Neue CDU-Generalsekretärin: Merkels Schachzug
Lieber Annegret Kramp-Karrenbauer als Jens Spahn: Das dachte sich wohl Bundeskanzlerin Angela Merkel und schlug sie als CDU-Generalsekretärin vor.
Die Idee für den Wechsel von der Saar an die Spree sei von Kramp-Karrenbauer selbst gekommen. „Mich hat diese Idee sehr berührt“, sagte Merkel. Es sei alles andere als selbstverständlich, dass eine „erfolgreiche Ministerpräsidentin“ von einem Staatsamt in ein Parteiamt wechsle. „Ich habe diese Idee sofort aufgegriffen“, sagte Merkel bei ihrem gemeinsamen Auftritt.
Im Präsidium und Vorstand der CDU sei der Vorschlag auf „große Zustimmung“ gestoßen, so Merkel. Dass es auf dem Bundesparteitag am kommenden Montag Widerstände gegen die Wahl der beliebten Kramp-Karrenbauer zur Nachfolgerin des gesundheitlich angeschlagenen Peter Tauber geben könnte, gilt als ausgeschlossen.
Mit einem Wechsel Kramp-Karrenbauers von der Landes- in die Bundespolitik war schon länger gerechnet worden. Allerdings wurde sie bisher nur als mögliche Ministerin gehandelt. Und hätte sie es gewollt, wäre das wohl auch kein Problem gewesen. In der neuen Bundesregierung hätte sie „mit Sicherheit eine gute Position haben können“, sagte Merkel. Doch AKK, wie sie im Saarland und von ihren ParteifreundInnen genannt wird, wollte nicht.
Sie habe sich „sehr bewusst gegen den Eintritt in die Bundesregierung entschieden“, sagte Kramp-Karrenbauer bei ihrem gemeinsamen Auftritt mit Merkel am Montag. Stattdessen sehe sie ihre Aufgabe darin, „die CDU in der gesamten Breite zu stärken und zusammenzuhalten“. Sie verstehe ihre Entscheidung als „ein Signal an die Partei“.
Sie kann auch konservativ
Kramp-Karrenbauer kündigte eine Grundsatzdiskussion „von der Basis an die Spitze“ an. „Unser Anspruch ist es, eine selbstbewusste starke Volkspartei der Mitte zu sein“, sagte sie. „Das heißt, wir müssen uns eher immer an den 40 als an den 30 Prozent orientieren.“ Ansonsten vermied sie jedoch inhaltliche Positionierungen.
Annegret Kramp-Karrenbauer
Die Entscheidung für Kramp-Karrenbauer ist ein geschickter Schachzug Merkels. Wie die Kanzlerin steht die 55-jährige Saarländerin für einen Mittekurs, der die Räume eng macht für SPD und Grüne. Aber gleichwohl ist sie keineswegs eine Merkel-Kopie. Denn die gläubige Katholikin kann auch konservativ. So befand noch vor Kurzem, das Adoptionsrecht homosexueller Paare solle doch vom vermeintlich gefährdeten Kindeswohl her debattiert werden.
Wenn es passt, bedient Kramp-Karrenbauer auch ansonsten gerne mal konservative Reflexe. Zum Beispiel kündigte sie im März 2017 kurz vor der Landtagswahl an, Wahlkampfauftritte türkischer Regierungsmitglieder im Saarland zu verbieten. Dabei waren in dem Mini-Bundesland solche Auftritte gar nicht geplant. Solche populistischen Volten kommen in der CDU gut an, da wird es durchaus goutiert, wenn jemand aus Nicht-Themen Funken schlägt.
Anders als die oft unterkühlt auftretende Kanzlerin schafft es Kramp-Karrenbauer vor allem jedoch problemlos, Nähe zu „normalen“ Menschen herzustellen. Ihre Auftritte beim Karneval sind legendär, wenn sie als Putzfrau Gretel mit Kittel und Besen über PolitikerInnen herzieht.
Erfolgreich entspahnt
Außerdem ist die dreifache Mutter hart im Nehmen. Als sie neulich einen schweren Autounfall auf der A10 auf dem Weg zu Groko-Gesprächen in Berlin hatte, soll sie aus dem Krankenhaus heraus weiter Telefonate geführt haben. Im kleinen Kreis ist sie eine angenehme Gesprächspartnerin. Erstaunlich allürenfrei, nüchtern und abwägend.
Mit Kramp-Karrenbauer holt sich Merkel eine enge Vertraute in die Parteizentrale. Die beiden kennen und schätzen sich schon lange. „Wir können uns sehr aufeinander verlassen, auch wenn jede einen eigenen Kopf hat“, sagte die CDU-Chefin. Doch bei der Personalie geht es um weit mehr: Die Kanzlerin ist darum bemüht, die Weichen für ihre Nachfolge zu stellen. Die Inthronisierung Kramp-Karrenbauers ist der offenkundige Versuch, sicherzustellen, dass ihr Erbe nicht an den forschen Konservativen Jens Spahn fällt.
Spahn war bereits in manchen Zeitungen als möglicher neuer Generalsekretär gehandelt worden. „Was geschrieben wird, ist das eine“, sagte Merkel dazu. „Was ich denke, kann sich davon unterscheiden.“ Deswegen sei ihre Wahl auf Kramp-Karrenbauer gefallen.
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