Netanjahu sieht sich schuldlos

Der Regierungschef tritt in seinem Prozess in Jerusalem wegen Bestechung auf

Netanjahus Unterstützer vergleichen den Prozess mit einer Hexenjagd

Einige Un­ter­stüt­ze­r*in­nen von Benjamin Netanjahu versammelten sich am Montag vor dem Jerusalemer Bezirksgericht. Sie trugen Schilder mit der Aufschrift „Der Staat Israel gegen Benjamin Netanjahu“ und „Möge der Angeklagte auferstehen“. Doch ansonsten blieb es diesmal ruhig an dem Tag, an dem Netanjahu und seine An­wäl­t*in­nen ihre Verteidigung vorlegten in dem Prozess wegen Bestechung, Betrug und Vertrauensbruch gegen den Ministerpräsidenten.

Netanjahu habe der Verteidigungsschrift nichts hinzuzufügen, sagte dieser und plädierte damit auf nicht schuldig. Seine An­wäl­t*in­nen zielten in ihren Verteidigungsreden vor allem auf mögliche Fehler bei der Einleitung der Ermittlungen ab.

Nach israelischem Recht muss der Generalstaatsanwalt eine Untersuchung gegen den Ministerpräsidenten genehmigen. Zwar zweifelt keine der Seiten daran, dass Generalstaatsanwalt Avichai Mendelblit diese Genehmigung auch erteilt hat. Doch die An­wäl­t*in­nen argumentieren, dass dies in schriftlicher, nicht nur in mündlicher Form hätte erfolgen müssen. Das israelische Gesetz definiert die Form laut Amnon Reichman, Professor für öffentliches Recht an der Universität Haifa, nicht genauer.

Mit dieser Argumentation stoßen die An­wäl­t*in­nen in ein Horn, in das auch Netanjahu und seine Un­ter­stüt­ze­r*in­nen seit Beginn der Ermittlungen blasen: Sie vergleichen den Prozess mit einer Hexenjagd vonseiten der Medien, der Polizei und des Justizsystems gegen einen ihn nicht genehmen Politiker.

In den nächsten Tagen dürfte das Gericht über das weitere Vorgehen entscheiden. Für den Regierungschef wird dabei wohl die Frage des Zeitpunkts, an dem die Zeu­g*in­nen­be­fra­gun­gen beginnen, von zentraler Bedeutung sein. Netanjahu steckt mitten im Wahlkampf, am 23. März finden in Israel vorgezogene Parlamentswahlen statt.

Entscheidend für Netanjahus politische Zukunft könnte auch die Frequenz der Verhandlungstage werden. Sollte das Gericht die Absicht verkünden, mehrmals pro Woche tagen zu wollen, wird die Frage aufkommen, ob Netanjahu unter diesen Bedingungen noch in der Lage sein wird, seine politischen Pflichten als Ministerpräsident des Landes zu erfüllen.

Die Höchststrafe für Bestechung beträgt in Israel zehn Jahre. Drei Jahre drohen bei Betrug und Vertrauensbruch.

Judith Poppe