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Neue Klagemöglichkeiten bei FeinstaubKommunen am Feinstaub-Limit

Längst gibt es eine EU-Norm, um Feinstaub zu verhindern. Aber es hakt mit der Umsetzung. Woran liegt das?

Nicht mal so weit sind die meisten Kommunen. Und wenn, sind die Standards zu niedrig Bild: ap

BERLIN taz Eigentlich ist die Sache klar: Seit 2005 verlangt eine EU-Norm, dass die Luft an höchstens 35 Tagen im Jahr mehr als 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter enthalten darf. Die kleinen Partikel sind verdächtig, Krebs zu erzeugen. Die EU-Kommission schätzt, dass europaweit jedes Jahr 370.000 Menschen vorzeitig sterben, weil die Städte verstauben. Vor allem deshalb, weil Dieselfahrzeuge Rußpartikel in Luft blasen, aber auch Kraftwerke und alte Industrieanlagen stoßen die Schadstoffe aus. Politiker sind längst gesetzlich verpflichtet, dagegen etwas zu tun.

Tatsächlich hat sich aber wenig bewegt: In Essen, Krefeld und Dortmund waren die Limits dieses Jahr schon an mehr als 35 Tagen überschritten. Das Umweltbundesamt aktualisiert die erhobenen Daten täglich. Danach gehören zu den größten Feinstaubsündern die Ballungsgebiete, auch Bremen, München oder Leipzig.

Stadtverordnete versuchen, Abhilfe zu schaffen: In 13 Städten, darunter Berlin und Stuttgart, wurden Umweltzonen eingerichtet. 23 weitere Städte wollen nachziehen. So werden bestimmte Straßen oder ganze Stadtteile zur Tabuzone für stark rußende Autos - nur solche Wagen dürfen einfahren, an denen eine grüne, gelbe oder rote Plakette prangt.

Das klingt gut. Doch Werner Reh, Verkehrsexperte des Umweltverbandes BUND, sieht drei Probleme. Erstens: "Die Plaketten werden zu großzügig vergeben", sagt er. Nur Benziner ohne Katalysator und ältere Diesel bekommen keine Plaketten, so werden allenfalls 5 Prozent aller Fahrzeuge ausgeschlossen. "Zweitens", meint Reh, "sind die Kommunen nicht strikt genug." In Köln gebe es für Journalisten eine Sondererlaubnis - sie dürfen auch mit Stinkern in die Umweltzone fahren. Handwerker und Lieferanten auch.

Der dritte Haken: Sämtliche Dieselneuwagen und so viele alte Modelle wie möglich sollten mit Rußfiltern ausgestattet werden. Das wird seit April 2007 steuerlich gefördert. Aber in 60.000 Fahrzeuge wurden Filter eingebaut, die sich als nutzlos erwiesen. Die Besitzer, die meinten, Gutes für die Umwelt zu tun, müssen noch einmal in die Werkstatt. "Doch längst nicht alle haben das gemacht", sagt Reh.

HANNA GERSMANN

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3 Kommentare

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  • T
    Thorsten

    Herr Dubrikow, das die Autos 1/3 des Feinstaubanteils ausmachen, halte ich für ein wildes Gerücht. Soweit geht noch nicht mal die Bundesregierung mit ihren Behauptungen, um leichtgläubigen Feindbildverwertern einen Anlass für den Kauf eines neuen Autos zu geben.

    In dieser Diskussion sollte eh ein wenig mehr hinterfragt werden, dann gehen wenigstens nicht ganz so viele Menschen der Lobby von Autoindustrie und anderen Wirtschaftszweigen auf den Leim. Die Feinstaubbelastung durch Güter- und Individualverkehr wird mit den angedachten Massnahmen nämlich in keinster Weise geringer, oder glaubt ihr allen Ernstes, das Umwege eine Verringerung der Belastung bringen? Oder gar das extra produzierte neue Auto? Möglicherweise ein VW Touareg mit 313-PS-Diesel? Der darf da nämlich rein in die Zone, mein alter 5l-Golf aber nicht. Und eins gebe ich zu bedenken: Auch der beste Filter wird im Mittel nur 30-50% herausfiltern, verschlechtert aber bestimmt den Wirkungsgrad.

     

    Mich beschleicht gelegentlich das Gefühl, einige Leser hier sind genauso gutgläubig wie die Bild-Leser, nur ist das Feindbild ein anderes. Aber man kann ja jeden Schwachsinn ausschlachten. Hauptsache, es passt ins Bild!

  • RD
    Rainer Dubrikow

    Feinstaub kann, muß und wird aus der Luft gefiltert werden! Dies können momentan nur Pflanzen. Also ist es zwingend nötig hier gerade in viel- und dichtbebauten Städtischen Ballungsgebieten sofort mit flächendeckender Bepflanzung anzufangen. Dies ist natürlich zusätzlich eine Wohltat für die Augen, die Seele und vor allem der Luftbesserung. Allein die Autos verursachen ca. 1/3 Feinstaubanteil ! Da aber die restlichen 2/3 somit ebenfalls abgebaut werden können ist und bleibt die hier genannte Wirkungsweise die SCHÖNSTE und EFFEKTIVSTE und KOSTENGÜNSTIGSTE.

  • K
    Karl

    Schon mal darüber nachgedacht wie überhaupt der Feinstaubanteil in der Umgebungsluft zu bestimmen ist? Wie repräsentativ sind denn einzelne Messwerte für ein größeres Luftvolumen? Wird die vertikale Stabilität ggf. in die Ausbreitungsabschätzung einbezogen? Oder soll das wieder auf Modellrechnungen ohne Validierung durch lokal angepasste Messwertraster beruhen?

    Um eine Schadstoffausbreitung zu bewerten muss es ja auch möglich gemacht werden diese messtechnisch zu erfassen.

    Fragen über Fragen.

    Gruß Karl