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Neue Arten in DeutschlandFauna mit Migrationshintergrund

Fast alle der über 800 neuen Tier- und Pflanzenarten, die sich in Deutschland angesiedelt haben, sind harmlos. Manche gefährden jedoch das Ökosystem.

Der amerikanische Ochsenfrosch frisst deutschen Fröschen die Nahrung weg und wird von heimischen Raubtieren verschmäht. Bild: reuters

BERLIN taz | Über 800 neue Tier- und Pflanzenarten haben sich in den vergangenen rund 500 Jahren in Deutschland angesiedelt. Das hat das Bundesamt für Naturschutz (BfN) am Montag mitgeteilt. Für ganz Europa haben Forscher im Auftrag der EU sogar 12.000 Neuzugänge identifiziert, die seit der Entdeckung Amerikas eingewandert sind.

Die meisten Arten sind den Wissenschaftlern zufolge harmlos. Den Austausch von Spezies hat es auch schon immer gegeben. Die Römer beispielsweise brachten Pflanzen nach Deutschland, die längst als Teil der heimischen Flora gelten: etwa Birne, Echte Kamille und Weizen.

Doch bis zu 15 Prozent der Arten verursachen Probleme. Das BfN stuft laut seinem zuständigen Experten Stefan Nehring von 476 bereits bewerteten neuen Arten 44 als „invasiv“ ein. Sie gefährdeten heimische Tiere oder Pflanzen erheblich. Viele dieser Neuankömmlinge haben keine natürlichen Feinde, wachsen leicht an und vermehren sich rasant; so können sie sich schnell ausbreiten und heimische Konkurrenten beim Kampf um Lebensraum und Ressourcen verdrängen.

Manche der Neuzugänge verursachen auch wirtschaftliche Schäden, die die EU auf jährlich mehr als 12 Milliarden Euro schätzt. In Deutschland etwa müssen Arbeiter die hochallergene Ambrosia aus dem Boden rupfen, der Maiswurzelbohrer, ein Blattkäfer aus den USA, macht den Bauern zu schaffen.

Blinde Passagiere

Mit der Globalisierung hat das Problem zugenommen. Weil mehr Waren und Menschen weltweit transportiert werden, breiten sich auch Arten weiter aus: so als Zierpflanze für Gärten oder als blinder Passagier. Nach einer Studie der Umweltstiftung WWF reisen allein in Ballastwassertanks von Schiffen jeden Tag circa 7.000 Arten rund um den Globus und dringen in neue Ökosysteme ein.

Die Erderwärmung sorgt dafür, dass viele neue Arten in Deutschland leichter überleben können. Der Kampf gegen die große Schäden anrichtenden Invasoren – etwa mit Chemikalien oder mit dem Jagdgewehr – ist meist erfolglos.

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3 Kommentare

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  • P
    PunkteMüllerin

    Um sich ein erweitertes Bild zu machen, empfehle ich unbedingt das Buch >Wandernde Pflanzen< von Wolf-Dieter Storl zu lesen.

  • MG
    Manfred Gerber

    Invasive Einwanderer sind ein Problem, aber längst nicht so problematisch, wie verantwortliche Länderverwaltungen, die Ihrer Aufgabe nicht gerecht werden, die Ökosysteme durch kurative Maßnahmen zu stärken, bzw. überhaupt den Zustand der kollabierenden Naturräume wahr zu nehmen.

    Egal welche Landesregierung, welche Kommune, sie alle lehnen wirksame Hilfsangebote ab und stellen sich dann mit ratlosem Blick der Öffentlichkeit.

    Der Bock ist der Neuzuwanderer, der Gärtner sitzt in der Verwaltung und verweigert, treu der Anweisungen von oben folgend, seine Arbeit.

  • BS
    Bissiges Schaf

    Kein Frosch ist illegal, kein Schaf ist schädlich und aus China eingewanderte Marienkäferchen nach ihrem Appetit auf Blattläuse zu bewerten, ist Marienkäfer-Sozialdarwinismus.

     

    Pfui Deibel, die Einheimischen haben auch nicht mehr Recht, hier zu leben, als die zugewandeten Tiere.

    Kahlfrass müssen wir aushalten.