■ Nachgefragt: Neue Aufgaben
taz: In Huchting ist gerade eine Jugendbande aufgeflogen, der viele Straftaten angelastet werden. Hat die Jugendpolitik solche Probleme überhaupt im Blick gehabt?
Hans-Christoph Hoppensack, Staatsrat im Ressort Jugend, Gesundheit, Soziales: Das ist ein Standardthema für Jugendpolitik und Soziale Dienste. Wir hatten so etwas lange nicht mehr, daß es jetzt so auffällt.
Aber was machen Jugendpolitik und Soziale Dienste mit solchen Erscheinungen?
Die ambulanten Dienste, die in den Familien arbeiten und sie beraten, sind an dem Thema natürlich dran. In deren Drehbuch steht, daß sie nicht nur mit dem Einzelfallproblem in einer Familie fertigwerden sollen, sondern auch darüber nachdenken müssen, was sie für eine Gruppe tun können. Hier muß man Raum geben, um ein Gespräch zu ermöglichen. Ich will mich nicht rühmen: aber so wirkungslos kann das nicht sein, was wir da täglich und weitgehend unbemerkt tun. Sonst wäre es zu den Themen Rechtsradikalismus und Jugendbanden in Bremen nicht so auffällig ruhig.
Das Thema Jugendbanden taucht nun aber im Brennpunkt Huchting auf. Einige mustergültige Projekte der Jugendarbeit sind gerade dort.
Wir haben eine intensive Dichte von Ärzten und trotzdem werden die Leute immer wieder krank, mit anderen Worten: Es gibt uns und wir machen auch etwas. Daß man dabei nicht „erfolgreich“ sein kann, liegt daran, daß sich die Probleme nicht per Knopfdruck lösen lassen. Es ist noch niemandem gelungen, die Kriminalität abzuschaffen. Ich möchte auch dazu raten, sich das nicht vorzunehmen.
Ist dieser Fall ein Indiz dafür, daß die Jugendarbeit mit ihren Konzepten nicht mehr greift?
Diese Arbeit kann es sich nicht leisten, zur Ruhe zu kommen. Es ist unsere Aufgabe, uns ständig neu in Frage zu stellen. In den Koalitionsvereinbarungen haben die Politiker ja auch formuliert, daß an vielen Stellen die Konzepte veraltet sind. Bis zur Sommerpause wollen wir deshalb ein Grundsatzprogramm zusammen haben, mit dem man der Öffentlichkeit und der Fachöffentlichkeit zeigen kann, daß wir uns zutrauen, Antworten zu organisieren, die die Chance haben, die Bedürfnisse der jungen Leute zu treffen.
Frau Gaertner hat betont, daß sie im Freizi-Bereich keine Stellenkürzung zulassen wird.
Dies hat die SKP auch bestätigt. Die will allerdings im ambulanten Bereich abschmelzen, also bei den Leuten, die außerhalb von Institutionen und in den Familien arbeiten. Aber genau dies ist das Potential, das auf Gruppen zugeht. Wenn man diese Flexibilität haben soll, darf in einer Situation wachsender Ansprüchlichkeit die Mannschaft nicht reduziert werden.
Fragen: Birgitt Rambalski
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