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Neonazi-Attacke auf SchauspielerFreisprüche in Halberstadt erwartet

Der Prozess um die Attacke auf fünf Schauspieler in Halberstadt wird für die meisten angeklagten Neonazis mit Freisprüchen enden - weil nur ein einziger Schlag zugegeben wurde.

Ein Angeklagter gab einen Schlag zu. Zehn weitere sollen mitgeprügelt haben, konnten aber von Zeugen nicht belastet werden. Bild: dpa

MAGDEBURG taz Vom Neonazi-Überfall auf eine Halberstädter Schauspielergruppe mit fünf zum Teil schwer Verletzten bleibt am Ende ein einziger Schlag. So sahen es am Montag bei den Plädoyers im Prozess gegen vier Tatverdächtige jedenfalls Staatsanwaltschaft und Verteidigung im Landgericht Magdeburg.

Diesen Schlag hatte der Hauptangeklagte Christian W. bereits am ersten Verhandlungstag zugegeben, und dafür soll der vorbestrafte 23-jährige zweieinhalb Jahre hinter Gitter. Keinem der anderen Angeklagten war in dem seit Oktober 2007 laufenden Prozess eine Tatbeteiligung nachzuweisen.

Zufällig waren am frühen Morgen des neunten Juni 2007 Teilnehmer einer Neonazi-Geburtstagsfeier und von einer Premierenfeier kommende Schauspieler des Nordharzer Städtebund-Theaters aneinander geraten. Christian W. schlug nach einem Wortwechsel als erster zu.

Bis zu zehn weitere Neonazis sollen laut Staatsanwaltschaft ebenfalls mitgeprügelt haben, schnell lagen fünf Schauspieler am Boden. Aufgrund von Dunkelheit und Angst sahen sich die Opfer später nicht in der Lage die Angeklagten oder weitere Tatbeteiligte eindeutig identifizieren. Auch Zeugen konnten das nicht.

Statt dessen wurden die OpferanwältInnen der Nebenklage auch am Montag wieder von Staatsanwaltschaft und Verteidigung angegriffen, weil sie auf strukturelle Mängel der Polizeiarbeit hinwiesen. Ein interner Untersuchungsbericht hatte den in der Tatnacht diensthabenden Polizisten "Gesamtversagen" und "fehlende Sensibilität" vorgeworfen. Für die Nebenklage sprach Anwältin Frauke Steuber sogar von einem politischen Verfahren, denn die Justizbehörden säßen wegen ihres Umgangs mit rechtsextremen Straftätern selbst auf der Anklagebank. Das französische Opfer Julien A. ließ eine Erklärung verlesen, wonach er sich eher als Verdächtiger gefühlt habe. Der Prozess sei "der Versuch, das Bild der Polizei auf Kosten der Verletzten zu rehabilitieren." Parallel zur Verhandlung am Magdeburger Landgericht tagte am Montag ein Landtags-Untersuchungsausschuss, der sich mit Polizeiversagen gegenüber rechten Gewalttätern befasst.

Offenbar ermuntert durch den absehbaren Prozessausgang, leugnete Verteidiger Thomas Tschammer nun sogar den rechtsextremen Hintergrund des Überfalls. Heike Kleffner von der Mobilen Opferberatung ist deswegen wütend: "Die Staatsanwaltschaft muss es sich zurechnen lassen, dass die rechte Szene in Halberstadt mit gestärktem Selbstbewusstsein aus dem Prozess hervorgeht", sagte sie der taz. Bei der Urteilsverkündung am Mittwoch werden Freisprüche für drei der vier Angeklagten erwartet.

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6 Kommentare

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  • W
    Wossi

    Ach wenn es doch nur eine Provinzposse wäre! Aber es ist viel mehr. Insbesondere zu Zeiten der CDU/FDP-Koalition haben Polizei, Staatsanwaltschaft, Justiz, Verwaltung und Politik in Sachsen-Anhalt den Kampf gegen Rechts flächendeckend mehr oder weniger eingestellt. Stattdessen hat man die nationale Seele umgarnt, Islamisten gejagt und Antifas kriminalisiert. Und jetzt wird man die Geister, die man damals aus der Flasche ließ, nicht mehr los.

    Dabei sollte, so zynisch das klingen mag, die körperliche Unversehrtheit von einigen Unglücklichen, die einfach zur falschen Zeit am falschen Ort sind und unter rechte Schläger geraten, für die Verantwortlichen noch das kleinere Problem sein. Viel mehr Sorge müsste ihnen angesichts des Versagens im Kampf gegen Rechts der Zustand staatlicher Institutionen bereiten.

    Helmut Kohl hat nach den rassistischen Angriffen der frühen 90iger Jahre Deutschland am Rande einer Staatskrise gewähnt. Solche klaren und mahnenden Worte bekommt man aus Sachsen-Anhalt nicht zu hören. Dabei steht das Bundesland hinsichtlich der Funktionsfähigkeit staatlicher Institutionen und des Vertrauens der Bürger in dieselben nicht am Rande einer Staatskrise, vielmehr steckt es mittendrin.

  • W
    Wossi

    Ach wenn es doch nur eine Provinzposse wäre! Aber es ist viel mehr. Insbesondere zu Zeiten der CDU/FDP-Koalition haben Polizei, Staatsanwaltschaft, Justiz, Verwaltung und Politik in Sachsen-Anhalt den Kampf gegen Rechts flächendeckend mehr oder weniger eingestellt. Stattdessen hat man Islamisten gejagt und Antifas kriminalisiert. Und jetzt wird man die Geister, die man damals aus der Flasche kriechen ließ, nicht mehr los.

    Dabei sollte, so zynisch das klingen mag, die körperliche Unversehrtheit von einigen Unglücklichen, die einfach zur falschen Zeit am falschen Ort sind und unter rechte Schläger geraten, für die Verantwortlichen noch das kleinere Problem sein. Viel mehr Sorge müsste ihnen angesichts des Versagens im Kampf gegen Rechts der Zustand staatlicher Institutionen bereiten.

    Helmut Kohl hat nach den rassistischen Angriffen und Pogromen der frühen 90iger Jahre Deutschland am Rande einer Staatskrise gewähnt. Solche klaren und mahnenden Worte bekommt man aus Sachsen-Anhalt nicht zu hören. Dabei steht das Bundesland hinsichtlich der Funktionsfähigkeit staatlicher Institutionen und des Vertrauens der Bürger in dieselben nicht am Rande einer Staatskrise, vielmehr steckt es mittendrin.

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    Wossi

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