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Neue Aufgaben für US-Lauschgolfbälle

■ Die Abhorchstation auf dem Westberliner Teufelsberg soll nach dem Fall der Mauer neue Aufgaben bekommen / Die NVA ist nicht mehr interessant

Auf der Spitze des Teufelsbergs im Grunewald steht der ganze Stolz der US-amerikanischen Spionagechefs: hinter unüberwindlichen Stahlgittermasten ragen weithin sichtbar vier Aluminiumkuppeln in die Landschaft. Die wie riesengroße Golfbälle wirkende Anlage gehört zu den technisch ausgereiftesten und teuersten Lauschstationen der Welt. Der Eintritt ist unter strengen Sicherheitsvorkehrungen nur den amerikanischen Angestellten erlaubt, gewöhnliche Grunewald -Besucher dürfen den Horchposten nur von fern betrachten. Wer sich Notizen macht, Zeichnungen anfertigt oder fotografiert, der macht sich strafbar: „Jegliches Material dieser Art“ wird beschlagnahmt, und wer die Anordnung nicht befolgt, wird nach den „Gesetzen der USA und/oder West -Berlins“ bestraft.

Die Mitarbeiter der „Field Station Berlin“, so berichtet die 'New York Times‘ in ihrer Ausgabe vom letzten Samstag, sollen ihre Lauscher künftig auf andere Objekte richten, als das bisher der Fall war. Angesichts der sich abzeichnenden Vereinigung Deutschlands ist die Observierung der Nationalen Volksarmee tatsächlich kaum noch interessant. Und wenn die Russen eines Tages aus der DDR verschwunden sind, haben die Mitarbeiter der „National Security Agency“ (NSA) ein weiteres Objekt ihrer Neugierde verloren. Entsprechende Entscheidungen zur Umrüstung oder gar zur Schließung der NSA -Stationen in West-Berlin und der Bundesrepublik könnten schon während der nächsten zwei Jahre fallen, so die 'New York Times‘.

Daß die Tüftler vom Teufelsberg dann ihre Siebensachen packen, ist aber kaum anzunehmen. Denn die Abhöraktionen gegen die Warschauer-Pakt-Staaten und die UdSSR sollen solange weitergeführt werden, wie das östliche Militärbündnis besteht. Und gerade die Anlage auf dem 115 Meter hohen Berg im Grunewald hat bisher durchaus brauchbare Ergebnisse liefern können. Die Spione der „Field Station Berlin“ finden mühelos heraus, mit wem Gorbatschow gerade im Kreml telefoniert, und liefern hinterher Wortprotokolle ab. Auf ihr Konto geht auch die Enthüllung der Giftgas -Connection zwischen Libyen und der deutschen Firma Imhausen Chemie. Die anonymen Geheimdienstler interessieren sich aber auch für Dinge, die mit militärischer Prävention rein gar nichts zu tun haben: Telefone westdeutscher Politiker werden regelmäßig angezapft. Die Spione vom Teufelsberg und ihre Kollegen von der nach Westen ausgerichteten Station auf dem Flughafen Tempelhof wissen, „wie die Berliner AL über die SPD denkt und umgekehrt“, meldete vor einem Jahr der 'Spiegel‘. NSA-Mitarbeiter fertigten sogar ein Dossier über einen Abgeordneten der Grünen in Bremen an. Kein Telefongespräch in Mitteleuropa ist vor den „Golfbällen“ sicher, die Reichweite der Horchanlage geht tief in die Sowjetunion, Polen oder die Tschechoslowakei. Die Arbeit der Spitzel vom Teufelsberg war so erfolgreich, daß sie im Jahre 1985 für ihre Abhörarbeit ausgezeichnet wurden: Damals erhielt das Team die nach dem britischen Ex-Geheimdienstchef Sir Edward Travis benannte „Travis-Trophy“. Die Trophäe eine Schüssel mit zwei Henkeln - wird alljährlich an die Lauschtruppe verliehen, die am erfolgreichsten gearbeitet hat.

ccm

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