Neonazis wollen nach Neukölln: "Gropiuslerchen" stechen NPD aus
Die NPD will ihren nächsten Bundesparteitag in Neukölln abhalten. Der Bezirk winkt ab: Alle gewünschten Termine seien bereits belegt.
Und wieder suchen sie das Multikulti-Flair: Erneut will die NPD in Neukölln tagen, diesmal gleich die Bundespartei. Die Neonazis haben das Gemeinschaftshaus Gropiusstadt angefragt. Der Bezirk übersandte am Donnerstag allerdings eine Absage: Alle gewünschten Termine seien belegt.
Nach taz-Informationen fragte die NPD insgesamt 18 Termine zwischen diesem Oktober und Februar 2014 für den großen Saal des Gemeinschaftshaus an. Mit bis zu 500 Teilnehmern wollte die Partei dort tagen. Man habe aber alle Termine absagen müssen, weil diese bereits mit Veranstaltungen belegt waren, sagte Kulturstadträtin Franziska Giffey (SPD). „Das Gemeinschaftshaus ist stets weit im Voraus ausgebucht.“
Das Haus ist die größte Immobilie des Bezirks. Da die NPD eine zugelassene Partei ist, hätte das Bezirksamt ihr die Räume überlassen müssen. Stattdessen werden dort nun die „Gropiuslerchen“ ihr 40-jähriges Jubiläum feiern, eine Mineralienbörse stattfinden oder der tamilische Tanzverein auftreten.
Die NPD veranstaltete zuletzt 2009 in Berlin einen Bundesparteitag, damals in Reinickendorf. Neukölln macht die rechtsextreme Partei gerade zu ihrem Aktionsschwerpunkt. Fast alle ihrer Wahlkampfstände hielt sie bisher in dem Bezirk ab. Bereits im Februar tagte die NPD im Gemeinschaftshaus. Ende Juli hielt sie in Buckow eine Kundgebung ab, nachdem dort eine Rentnerin erschlagen wurde. Sozialstadtrat Bernd Szczepanski (Grüne) nannte die Aktivitäten „besorgniserregend“.
Eine Woche vor der Bundestagswahl könnte der Berliner NPD-Landesverband zudem in einer Turnhalle an der Sonnenallee, Ecke Innstraße, auftreten. Dort wollte die Partei bereits im Juli tagen, konnte aber die Bezirksauflagen nicht erfüllen. Die NPD beantragte einen neuen Termin, der Bezirk nannte den 14. September. „Die Partei muss aber erneut fristgerecht nachweisen, dass sie die Auflagen erfüllt“, sagte Szczepanski. Der Bezirk verlangt etwa eine Haftpflichtversicherung, einen Ordnungsdienst und eine Brandwache.
Ein Treffpunkt, den die rechtsextreme Szene seit Monaten in Rudow nutzt, ist indes seit Ende Juli gekündigt. Das bestätigten Sicherheitsbehörden der taz. Offen bleibt, ob die Neonazis den Treff verlassen haben oder gegen die Kündigung klagen. Die Adresse hält die Polizei weiter geheim. Initiativen und der Bezirk fordern, sie bekannt zu geben, um den Neonazis keinen Rückzugsort zu gewähren.
Berlins Integrationsbeauftragte Monika Lüke hat zudem die Staatsanwaltschaft gebeten, Wahlwerbung der NPD zu überprüfen. Flyer der Partei bezeichnen Sinti und Roma als "Zigeuner" und Kriminelle. „Ganze rumänische Dörfer“ würden einwandern und Stadtviertel „überfremden“. „Es ist immer wieder das alte niederträchtige Spiel“, klagte Lüke. „Die NPD testet aus, wie weit sie gerade noch gehen kann und benutzt Minderheiten für ihre Hetz- und Hasskampagnen."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Die Wahrheit
Glückliches Jahr
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten