Neue Details in Sächsischer Datenaffäre: Linkspartei wurde zwei Tage bespitzelt
Während der Anti-Nazi-Demos in Dresden wurden nicht nur die Handydaten von Demonstranten erfasst. Auch Büros der Linkspartei wurden überwacht.
BERLIN taz | Auch ein Jahr nach der heftig kritisierten Erhebung von Handydaten bei Demonstrationen in Dresden scheint das Ausmaß der Überwachung noch immer nicht umfänglich bekannt zu sein: Wie die sächsische Linksfraktion nun mitteilt, hat es im Februar 2011 neben den bislang bekannten Überwachungsmaßnahmen von Demonstranten auch eine Datenauswertung der besonderen Art gegeben.
Demnach ließ die Dresdner Staatsanwaltschaft sämtliche Verbindungsdaten von Handys erfassen, die in einem Zeitraum von 48 Stunden in dem Haus geführt worden seien, in dem die sächsische Linkspartei ihre Büros hat. In dem Haus hatte am 19. Februar 2011 auch die Pressegruppe von „Dresden Nazifrei“ ihren Sitz, die zu Anti-Nazi-Protesten in der Stadt aufgerufen hatte.
Für Aufsehen sorgte die Dresdner Datenaffäre im Juni 2011. Damals hatte die taz berichtet, dass sächsische Behörden bei massenhaften Funkzellenauswertungen im Umfeld der Demonstrationen gegen den Nazi-Trauermarsch über eine Million Handydaten erfasst hatten. Neben zehntausenden Anwohnern und Demonstranten waren auch Politiker, Rechtsanwälte und Journalisten von den Maßnahmen betroffen. Das Ausmaß der Ermittlungen gegen Demonstranten in Dresden empörte Datenschutzbeauftrage und Bürgerrechtler und hatte die Versetzung des Polizeipräsidenten zur Folge.
In dem nun bekannt gewordenen Fall ordneten die Behörden die Überwachung des Hauses wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung an. Hierbei müssen die Behörden auch in Kauf genommen haben, dass Handyverbindungsdaten von Bundes- und Landtagsabgeordneten erfasst werden, die in dem Haus ihre Büros haben.
Ein Sprecher der Dresdner Staatsanwaltschaft bestätigte gegenüber der taz am Montag die Maßnahme. Dabei handele es sich jedoch „um nichts Neues“. Die Maßnahme sei Bestandteil der verschiedenen Auswertungen gewesen, über die seit dem letzten Jahr diskutiert werde. Die hierbei erhobenen Daten seien Teil der Menge von rund einer Million genannter Daten.
Der Anwalt der betroffenen Politiker, André Schollbach, kontert dagegen: „Dass die Staatsanwaltschaft massiv Handydaten ausgeforscht hat, war in der Tat bekannt. Dass sie aber zwei Tage rund um die Uhr die Telefone von Oppositionspolitikern überwacht hat, ist sehr wohl ein neuer Fakt – und grob rechtswidrig.“
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