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Nazi-Uran in der AsseIn drei Teufels Namen

Sind im niedersächsischen Atommülllager Asse Rückstände aus Nazi-Atombombenforschung gelagert? Ein jahrzehntealtes Zitat vom damaligen Asse-Chef Alwin Urff gibt Rätsel auf.

Immer wieder neue Funde: Was wohl noch alles in die Asse gekippt wurde? Bild: dpa

GÖTTINGEN taz | "Als wir 1967 mit der Einlagerung begannen, hat unsere Gesellschaft als erstes radioaktive Abfälle aus dem letzten Krieg versenkt, jene Uranabfälle, die bei der Vorbereitung der deutschen Atombomben anfielen", wurde Urff am 29. Juli 1974 von der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung zitiert.

"Die mußten wir nämlich aus Betonbunkern in der Nähe von München herausholen, wo sie seinerzeit deponiert worden waren, weil man damals ja nicht wußte, wo in drei Teufels Namen man das Zeug denn lassen sollte."

In den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs arbeiteten die Nationalsozialisten mit Hochdruck am sogenannten "Uranprojekt", zu den beteiligten Wissenschaftlern zählten Werner Heisenberg, Carl Friedrich von Weizsäcker und Karl Wirtz vom Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik in Berlin. Trotz einiger Erfolge gelang es ihnen bis Kriegsende nicht, eine kontrollierte nukleare Kettenreaktion in einem Reaktor ein Gang zu setzen. Als die britische Luftwaffe im Herbst 1943 mit ihren Angriffen auf Berlin begann, zogen Teile des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik nach und des Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie unter Otto Hahn nach Süddeutschland um.

Bundesamt für Strahlenschutz: "Keine Erkenntnisse"

Was mit den Uranresten nach Kriegsende geschah, ist bislang nicht öffentlich bekannt geworden. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), seit Anfang 2009 Betreiber der Asse, hat keine Erkenntnisse über Uranmüll aus der deutschen Atombombenforschung im Bergwerk. Ob Teile des dort eingelagerten Materials bei der Entwicklung einer Atombombe angefallen seien, lasse sich jedenfalls auf Grundlage der seiner Behörde vorliegenden Aufzeichnungen nicht beantworten, sagt Behördensprecher Werner Nording.

Der bis Ende 2008 verantwortliche Asse Betreiber – die GSF ging nach mehreren Umbenennnungen ins Helmholtz Zentrum München über – hat dem BfS zwar eine Einlagerungs-Dokumentation übergeben. Diese Dokumentation, so das Bundesamt, entspreche aber nicht den aktuellen Anforderungen an ein Endlager. Insbesondere bei der Dokumentation der ersten Einlagerungsphase 1967 fehlten wichtige Informationen zu Inhalt und ursprünglicher Herkunft der Abfälle. "Fakt ist, dass in der Asse auch Uran eingelagert wurde", betont Nording.

Grüne wollen mehr Informationen

Ob in der Asse Uranabfälle von Atomwaffenforschung aus dem Zweiten Weltkrieg liegen, weiß auch Stefan Wenzel nicht. Nach Ansicht des Grünen-Fraktionschefs in Niedersachsen erhärtet der Pressebericht von 1974 aber die Vermutung, dass die Informationen zum radioaktiven Inventar der Asse immer noch unvollständig sind. Der Untersuchungsausschuss des Landtags habe in zwei Jahren keine einzige Information zu Einlagerungen von militärischen Abfällen aus dem zweiten Weltkrieg bekommen, sagt Wenzel.

Fakt sei allerdings, dass die EURATOM-Behörde, die Rechtsnachfolger des Kernforschungszentrums Karlsruhe und das Bundeskanzleramt dem Ausschuss nur "rudimentäre Akten" geliefert haben. Gegen das Kanzleramt hat der Untersuchungsausschuss des Landtages zwischenzeitlich eine Klage auf Aktenherausgabe eingeleitet. Bereits zweimal hat das Kanzleramt um Verlängerung der Fristen für die Klageerwiderung gebeten. "Ich gehe davon aus, dass sich in diesen Papieren noch etwas findet", sagt Wenzel.

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11 Kommentare

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  • K
    Karl

    Bevor hier wieder dumme Kommentare anfallen:

     

    Erstmal die Arbeiten von Guderley, Schuman-Trinks & Kalinski lesen.

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • J
    JanG
  • U
    Ute

    Immer wieder erstaunlich, was von den Nazis noch so alles übrig ist: Das Fernsehen, die Autobahnen, der Mutterschutz, die Atomspaltung und jetzt sogar die strahlende Zukunft.

  • AN
    Alles Nazi oder was

    Und täglich grüßt der Nazi....

    Also foobar, was soll diese Frage natürlich ist es nicht egal. Nazi-Uran, das ist das Grundübel überhaupt noch giftiger, noch strahlungsintensiver das Böse schlechthin. Fukushima, Tschernobyl sollen ja alle damit betrieben worden sein.

    Die Nazis, Hitler und die SS sind doch auch am Klimawandel beteiligt, ihr ausgeatmetes CO2 (NAZI CO2!!!) ist so treibhauswirksam, das sich seitdem nahezu ununterbrochen die Erde erwärmt.

     

    Sorry aber langsam wird's pathologisch mit dem 3. Reich, Nazis und Hitler. Nehmt ihr euren Schwachsinn, den ihr hier in der taz so schreibt eigentlich selbst noch ernst? Ihr solltet euch echt mal untersuchen lassen, weil langsam nimmt's psychatrische Züge an, alles immer und überall mit Nazis in Verbindung zu bringen.

  • TS
    Thomas Sch.

    Daß es im sog. dritten Reich keine kontrollierte Kettenreaktion gegeben haben soll, ist unrichtig. Es gibt es sogar Zeugen (bsw. italienischer Journalist), die sie beschreiben. Der Boden ist heute noch verstrahlt und enthält Einschlüsse, wie sie nur bei dementsprechenden Temperaturen erreicht werden. Es wird sog. vermutet, daß eine der beiden Atombomben, die von den Amerikanern abgeworfen wurden, deutschen Ursprungs sind, aber zu beweisen ist das nicht. Merkwürdig ist allerdings, daß technische Hinweise auf dem Bombenkörper deutschen Bezeichnungen entsprechen und daß im Museum in Alamo das zweite Ausstellungsexemplar vor einigen Jahren entfernt wurde.

  • B
    Baziklatscher

    1967, da sollte noch was anderes klingeln.

     

    Der ehemalige NSDAP-Führungsoffizier Franz-Josef Strauß war unter anderem von 1955 bis 1956 Bundesminister für Atomfragen und von 1956 bis 1962 Bundesminister der Verteidigung.

     

    1958 beschloß die Bundesregierung, von Strauß getrieben, die Bundeswehr atomwaffenfähig zu machen, offiziell nur durch die Beschaffung von Trägersystemen unter dem schönen Namen "mukleare Teilhabe". Offiziell durfte die Bundesrepublik keine Atombomben bauen, so steht es in den Pariser Verträgen.

     

    Nur, was inoffiziell geschah, das erahnt man, wenn man auchnur an der Oberflche kratzt:

     

    http://www.zeit.de/1996/31/Adenauers_Griff_nach_der_Atombombe

     

    Also, was liegt wohl noch da unten? Nun, ich denke, die Produktionsabfälle der von Strauß geplanten deutschen Atombomben.

  • B
    Branko

    Also, zusammengefasst heißt das unterm Strich:

    Wir haben nichtmal wirklich Plan, wo der Mist von vor 70 Jahren hin ist, wollen den Dreck aber für 100.000 Jahre sicher wegpacken.

    Ne, is' klar geworden.

  • MB
    Michael Büker

    In Michael Schaafs Buch „Heisenberg, Hitler und die Bombe“ wird in Gesprächen mit Zeitzeugen wie Carl Friedrich von Weizsäcker und Edward Teller sehr plastisch beleuchtet, inwieweit wirklich eine Kernwaffe das Ziel der Kernforschung im Dritten Reich war.

    Es stellt sich dort heraus, dass es – zum Glück – offenbar kein wichtiges Ziel für die Nazis war, eine Bombe zu bauen. Viel mehr wurde Reaktorforschung betrieben, aber durch die erfolgreichen Sabotageaktionen in Norwegen (Zerstörung der Schwerwasser-Fabrik Norsk Hydro mit Unterstützung des britischen Geheimdienstes) und die zunehmenden Kriegszerstörungen der Forschungseinrichtungen kam selbst dieses Vorhaben nur schleppend voran und schließlich zum Erliegen.

    Während der folgenden (sehr komfortablen) „Internierung“ der führenden deutschen Physiker in Farm Hall (England) wurden diese abgehört, und insbesondere aus ihrer Reaktion nach dem Bekanntwerden des Einsatzes der Kernwaffen über Japan wird geschlossen, dass sie (insbesondere Heisenberg) die Funktionsweise der Bombe grundsätzlich nicht verstanden hatten.

    Michael Schaafs Buch ist außerdem lesenwert, was die (un)politischen Ansichten der Physiker aus jener Zeit angeht, unter anderem die (Mis-)Achtung der Leistung einer Frau wie Lise Meitner bei der Entdeckung der Kernspaltung.

  • W
    Wow

    Wow NAZI-Uran! Ist das ein Isotop mit Neutronen, Protonen und Hakenkreuzen im Kern?

  • K
    Karl

    Tja,

     

    dann ließe sich vielleicht auch endlich klären warum das kernchemische Institut der Uni Marburg in Bodenproben auf dem Tambuch 6-Li nachgewiesen hat!

     

    Leiser sind ja dei zugehörigen Seismogramme von Ohrdruf verloren gegangen.

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • F
    foobar

    Hm, was macht es für einen Unterschied, wo die radioaktiven Abfälle herkamen? Einlagern muss man sie doch so oder so – egal ob sie aus einem AKW in BaWü oder aus der Forschung der Nazis kamen.