Nebensachen aus San Salvador: Geldwäsche
In der Einfahrt zum Parkplatz steht ein privater Wachmann und spielt am Abzug seiner Schrotflinte. An der Tür zwei weitere Pistoleros. Einer hat sich lässig eine Maschinenpistole vor den Bauch gehängt. Der andere hat einen großkalibrigen Revolver im Gürtel stecken. Mit einer Hand reißt er die abgedunkelte Glastür auf. Mit der anderen streicht er mir um die Hüften. „Ich komme heute unbewaffnet“, sage ich. Er lächelt.
Ein Schritt noch, und ich bin heraus aus der drückend-schwülen Hitze der tropischen Regenzeit und drinnen in der Filiale meiner Bank. Die Klimaanlage hat die Temperatur auf Kühlschrank-Niveau heruntergedrückt. Der Boden ist aus Marmor. An den Wänden hängen riesige Öl-Bilder eines mittelmäßigen Künstlers. Das dunkle Tropenholz des Schalter-Tresens ist mit Goldrändern verziert. Willkommen in der Dritten Welt.
Als ich vor sechs Jahren nach El Salvador kam, habe ich diese Bank nicht gewählt, weil sie besonders kühle Filialen hat. Was Temperatur und Ausstattung angeht, ist die Konkurrenz nicht schlechter. Ich habe mich für diese Bank entschieden, weil man mir sagte, es sei die einzige im Land, bei der man Dollars nicht nur aus dem Ausland empfangen, sondern auch ins Ausland überweisen könne.
Dieser Service liegt dem Besitzer der Bank besonders am Herzen. Man sagt, er brauche ihn selbst so gut wie täglich. Denn dieser Mann gilt als einer der erfolgreichsten Wäscher von Drogen-Dollars. Ich dachte mir: Wo Kokain-Kartelle Millionen unterbringen, da sind auch meine bescheidenen Honorare sicher.
Einmal in sechs Jahren musste ich den Service der Überweisung ins Ausland in Anspruch nehmen. Zusammen mit einer Bankangestellten war ich fast zwei Stunden beschäftigt: Ein Formular ist für die Bank. Ein anderes für die Partnerbank in den USA, die das Geld dann nach Europa schickt. Das dritte ist mein Beleg. Das vierte geht an die Zentralbank. Schließlich handelt es sich um Devisen, und die sind meldepflichtig. Ein ähnliches Papier geht an die staatliche Bankenaufsicht.
Das letzte schließlich, ebenfalls für die Bankenaufsicht, bereitete Probleme. Es soll verhindern, dass ich die Überweisung tätige, um illegale Dollars zu waschen. Also muss ich deklarieren, an wen ich das Geld überweise und zu welchem Zweck. Der Fall, dass ich Geld an mich selbst überweise, ist auf dem Formular nicht vorgesehen. Auch der Zweck, es in Deutschland auszugeben, wird nicht anerkannt. Nach längerer Diskussion einigten wir uns darauf, dass ich das Geld an einen Familienangehörigen überweise. Schließlich bin ich irgendwie auch mit mir selbst verwandt.
Die von mir überwiesene Summe wurde tatsächlich fünf Tage später auf meinem Konto in Deutschland gutgeschrieben. Nach Abzug verschiedener Provisionen, versteht sich.
TONI KEPPELER
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