die gesellschaftskritik
: Lasst uns doch wenigstens unser Gift!
Raucherinnen werden bedroht. Von Krebs, gesellschaftlicher Ächtung – und nun auch von Jobverlust. Japan und das dänische Nordjütland probieren neue pädagogische Methoden zur Bekehrung aus
Es gibt in diesen Zeiten der gesellschaftlichen Spaltung kaum etwas, worüber mehr Einigkeit besteht als darüber, wie widerwärtig Rauchen ist. Rauchen macht impotent, schlechte Haut, Krebs, tötet überhaupt, auch und vor allem arglose Nichtraucherinnen, es stinkt, spült Geld in die Kassen der ausbeuterischen Tabakindustrie und verschmutzt mit seinen Kippen die Umwelt. Fragen Sie mal eine Gruppe Zwanzigjähriger nach Feuer. Hat keiner. So blöd ist heute keiner mehr! Rauchen ist schlimm und jeder weiß es. Getoppt wird es in seiner Nichtswürdigkeit eigentlich nur noch vom Verzehr hormonell verseuchter Chlorhühnerbrüste aus Massentierhaltung. Selbst wir Raucherinnen wissen das. Und schämen uns, wenn wir mal wieder die Einzigen am Tisch sind, die kurz das Restaurant verlassen.
Ja, es gibt uns noch, uns Unbelehrbare, die diesem zudem noch aus der Mode gekommenen Laster anhängen und sich freiwillig die Lungen zuteeren. Doch unsere Spezies wird bedroht, nicht nur von den zahlreichen Gesundheitsrisiken, sondern auch vom sozialen Tod. Denn schließlich ächtet man uns auch für die Plünderung des Gesundheitssystems durch die teuren Therapien, die wir wegen unserer Lungenkarzinome brauchen.
Die Lokalregierung der dänischen Provinz Nordjütland, ebenso wie das bisherige „Raucherparadies“ (dpa) Japan greifen die Stimmung gegen Raucherinnen nun auf. In Japan etwa sollen Dozentinnen an Unis künftig nicht mehr eingestellt werden, wenn sie rauchen. Wegen schlechtem Vorbild und so. Und in Dänemark, auch das bislang angeblich ein Raucherparadies (stern), gilt die Raucherpause im Job ab 2020 nicht mehr als Arbeitszeit. Auch Arbeitnehmerinnen im Homeoffice sollen dann die rund 5 Minuten pro Zigarette aus der Abrechnung ausklammern. Strafe muss sein.
Wenn uns der Krebs und der Pranger nicht fertig machen, dann sterben wir eben den ökonomischen Tod. Und keiner weint uns nach. Sunny Riedel