Netz – Unwissenheit, hier hilft nur Aufklärung statt Angstmacherei.

    Ein letztes Wort zu StreetView: Das Abfotogrofaieren von Häusern findet systematisch auch durch Immobilienmakler statt – und nicht zuletzt durch Touristen. Und wer nicht auf dem Urlaubsfoto erscheinen möchte, das auf dem Alexanderplatz aufgenommen wurde, meidet diesen.

    Per definitionem gibt es überdies kein Recht am Bild, wenn darauf Gruppen von Menschen zu sehen sind – selbst ohne Retusche. Und letztlich: Ich werde innerhalb eines Tages öfter in U-Bahnhöfen, auf Straßen, in Bussen und Geschäften gefilmt, als Google das im Laufe meines Lebens tun könnte. Hier sollte der erste Aufschrei erfolgen – egal ob die Aufzeichnungen privatwirtschaftlich oder durch Stadt-Land-Staat erfolgen.

  • P
    piratronic

    console auf: iwconfig wlanX mode monitor ... und ihr habt diesen geheimnisvollen scanner ^^

     

    das problem ist allerdings, dass es hier jetzt darum geht mit den daten geld zu verdienen. da stellt sich mir dann schon die frage ob ich das wirklich zulassen möchte. eine ausweitung der debatte auf weitere themen wie kundenkarte und überwachung könnte in der bevölkerung eine positive wirkung haben: endlich mal überlegen was da eigendlich mit "meinen" daten passiert.

     

    ein weiteres problem sehe ich darin, dass der staat zwar im moment mäckert ... so wie ich ihn kenne aber auch der erste sein wird, der dann versuchen wird sich mit dicken infopacketen ein zu decken. sprich wenn sie es nicht verhindern können, wollen sie danach software und daten für polizei, bnd, verfassungsschutz und co. da wirds dann spannend wie sich die gesetzeslage auf eu ebene in sachen überwachung in den nächsten jahren entwickelt. diese werden im moment wie so oft ohne wirklich demokratische kontrolle geschlachtet und es waren diese eu gesetze die uns vor schäuble gerettet haben. wer weiß was da noch auf uns zu kommt ... kennt ihr das vollautomatische personen such und überwachungstool mit automatischem wechsel zur nächsten verfügbaren cam was gerade als europäisches forschungsprojekt entwickelt wird? dieses könnte solche daten gut gebrauchen ... :-/

  • L
    Lawlita

    Ein Narr wer nicht erkennt, dass dahinter System steckt. Google & Facebook & Co werden zZ gezielt zu Datenmonstern aufgebauscht, zu Bedrohungen, auf die die Politik dann gezielt einschlagen kann, um Beifall von der Netzgemeinde zu bekommen, und zugleich vom Datenmonster Staat abzulenken.

     

    Dabei vertraue ich meinen Daten viel lieber Google & Co an, denn

    - auf die Erfassung meiner Daten habe ich dort weitgehend Einfluss

    - vertraue ich (zumindest Google), dass die Ahnung von Datensicherheit haben

    - weiß ich den Zweck, zu dem die Daten genutzt werden: make some money

    - bekomme ich etwas dafür zurück (Bessere, kostenlose Dienste)

     

    Alles Punkte, die bei Vater Staat nicht zutreffen.

     

    Und mal ganz ehrlich: Wer Autos ausrüstet um die ganze Welt zu vermessen, wäre dämlich, nicht alle erfassbaren Daten zu erfassen. Kommt morgen der "Skandal", das auch das GSM-Netz gescannt und mit GEO-Daten versehen wird?

     

    Lassen wir uns nicht mit Scheinskandalen und Scheindebatten ablenken!

  • D
    Dice

    Ich wundere mich über die Naivität in der allgemeinen Berichterstattung (und auch in den 2 Kommentaren, die ich hier sehe). Google macht was es macht um damit Geld zu verdienen. Über Streetview soll uns Werbung verkauft werden, und mit der hier angesprochenen Datensammlung wird ein Navigationsdienst ermöglicht, den wir über unsere Handy-Rechnungen mitbezahlen werden. Und vielleicht auch noch ein paar andere fiese Sachen, von denen wir noch gar nichts ahnen.

    Das ganze findet also auf unsere Kosten statt. Es ist nicht so, dass hier die Heilsarmmee ein paar Spenden sammelt und die Welt verbessert, auch wenn viele gerne daran glauben möchten.

    Nun kann man sich überlegen, wie man am besten damit umgeht. Dass der Staat sich gegen diese penetrante Spioniererei wehrt, finde ich sehr gut. Persönlich würde ich mir aber wünschen, dass sich die Nutzer bzw. Käufer stärker solidarisieren würden. Was hat es nicht früher für eine Gegenbewegung zu Microsoft gegeben. Jetzt brauchen wir diese Gegenbewegung eher gegen Google und Apple. Es kann nicht sein, dass sich Unternehmen dermaßene Monopole aufbauen und keiner wehrt sich.

     

    Also Google boykottieren, das heißt andere Suchmaschinen nutzen, auch wenns dann mal ein paar weniger Suchergebnisse gibt, und einen großen Bogen um Apple-Produkte und die Zuschausteller dieser elitären Spielereien machen. Einfach damit die kapieren, dass sie sich nicht alles erlauben können.

  • O
    onicon

    Also in meiner Nähe kannn ich auf Anhier kein WLAN sehen, dass Personenbezogene Daten enthalten würde. Ich empfinde die Aufregung in diesem Fall als absolut ungerechtfertigt, siehe auch meine Vorredner. Alledings muss sich jeder, der ein WLAN betreibt im Klaren sein, dass sich SSID (Name) und MAC Adresse des selbigen ermitteln lassen, auch wenn man versucht diese zu verbergen.

  • A
    Alfred

    Entgegen der beiden bisherigen eher deeskalierenden Meinungen frage ich mich, was Google damit bezweckt - und welches Potential insbesondere die Verknüpfung mit anderen von Google verwalteten Diensten bietet, etwa im Sinne kleinsträumiger Marktforschung.

  • U
    Unerheblich

    @Daniel und Martin Neumann

     

    Hier scheint mir ein anderer Punkt maßgeblich zu sein: es geht - sollten sich die Meldungen bewahrheiten - jemand hinter unser aller Rücken hin und erfaßt (personenbezogene) Daten. Diese Daten geraten außer Kontrolle und werden evtl. uns völlig unbekannten Interessenten zugänglich gemacht. Ob das mit oder ohne Gegenleistung geschieht, sei dahingestellt. Die Daten werden für unbestimmte Zeit vagabundieren und kein Betroffener wird jetzt oder irgendwann in Zukunft eine Chance bekommen, "seine" Daten zurückzuholen.

     

    Gegen Beschwichtigungsargumente sprechen m. E. zwei Fakten:

    a) die Struktur des Internets als ein quasi universell zugänglicher Datenspeicher ohne kontrollierte Datenverfallsfristen ("Internet vergißt nichts") und

    b) der Druck, zur Wahrung berechtigter Interessen selbst nicht unerhebliche Anstrengungen unternehmen zu müssen, die in vergleichbarer Form vorher nicht nötig waren ("Verstecken von WLANS").

     

    Ob und wieweit solche Eingriffe in die Privatsphäre jedes einzelnen Bürgers hingenommen werden müssen, sollte m. E. weder ein kommerzielles Unternehmen entscheiden noch auch ein Teil der Bürger, der sich womöglich zu einer technischen Avantgarde zählen und glaubt, den negativen Folgen der Ausspähungsaktivitäten entgehen zu können.

     

    Derart gravierende Umwälzungen sollten Gegenstand einer breiten gesellschaftlichen Diskussion sein, die in nächster Zukunft zu führen sein dürfte.

  • MN
    Martin Neumann

    Ich sehe nicht, in welcher Weise sich das Vorgehen von Google von dem von Skyhook Wireless unterscheidet. Die Dienste der letzteren Firma hat damals Apple genutzt um im iPhone der ersten Generation Standort - basierende Dienste anzubieten. Damals ging kein Aufschrei durch die deutsche Presse. Ich sehe die Datenmacht von Google ebenfalls skeptisch, aber das hier ist meiner Meinung nach einfach nur das Erzeugen von aktionistischer Betroffenheit.

  • D
    Daniel

    Normalerweise gehöre ich zu den Ersten, die aufspringen und schreien, wenn Datenschutz in Frage gestellt wird oder Google Pants die Farbe aller Unterhosen scannt.

     

    Aber ganz ehrlich: Die allerwenigsten WLANs enthalten den Klarnamen der Besitzer - und wenn, dann haben die ihn persönlich und absichtlich geändert. Wer will kann mit demselben Wissen, dass es zur Namensänderung braucht, ein WLAN auch komplett verstecken, und nie wird ein Scanner von Google oder sonst wem es finden.

     

    Statt sich hier wegen Nichtigkeiten aufzuplustern, sollten sich die Datenschutzbeauftragten lieber um die dicken Fische kümmern.

     

    Daniel