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Neonazi-Demo in MagdeburgMarsch? Marsch? Stopp!

Militante Neonazis rufen für Samstag erneut nach Magdeburg. Der Aufmarsch wird immer mehr zum Großkampftag der rechtsextremen Szene.

Der Gegenprotest ist sicherlich bunter: Nazis beim Demonstrieren. Bild: dpa

HAMBURG taz | Durch die Straßen dürfte wieder Richard Wagners "Götterdämmerung" schallen: eine Trauerinszenierung allein für die deutschen Opfer während des Nationalsozialismus. Seit Monaten plant die rechtsextreme "Initiative gegen das Vergessen", in Magdeburg einen sogenannten Trauermarsch wegen der Bombardierung im Zweiten Weltkrieg auszurichten.

Ein breites Bündnis will dieses Gedenken nicht zulassen. "Unser Signal gegen die Geschichtsverdreher soll stärker sein", sagt Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD). Bis zu 7.000 Besucher erwartet das "Bündnis gegen Rechts" in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt auf der "Meile der Demokratie", die zum vierten Mal ausgerichtet wird. Über 160 Vereine und Initiativen gestalten das Programm.

"Die Meile ist gut und richtig. Reicht uns aber nicht. […] Wir wollen den Nazis aktiv etwas entgegensetzen", heißt es allerdings in einem Aufruf, den auch Grünen-Politiker unterstützen. Es werden Versuche erwartet, die Mahnwache lautstark zu stören, die Neonazis gar später auf der Route zu blockieren. Schließlich gelang es zuletzt auch in Dresden, den rechten Gedenk-Aufmarsch zu stoppen.

Testlauf für Dresden

"Ein gesellschaftlicher Konsens für Blockaden ist nicht gegeben", sagt David Begrich vom "Miteinander e.V." in Magdeburg. Noch nicht, schiebt er hinterher. Mit der "Meile" seien in Magdeburg immerhin schon mehr Menschen gegen die Neonazis auf die Straße gelockt worden als mit den Gegendemonstrationen.

Der Marsch in Magdeburg hat für die einschlägige Szene stark an Bedeutung gewonnen. 1994 legten noch vereinzelte NPD-Kader bei einer öffentlichen Gedenkfeier auf dem Westfriedhof einen Kranz nieder. 2001 meldeten Freie Kameradschaften und NPD erstmals einen Trauermarsch an, 140 Kameraden kamen. In den folgenden Jahren trat bundesweite Neonaziprominenz auf, bis zu 1.000 Teilnehmer wurden gezählt.

Unter dem Motto "Ehrenhaftes Gedenken statt Anpassung an den Zeitgeist" rufen 2012 über 30 meist militante Kameradschaften zur Teilnahme auf. Für die regionale Szene ist es ihr wichtigster örtlicher Termin, sagt Begrich. Er erwartet bis zu 1.200 Neonazis. Mit dem "Aktionsbündnis gegen das Vergessen" für den Marsch in Dresden arbeitet die Magdeburger Initiative seit zwei Jahren zusammen.

Begrich befürchtet, sollten die Neonazis in Dresden 2012 scheitern, könnten sie 2013 in Magdeburg ihre zentrale "Trauerveranstaltung" ausrichten wollen. Am Samstag ist der Testlauf.

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19 Kommentare

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  • IN
    Ihr NameBilly

    @Jean d`Arc:Etwas bessere Recherche hätte ich mehr erwartet.Das "Nazi Trio" wurde ja bisher nachweislich vom Verfassungschutz bzw. mehreren Mitarbeitern unterstützt und gedeckt.Auch wenn man mit den "Nazis" nicht unbedingt sympatisieren,aber ist es nicht widersprüchlich,Das Demonstrationsrecht zu verhindern bzw. zu stören und dabei gleichzeitig von Demokratie zu reden ??.Das Recht auf freie Meinungsäußerung sollte meiner Meinung nach noch gewahrt werden,unabhängig davon ob von links oder rechts,denn das ist es doch, was eine Demokratie ausmacht!!

  • R
    Rizo

    @ Flipper:

     

    Mein Kommentar bzw. meine Kritik bezog sich ausschließlich auf Nazi-Demos.

     

    Selbstverständlich ist es richtig und wichtig, in gewissen Bereichen (nämlich in denen, wo die Faschos KEINE wollen) Aufmerksamkeit zu erregen. Aber bei Demos liegen die Dinge nun mal anders - da ist Aufmerksamkeit ja genau das, was man erregen WILL! Oder etwa nicht?

  • WB
    Wolfgang Banse

    Neonazis gelten als unerwünscht in der Landeshauptstadt Madgeburg

    Gesicht zeigen und Zivilcourage in Form von Demontrationen,wie in der Landeshauptstadt Madgeburg des Bundeslandes Sachsen-Anhalt,im Bezug auf Neonazis sollten in allen Gemeinden und Städten durchgeführt werden.Der Aufstand der Anständigen ist in Deutschland gefragt.

    "Nie wieder,was von 1933-1945 geschah",sollte das Anliegen aller demokratischen Bürger des Staates Deutschland sein.

  • F
    flipper

    @Rizo:

    "Wäre es für die Faschos nicht viel schädlicher, wenn man sie ignoriert, bestenfalls einfach auslacht? "

    Auslachen ja, ignorieren auf keinen Fall! das ist gefährlicher Unsinn, was Sie da schreiben. Wozu das Ignorieren führt, kann man in ländlichen Gebieten besonders im Osten bestens beobachten: "National befreite Zonen" in denen sich Ausländer und Andersdenkende kaum noch auf die Straße trauen.

    Den Nazis muss man entgegentreten wann un wo immer Sie ihren Unrat verbreiten!

  • R
    Rizo

    In einem wesentlichen Aspekt tun die linken Gegendemonstranten den Nazis einen riesengroßen Gefallen: Sie bereiten ihren Gegnern die Bühne, die sie mit ihrer Demo haben wollen.

     

    Bei einer NPD-Demo von ein paar hundert Hanseln kommt oft ein Vielfaches an Gegendemonstranten, plus Polizei, plus Medienrummel, plus medienwirksamen Ausschreitungen, und, und, und. Zusätzlich können sich die NPDler die Rolle des von allen bekämpften Rebellen, Märtyrers und Revolutionärs verpassen, der - wie ein Fels in der roten Brandung - für seine Überzeugung steht und seine Meinung kundtut.

     

    Stellt euch mal folgende Frage:

     

    Wäre es für die Faschos nicht viel schädlicher, wenn man sie ignoriert, bestenfalls einfach auslacht?

     

    Eine Demo von z.B. dreihundert Leuten ist schlichtweg lächerlich - aber wenn da ("dank" Gegendemo, Cops usw.) drei- bis viertausend Leute Krach schlagen auf der Straße ist das ein ganz anderes Bild.

  • JD
    Jean d'Arc

    Wer gegen den Fliegerangriff auf Magdeburg demonstriert, muss auch gegen den Angriffs- und Vernichtungskrieg Hitlers demonstrieren. Doch davon sind die Rechten soweit entfernt wie der Fleischer vom Tierschutz. Eine Versammlung von Scheinheiligen will die Demokratie zerstören - lassen wir's nicht zu ! Genausowenig wie die heimtückischen Morde des Nazi-Trios, das von der NPD unterstützt wurde. Wer Terroristen hilft, ist selbst Terrorist.

  • H
    Harald

    Es ist immer wieder die gleiche Paradoxie: "Genau, die "Demokraten" blockieren die bösen Buben. Schade, dass sie damit auch undemokratisch handeln". Das ist eine absolut absurde Konstruktion. Demokratie ist kein automatischer Anspruch, jede Art von Meinung kundtun zu dürfen. Faktisch geht es darum, einen bewussten Geschichtsrevisionimus zu unterbinden. Rechtsstaatlich ist dies nicht möglich, womit der Bürger durchaus selbst dafür sorge tragen darf, in welcher Gestaltungsform auch immer, solche obskuren Sinnkonstruktionen zu behindern. Aufgrund der Situation ist eine verbale Auseinandersetzung mit dem Gegenüber nicht möglich sowie auch nicht gewollt. Daher MUSS sich der Bürger sein Recht auf Artikulation selbst erhalten und das eben auch mit Blockaden.

     

    Nochmal: Es geht nicht um eine politische Demonstration, es handelt sich nicht um die Vorstellungen des Steuerrechts der NPD oder sonst irgendwelchem Politquatsch. Sondern es geht bewusst darum, eine einseitige, unreflektierte und vor allem falsche Darstellung deutscher Geschichte auf die Straße zu tragen.

  • P
    Peter

    Wir werden ja nach der Demo wieder sehen wer wie bekloppt auf die Polizei und rechtsorientierte Demonstranten losgeht und für Ärger sorgt.

    Das sind wieder die ach so friedlichen Linken...

    Wieso sagt da eigentlich nie einer was ?? Ach ja wir haben ja eine linke Mienungsdiktatur hier ...

  • BU
    bunt und friedlich

    1. Hier nochmal der Link zum zitierten Aufruf: http://kannsteknicken.blogsport.de/aufruf/

    Wie unschwer zu erkennen ist, geht es hier um friedlichen aber entschlossenen Protest vieler BürgerInnen.

     

    2. Friedliche Blockaden zur Meinungsäußerung stehen unter dem Schutz des Versammlungsrechtes und sind nicht undemokratisch.

  • RH
    Rudi Heß

    Natürlich gab es massenhaft deutsche Opfer der Nazis - das waren z.B. die Menschen, die durch die Euthanasie-Morde als "unnützes Leben" systematisch vernichtet wurden. Und die Menschen jüdischen Glaubens, deren Vorfahren schon vor den "Germanen" hier wohnten, das waren eindeutig Deutsche. Dazu kommen als Opfer der Nazis alle Menschen, die schon vor 1933 bis 1945 den braunen Nazi-Terroristen europaweit vernichtet, erschossen, gehängt und geköpft oder dem Hungertod ausgeliefert wurden. Genauso die Opfer der Wehrmacht, die ein würdeloses Spiel mit Teufel trieb. Das Nazi-Trio mit jetzt 10 Toten reiht sich in die würdelose Reihe der Verbrecher ein. Alles im Namen "Deutchlands". Die Nazis betreiben heute schon wieder eine Perversion hoch drei. Lasst sie nicht damit durchkommen.

  • R
    Robert

    Ich hoffe mal, die Polizei wird ordentlich zuschlagen, wenn die linksextremen Gewalttäter die Grenze der Demorkatie überschreiten und wieder brandschatzen und prügelnd auf die Demonstranten losgehen. Linksextremisten sind nachweislich gewalttätiger als die Rechtsextremisten auf Demos oftmals provozieren sie die Rechten regelrecht.

  • T
    Thanthalas

    "später auf der Route zu blockieren"

     

    Genau, die "Demokraten" blockieren die bösen Buben. Schade, dass sie damit auch undemokratisch handeln. Einem Menschen sein Recht zu nehmen für etwas zu demonstrieren und sei es noch so dämlich halte ich für sehr bedenklich.

    Aber im Kampf gegen Rechts ist alles erlaubt, auch anderen die Rechte zu nehmen...

  • C
    Cantona

    Trauermarsch - dann müßten Nazis zur Trauer fähig sein. Das sind sie aber nicht, deshalb sind es doch Nazis.

  • H
    Heinrich

    @ Robert: Also sind von den Faschisten ermordete Kommunisten oder Homosexuelle, die die deutsche Staatsbürgerschaft hatten eben aus diesem Grund keine Opfer des Nationalsozialismus? Ein schöner Rassist bist du.

     

    Ansonsten mal wird in dem Artikel mal wieder schön von "Rechtsextremen" gesprochen. Eine schöne Verharmlosung der Faschisten ist das, denn wer von "Rechtsextremen" spricht, glaubt ja auch, dass es sich "Linksextreme" gibt. Und das ist wiederum gleichzeiig eine Kriminalisierung der politischen Linken. Aber etwas anderes hätte man von der staatsdoktrin reproduzierenden Taz auch nicht erwarten dürfen.

    Deswegen biedert auch ruhig weiter mit eurer "linken" Zeitung an die bürgerlichen Blockparteien an.

  • W
    waldemar

    Verbrecherbanden vs. Geister

     

    Die einen sind "Verbrecherbanden", die anderen nur "Geister", denen man Verantwortung für ihre Untaten nicht zurechnen darf. Oh, heilige Einfalt...

  • JG
    Jürgen Gojny

    Jedem Rechtsextremisten muß sein persönliches Stalingrad bereitet werden!

  • M
    menschenfreund

    Sagt diesen Hirnrissigen, daß die von ihnen verehrten, fäkalbraunen Verbrecherbanden die Geister gerufen haben, die zu Bombardierungen geführt haben.

    Vielleich hilft das, das Vakuum in den Köpfen etwas zu reduzieren.

  • W
    Webmarxist

    "Militante Neonazis"

     

    Wie kommen sie denn darauf? Neonaziumzüge sind harmlos wie Schafherden. Gewalt ist den Antifa-Gegendemonstranten vorbehalten. Denn Antifa heißt Angriff und Menschen zusammenschlagen.

  • R
    Robert

    Manchmal macht ja der Ton die Musik. Bei dem Halbsatz „eine Trauerinszenierung allein für die deutschen Opfer während des Nationalsozialismus“ bin ich ehrlich gesagt etwas unbegeistert, obwohl ich die Arbeit von Herrn Speit sonst uneingeschränkt schätze. Es gab keine deutschen Opfer des Nationalsozialismus. Es gab ermordete deutsche KommunistInnen und ermordete deutsche Homosexuelle, es gab erschossene deutsche ZivilistInnen und vergewaltigte deutsche Frauen. Aber die Opfer des Nationalsozialismus waren Andere. Die Opfer waren Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, russische und polnische und jugoslawische Menschen. So einfach ist das.