Neonikotinoid-Debatte in Frankreich: Zoff um den Bienenkiller
Frankreichs neuer Landwirtschaftsminister will verbotene Insektizide weiter zulassen. Umweltminister Hulot droht mit Rücktritt.
Er war nämlich der Meinung, gewisse Sektoren der französischen Landwirtschaft seien noch auf diese Produkte zur Bekämpfung von „Schädlingen“ angewiesen, da noch kein Ersatz existiere. Außerdem sei das französische Verbot nicht konform mit den EU-Regeln. Aus diesen Gründen müsse den betroffenen Landwirtschaftsbetrieben mit Ausnahmebewilligungen aus der Patsche geholfen werden.
Postwendend reagiert daraufhin Nicolas Hulot, Frankreichs Staatsminister für Umwelt und Klima, sehr ungehalten. Ein Aufschub des Verbots komme keineswegs infrage, und generell schließe er aus, dass Präsident Emmanuel Macrons Regierung die von den Vorgängern erzielten Fortschritte im Umwelt- und Naturschutz infrage stellen werde. Die Art und Weise, wie Hulot jeden Kompromiss in diesem Bereich ausschloss, ließ vermuten, dass er bereits mit seinem Rücktritt drohte. Gegenüber der Zeitung Le Monde erklärte er, er hoffe, sein Ministeramt sei „nicht bloß ein Sommerjob“.
Der populäre Exjournalist und Fernsehfilmregisseur Hulot ist eine Symbolfigur in der Regierung. Premierminister Edouard Philippe beeilte sich, im Konflikt zwischen zwei seiner Regierungsmitglieder der Umweltpolitik die Priorität vor den Interessen der Agrochemie einzuräumen. Diese rasche Stellungnahme fiel ihm umso leichter, als Macron persönlich versprochen hatte, er werde am Neonikotinoidverbot festhalten.
Keine Herbizide mehr in Grünanlagen
Diese für den Getreideanbau praktischen Insektizide werden seit Langem beschuldigt, für das Bienensterben verantwortlich zu sein. Die namentlich von Bayer und Syngenta hergestellten Neonikotinoide Gaucho und Cruiser werden von den Naturschützern als „Bienenkiller“ bezeichnet, was von den Agrochemie-Konzernen dementiert wird. Vor einem Jahr hat das französische Parlament wegen dieser Risiken dieser Familie von Insektiziden die Zulassung entzogen, das Verbot tritt aber erst im September 2018 in Kraft. Frankreich möchte, dass die anderen EU-Staaten nachziehen.
Auch in einem anderen Umweltschutzbereich will Frankreich mit gutem Beispiel vorangehen: Seit Januar 2017 dürfen in öffentlichen Grünanlagen keine Herbizide mehr verwendet werden, ab 2019 dürfen auch private Gärten nicht mehr mit chemischen Unkrautvertilgern behandelt werden. Nichts verbietet allerdings den Schrebergärtnern und Privatbesitzern, ab sofort auf den Einsatz von chemischen Herbiziden und Insektiziden zu verzichten und auf natürliche Pflanzenschutzmethoden zu setzen.
Dieses Verbot ist erst ein Anfang. Die für Frankreichs Exporte wichtige Landwirtschaft ist von dem Herbizidverbot nicht betroffen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links