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■ Nebensachen aus MadridDon Juan – ein Mythos auf dem neunten Platz

Ein feuriger Liebhaber, überschäumende Leidenschaft und unwiderstehliche Verführungskünste – so werden die Spanier gesehen, und so sehen sich die Spanier vor allem gerne selbst. Jetzt ist der Traum vom Don Juan zerplatzt wie eine Seifenblase. Schuld daran sind verschiedene vergleichende Studien. Das Ergebnis ist vernichtend: Der Spanier macht's seltener als die restlichen Europäer, und wenn, dann schnell und auch noch gefährlich.

Auf der Weltrangliste der besten Liebhaber des Kondomherstellers Durex kommen die Iberer gerade mal auf Platz 9, unterboten werden sie nur noch von ihren heißblütigen Mittelmeerkollegen, den Italienern. Auf Platz 1 – madre mia – liegen die US-Amerikaner, und selbst die als kühl verschrienen Deutschen, Polen und Russen rangieren von Platz 6 bis 8 direkt vor Spanien – incredible. Ein Tiefschlag für die iberische Männerwelt, der schmerzt.

Schuld an der desaströsen Gesamtwertung ist das völlige Versagen in den Einzeldisziplinen. Nach der durchschnittlichen Zeit des Liebesspieles befragt, protzen die Spanier mit effektiver Schnelle. Gerade einmal 14,7 Minuten nehmen sich die Paare auf iberischen Halbinsel. Ein neue nationale Bestmarke. Vor einem Jahr vergeudeten sie noch 2,5 Minuten mehr. Im Europavergleich können es nur die RussInnen mit 11,7 Minuten mit Don Juans Landsleuten aufnehmen. Und dieses spanische Feuerwerk der Sinne gibt es dann mit 82mal im Jahr auch noch so selten, wie nirgends sonst in Europa. Die Deutschen vergnügen sich immerhin 112mal im Bett, und die französischen Spitzenreiter gleich 141mal. Immerhin teilen die SpanierInnen ihre wenigen Male meist mit dem/der Gleichen. Nur 22 Prozent sind untreu. In den USA sind es 50, in Deutschland 40 Prozent.

Die spanischen Teenies warten auf das seltene, schnelle Erlebnis durchschnittlich bis zum 18. Geburtstag, so lange wie nirgends auf dem alten Kontinent. Nur die Jugend in Thailand und Hongkong wartet ein Jahr länger zu. Große Überraschungen gibt es beim ersten Mal keine. Männlein wie Weiblein geben mit 39 Prozent an, daß alles war „wie erwartet“. Eine der wenigen Eckdaten, bei denen Spanien zur Spitzengruppe gehört. 34 Prozent fanden das erste Mal schlechter als erwartet. Was sich nach viel anhört, ist im internationalen Vergleich eher ein Glücksfall. In deutschen Landen haben 49 Prozent der DebütantInnen Grund zur Klage.

Zwar geben wie auch in anderen Ländern 90 Prozent an, Zugang zu Kondomen zu haben. Von Schutz halten dennoch viele nichts. Das belegt eine Studie des spanischen Statistikamtes. 20 Prozent der SpanierInnen geben an,keinerlei Verhütungsmittel zu nutzen. Die Folge. Eine Schwangerschaftsrate bei Minderjährigen, die alle Vergleichsländer um Längen schlägt. Wenn wundert es, daß in Spanien 73 Prozent angeben, jemanden zu kennen, die eine Abtreibung vorgenommen hat. Das ist Platz 2 gleich hinter Rußland mit 88 Prozent. Doch auch dafür gibt es keine Pluspunkte für die Gesamtwertung.

Und daß mangelnde Vorsorge leider nicht nur bei ungewollten Schwangerschaften enden kann, zeigt eine andere Statistik: Spanien ist das Land mit der höchsten Aidsrate in Europa.

Ob die Gründe für das schlechte Abschneiden der Landsleute von Don Juan darin zu suchen sind, daß der Großteil der spanischen Eltern angeben, ihre Kinder seien erst mit 13 bis 14 Jahren für die Sexualaufklärung reif genug, während die Eltern im restlichen Europa den Zeitpunkt dafür bereits mit 11 bis 12 Jahren gekommen sehen? Reiner Wandler

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