Nebenwirkungen der Coronakrise: Kalte Dusche im Mariannenkiez
Hunderte Kreuzberger MieterInnen der Degewo müssen derzeit ohne warmes Wasser auskommen – und haben sich jetzt zusammengetan.
![](https://taz.de/picture/4072173/14/duschknopf-1.jpeg)
Ein Beleg dafür, dass Corona beträchtliche Nebenwirkungen hat, weil die Pandemie lange bestehende Probleme verschärft, sind die jüngsten Vorkommisse im Kreuzberger Mariannenkiez. In dem Häuserblock zwischen Naunyn-, Waldemar-, Adalbert-, Mariannenstraße haben Hunderte Mieter seit dem 21. März die meiste Zeit über kein warmes Wasser.
„Die durch Corona geforderte Hygiene kann man so kaum einhalten. Wir können nicht duschen, weil ja auch die Schwimmbäder zu sind“, erzählt Maria A., eine Mieterin, die sich schon lange in der Mieter-Initiative Mariannenkiez engagiert, aber aus Angst vor Ärger mit dem Vermieter, der landeseigenen Degewo, lieber anonym bleiben möchte.
Das Problem mit ausfallendem Warmwasser, oft der ganzen Heizung, gebe es schon seit November 2016, sagt die Frau, die in der Naunynstraße wohnt. Immer wieder fielen Heizung und/oder Warmwasser über Tage oder Wochen aus, doch die Degewo habe Beschwerden immer als Einzelfälle abgetan.
Schon vor Monaten haben sich die Mieter daher zusammengetan. Bei drei Treffen seit November, zu denen die Mieter-Ini eingeladen hatte und zu denen jeweils 50 bis 80 Anwesenden kamen, wurden über viele ungelöste Probleme – von der Heizungsanlage bis zu den Dealern im Hof – geredet. An diesem Mittwoch hätten bei einer Unterschriftensammlung im Innenhof 57 Mieter*innen aus Nauny- und Waldemarstraße einen Brief an die Degewo unterschrieben, erzählt Maria A. am Donnerstag.
Darin kündigten sie eine 30-prozentige Mietminderung an, forderten eine zügige, vollständige Reparatur der Heizungsanlage und eine „angemesssene Kommunikation“ seitens der Degewo. „Viele der Mieterinnen sprechen kaum Deutsch, alleine einen solchen Brief zu verfassen ist für sie eine große Hürde“, erklärt die Mieterin.
Degewo räumt Probleme ein
Die Degewo gibt auf taz-Anfrage durchaus Probleme zu. Sie hingen mit der geplanten Umstellung des Häuserblocks auf Fernwärme zusammen. Diese sei 2018 teilweise bereits passiert, der Rest solle noch in diesem Jahr folgen. Jedoch habe es im November bei der Umstellung Probleme gegeben, an deren Lösung man damals „intensiv“ gearbeitet habe. Auch die jetzigen Ausfälle seien großenteils – „bis auf wenige Objekte“ – schon wieder behoben.
„Ich weiß ja nicht, was die Degewo unter ‚wenige Objekte‘ versteht. Aber die Unterschriftenaktion zeigt doch, dass weiterhin viele Mieter*innen betroffen sind“, so Maria A. Auch ihr Nachbar habe immer noch nur kaltes Wasser. A. hat von der Degewo niemals selbst erfahren, dass man Fernwärme bekommen soll, sagt sie – nur durch das entstandene Mieternetzwerk habe sie davon erfahren. „Wir haben es satt, nicht richtig informiert zu werden. Wenn die Fernwärme erst nächsten Winter kommt, sollen wir dann so lange nicht mehr duschen?“
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