Neue Intendantin des Gorki Theaters: Die den Horizont verschiebt
Shermin Langhoff, bisher Leiterin des Ballhaus Naunystraße in Berlin, wird Intendantin des Gorki Theaters. Das ist eine Überraschung.
Als das Ballhaus Naunynstraße, ein kleines Theater in Berlin-Kreuzberg, vor gut einem Jahr viel mehr Karten für sein Erfolgsstück „Verrücktes Blut“ hätte verkaufen können, als es Vorstellungen gab, nannte die Leiterin, Shermin Langhoff, das einmal „Formel 1 mit Trabi fahren“. Denn die finanziellen Mittel waren nicht darauf ausgelegt, die Produktionen zum Repertoire auszubauen. Jetzt kann sie endlich Gas geben. Shermin Langhoff wird neue Intendantin des Gorki Theaters in Berlin, zusammen mit dem Dramaturgen Jens Hillje, ab der Spielzeit 2013/14.
Das Gorki Theater wird ein Ensembletheater bleiben. Damit erhält Langhoff eine Chance, weiterzuentwickeln, was sie in Kreuzberg aufgebaut hat: ein Haus für Geschichten der zweiten und dritten Generation von Migranten.
Shermin Langhoff, 1969 in der Türkei geboren, kam 1978 zu ihrer Familie nach Nürnberg und dort gleich in eine linke, kulturinteressierte Szene. Sie hat als Regieassistentin beim Film, unter anderem für Fatih Akin, gearbeitet. Dass das Theater, anders als der Film, sich kaum mit den Erfahrungen der Einwanderer auseinandersetzte, brachte sie dazu, Filmleute an das Theater zu holen, Künstler mit ähnlichen Blickwinkeln um sich zu versammeln, junge Regisseure, Autoren und Schauspieler aufzubauen. Erst am Berliner HAU, seit 2008 im Ballhaus Naunynstraße. Ein Teil der Künstler war mit der Türkei verbunden, andere mit Israel, dem Iran, USA, dem Balkan, Weißrussland – die Horizonte verschoben sich ständig.
Dass Langhoff jetzt das Gorki Theater übernimmt, ist eine Überraschung, war sie doch als Kuratorin für die Festwochen Wien benannt worden. Eine Berufung, die womöglich geholfen hat, ihren Wert zu sehen.
Wird jetzt das Gorki Theater ein zweites Ballhaus, nur größer? Nein, das haben sie und Hillje nicht vor. Was der jetzige Intendant, Armin Petras, aufgebaut hat, soll ihr zweiter Ausgangspunkt werden: ein Stadttheater, das die Geschichten aus Ost- und Westdeutschland zusammenbringt. Was denn mit Goethe, Kleist und Schiller sei? Auf diese Frage sagte sie flott, natürlich werde man diese „kosmopolitischen Geister“ einbeziehen.
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