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Negativpreis für dreiste KinderwerbungDie „Capri-Sonne“ geht unter

Das zuckerlastige Getränk erhält den Schmähpreis der Organisation Foodwatch. Die Aktivisten fordern, Kindermarketing für ungesunde Lebensmittel zu verbieten.

Zu viel „Capri Sonne“? Zu viele Windbeutel? Jedenfalls zu viel Gewicht. Bild: dpa

BERLIN taz | Wenn die Deutschen SiSi-Werke für ihren Soft-Drink "Capri-Sonne" werben, tauchen fast immer Kinder auf: Mal fliegen drei Astronauten im Schulalter per Raumschiff in die elterliche Küche, um das Getränk durch den orangenen Strohhalm aus dem Alu-Kunststoffbeutel zu saugen. Mal trinkt auf der Internetseite der Firma ein blondes Mädchen die Sorte "Elfentrank".

Die Verbraucherorganisation Foodwatch hat damit ein Problem: "Kinder können nicht so gut zwischen Werbung und Wirklichkeit unterscheiden", sagt Verbandssprecher Andreas Winkler. Ein 200-Milliliter-Beutel Capri-Sonne Orange enthalte aber umgerechnet sechseinhalb Stück Würfelzucker. "Capri-Sonne ist ein Dickmacher. Die Kinder nehmen ohne Sättigungsgefühl viele Kalorien zu sich."

Deshalb nominierte Foodwatch das Getränk für ihren Schmähpreis "Goldener Windbeutel", der dieses Jahr an die "dreisteste Werbemasche bei einem Kinderprodukt" gehen sollte. 43 Prozent von 120.000 Teilnehmern einer Online-Abstimmung auf der Internetseite des Preises wählten Capri-Sonne auf Platz eins, wie Foodwatch am Donnerstag bekanntgab.

Die SiSi-Werke lehnten den Preis umgehend ab, da Capri-Sonne "ausschließlich natürliche Zutaten" enthalte und vollständig deklariert sei. Zudem biete das Unternehmen auch zuckerreduzierte Varianten an.

Negativpreis auch für Pudding "Paula"

Auf Platz zwei der "Windbeutel"-Abstimmung landete der Pudding "Paula" von Dr. Oetker. Er besteht zu 13 Prozent aus Zucker, wird aber zum Beispiel mit Comicfiguren beworben. Ähnlich arbeitet Nestlé, der mit seinen Frühstücksflocken "Kosmostars" - 25 Prozent Zucker - auf Platz drei steht.

"Der Gesetzgeber muss klare Regelungen erlassen, dass solche unausgewogenen Lebensmittel nicht mehr an Kinder vermarktet werden dürfen", forderte Foodwatch-Sprecher Winkler. Die bisherigen Selbstverpflichtungen der Industrie reichten nicht, wie etwa die für den "Windbeutel" nominierten Produkte zeigten. Das Problem sei groß, da 15 Prozent der Kinder in Deutschland als übergewichtig, sechs Prozent sogar als fettleibig gelten würden.

Die britischen Behörden stufen Kinderlebensmittel laut Foodwatch auf einer Negativskala beispielsweise für die Zucker- und Kaloriengehalte ein. Pluspunkte gebe es unter anderem für hohe Obst- und Gemüseanteile. Produkte über einem bestimmten Gesamtwert dürften nicht mehr in Kinderfernsehprogrammen beworben werden.

In Deutschland könnte Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner eine ähnliche Regelung vorantreiben. Die als industriefreundlich kritisierte CSU-Politikerin ließ eine Bitte der taz um eine Stellungnahme zunächst jedoch unbeantwortet.

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12 Kommentare

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  • B
    benedetto

    mmmmmh....kinder haben doch normalerweise eltern, die entscheiden können, welchen quatsch sie ihren kindern kaufen und wie sie die erziehung so gestalten, dass die kleinen gar nicht in verlegenheit kommen, sich fettzufressen. da kann der staat noch so viel zurechtregulieren, am ende steht und fällt das Ganze mit dem Interesse/der Aufmerksamkeit der Eltern.

  • R
    Ruffels

    @Schlotterbeck: Man muss nicht zum Bildungsbürgertum gehören, um zu wissen, dass eine hoher Zuckergehalt nicht so dolle ist. Und der Zuckergehalt ist auf der Packung angegeben. Oder wollen Sie auch noch behaupten, dass man nicht davon ausgehen kann, dass jeder lesen kann? Wenn Eltern Ihre Kinder jeden Tag mit dem Zeug vollstopfen hat das in der Regel mit Desinteresse, Ignoranz, Bequemlichkeit etc. zu tun. Glauben Sie wirklich, dass diese Eltern überhaupt die Artikel in der TAZ, Spiegel etc. zu Foodwatch lesen?

  • S
    Schlotterbeck

    Ich finde es etwas befremdlich, dass es offensichtlich - zumindest nach einigen Kommentatoren - als normal hingenommen werden soll, das in Werbung viel gelogen und der Kunde/Verbraucher schlussendlich für dumm verkauft wird oder zumindest als dumm verkauft werden soll. Dann brauchen wir uns ja auch nicht mehr darüber aufregen, wenn Politiker lügen oder Promotionen erschlichen sind. Oder wenn Banken und Versicherungen nur an den eigenen Aktienkurs denken und nicht an das Wohl ihrer Kunden bzw. Versicherten.

     

    Und dann noch das Stichwort "Eigenverantwortung": Natürlich ist es richtig, dass das Leben nicht ohne Risiko ist und dass ein jeder für sich Verantwortung trägt. Allerdings ist es auch etwas überheblich als Mitglied des Bildungsbürgertums so zu tun, dass auch jeder befähigt wäre, diese Verantwortung zu übernehmen. Da wird die Caprisonne eben nicht nur an Ausflügen eingepackt, sondern wird immer gegeben, weil es ja extra für Kinder gemacht wurde, ergo auch gut für Kinder sein muss.

     

    Ich bin froh, dass es Organisationen wie Foodwatch gibt die versuchen, uns in Erinnerung zu rufen, dass Lebensmittel eben LEBENSmittel und nicht so ein Billigscheiß, um mal selbst schön den Reibach zu machen.

  • FU
    Frank und Frei

    "Mineralwasser, ungezuckerte Früchte- und Kräutertees löschen den Durst am besten. Zur Abwechslung sind aber auch verdünnter Saft, Schorle und Fruchtsaftgetränke geeignet – und sie schmecken den Kindern meist besser."

     

    Ein Zitat von der Capri Sonne-Homepage! (http://www.capri-sonne.com/de/deu/eltern-infobereich/info/kontakt/inhaltsstoffe.html#c3777)

     

    Schon alleine der Preis und die Verpackungsgrößen verhindern gerade bei Capri Sonne einen literweisen Verzehr, anders als bei Cola und Co.

     

    Die einzigen Windbeutel hier sind wieder mal Thilo Bode und seine Paniker_innen und die taz ist wie immmer fleißig dabei, sobald einen neue Hysterie-Sau durchs Dorf getrieben werden soll.

     

    Capri Sonne gibt es schon lange und ich hoffe nur, dass sie diese und die sicherlich noch folgenden (auf Bode ist Verlass) Shitstorm-Kampagnen genauso gut überstehen wird, wie die vorherigen, denn ich möchte auch meinen Kindern mal Capri Sonne zu trinken geben.

  • R
    Robert_Muc

    Foodwatch lebt ja auch davon Lebensmittel als "böse" zu deklarieren. Foodwatch braucht Lebensmittel"skandale" als Existenzberechtigung.

     

    Ich halte nichts davon, wenn wieder Verbotshanserln wichtigtuen und alles was ihnen nicht passt verbieten wollen.. (.. langsam wird mir die FDP sogar wieder sympathisch)

    Wer zu blöd ist und immer noch nciht weiss, dass das Zuckerlimos sind und wer zuviel davon zusich nimmt sich schädign könnte, der muss es halt irgendwann selbstherausfinden.

    Nebenbei bemerkt ist alles was zuviel ist ungesund und kann schädigen - auch zuviel von sogenannten "Gesunden".

  • K
    kiddylein

    Kein Wandertag ohne Capri-Sonne. Allerdings eben nur am Wandertag. Das macht vielleicht den Unterschied: heute gibt´s Süßes ohne Limit.Für mich war´s eine schöne Ausnahme.

  • EM
    Elba Mond

    Zu meiner Kindheitszeit gab es vor Capri-Sonne aromatisiertes Zuckerwasser noch in Glasflaschen mit Bügelverschluß. Es gab Grünofanten, Hustinettenbären und der Mais von Bonduelle marschierte im Fernsehen.

     

    Wir haben darüber gelacht, wie uns das Zeugs in der Werbung präsentiert wurde. Heute sehe ich kein Fenrehen mehr, lachen kann ich dennoch, besonders über die verkrampft freudlosen moralinsauren Spiesser.

     

     

    Einen goldenen Windbeutel hat übrigens insbesondere die Energiewende vedient.

  • R
    Ruffels

    @ Ute: wieviel muss man eingentlich trinken bzw. kiffen, um hier eine Ähnlichkeit zur Pädophilie zu sehen. Oder war Ihr Kommentar ironisch gemeint?

     

    Ansonsten, klar gehört eine Capri-Sonne nicht zu einer ausgewogenen Ernährung, genauswenig wie Cola, Bier, Chips, Schokolade, Schweinshaxe, Pizza etc. Aber ab und zu, und in wohldosiereten Mengen schaden auch diese Lebenmittel nicht. Es kommt halt immer auf die Dosierung an. Deswegen ist auch an einer Capri-Sonne nichts Schlimmes zu sehen. Und wer noch immer Werbung ernst nimmt, hat eh selber Schuld. Eine wenig mehr Eigenverantwortung und wir könnten uns diesen Mist sparen.

  • WB
    will besser essen

    @ Asket

    eine Organisation ohne Sinn und Thema? Bitte nochmal nachlesen, was Foodwatch macht. Dann posten. Danke.

  • A
    Asket

    Oh Gott, wie spaßfrei und besserwisserisch belehrend muss man durchs Leben gehen, um in Capri Sonne ein solches Übel zu sehen? Haben Generationen getrunken, alle Spaß gehabt und immer noch wohl auf, aber Hauptsache eine Organisation ohne Sinn&Thema bringt sich mal wieder in die Medien.

     

    Vollends verzweifeln lassen mich aber die beiden (ersten) Leserkommentare:

    Ute - alles ok?

    pekerst - Thema verfehlt, aber was ist an almased verwerflich?

  • P
    pekerst

    Ja, Werbung lügt, das ist bekannt, sonst würde es sich um Berichterstattung handeln. Es wäre, denke ich, nicht verkehrt, wenn die taz sich mal mit der sexistischen Werbung für almased befassen würde, die häufiger unmittelbar vor der Tagesschau läuft. Die Redaktion derselben hat sich ebensowenig zu meiner Anfrage, was der Scheißdreck soll, geäußert wie die Firma, die nicht nur almased herausgibt, sondern auch sexistische Reklame dafür verbreitet.

  • U
    Ute

    Werbung, die sich an Kinder richtet, gehört verboten!

     

    Wer aber wäre gewillt, für ein solches Verbot einzutreten?

     

    Und kann man in ihr nicht ähnliches sehen, wie bei der Pädophilie?